Biomedizinisches
Forschungszentrum
Justus-Liebig-
Universität, Gießen
Universität, Gießen
Nicht erst seit der 8 500 m² großen mit farbig eloxierten Aluminiumblechen voll verkleideten Fassade des Biomedizinischen Forschungsinstituts der Justus Liebig Universität in Gießen ist Farbe ein integraler Bestandteil der Architektur von Armin Behles und Jasper Jochimsen.
Projekte wie die „Zweiraum Wohnung“, eine Kindestagesstätte und der Umbau eines Institutsgebäudes der FU Berlin zeichnen sich durch eine konsequente Verwendung von Farbe aus. Über das rein Dekorative hinaus ist Farbe hier ein gestaltendes Element, ein Zeichen, wie Flächen und Raum strukturiert sind. Die Inter-aktion von unterschiedlichen Farbfeldern – ähnlich der Farbtafeln und -quadrate von Gerhard Richter – testeten die Architekten zunächst immer wieder im Kleinen, um sich ihrer Wirkung bewusst zu werden. Zum Beispiel wurde das Treppenhaus einer alten Direktorenvilla in Berlin-Dahlem mit dem gesamten Farbspek-trum historischer Craquelé-Fliesen verkleidet. Ohne erkennbares Muster, nach dem aleatorischen Prinzip, durchzieht das farbige Fliesenband die Villa. Die Lehre der Farben mutiert unvermittelt zu einer Farbcodierung und wird so zu einem tragenden Gestaltungselement, das zwischen Historie und Moderne changiert.
Ein ähnliches Prinzip der Farbauswahl wandten die Architekten Behles & Jochimsen bei der Gestaltung der 500 m langen Fassade des Biomedizinischen Forschungsinstituts in Gießen an. Der Grundriss zeigt eine amöbenartige Struktur mit fünf Fingern, in denen jeweils ein Forschungsbereich integriert ist. Fünf Leitfarben changieren in der Lochfassade in 32 Farbtönen von dunkeln zu hellen Paneelen. Der Farbverlauf von Hell zu Dunkel geht immer von der Fingerspitze zu den manchmal engen Finger-Zwischenräumen. Ein jedes der vorgefertigten Betonfassadenelemente gruppiert je vier gleichfarbige Alupaneele um ein rahmenloses, in der Regel ca. 2 x 2 m großes quadratisches Fenster. Niemals grenzen zwei gleichfarbige Fassadenfelder aneinander. Den so erzeugten horizontalen Bändern steht eine vertikale Schuppung entgegen, was neben der Farbigkeit und der geschwungenen Fassade das markante bauliche Erkennungszeichen des Bauwerks ist. Im Inneren gruppieren sich vier Finger um ein natürlich belichtetes Atrium in Sichtbeton und matt reflektierenden Aluminiumbrüstungen. Die primäre Fassadenfarbe des jeweiligen Fingers findet sich in der Wandfarbe der Flure, Treppenhäuser und Einbauten wieder. Hier fungiert Farbe als Erkennungszeichen des jeweiligen Forschungsbereichs. Alle Laborbereiche sind standardmäßig weiß möbliert, die Hörsäle schwarz. Die moderate Farbgebung der Innenräume betont durch schwarze PVC Bodenbeläge die sachlich ruhige Atmosphäre von Forschung und Lehre.
Wie auch eine Ausstellung über das Biomedizinische Institut in der Architektur Galerie Berlin zeigte, geht es Behles & Jochimsen in ihrer Verwendung von Farbe um die materiellen Qualitäten des Mediums. Farbe ist nie Selbstzweck, übertüncht nichts, stattdessen strahlt sie aus den Oberflächen und Objekten heraus.
Genau das bezweckt die Verwendung des speziellen Sandalor Anodisierungsverfahrens, dessen Aluminiumoxidschichten den metallischen Charakter des Materials besonders zur Geltung bringen. Dabei handelt es sich um keine konventionelle Beschichtung, die Farbe filtert eher den metallischen Glanz. Somit hat das Bauwerk auch niemals ein einheitliches Erscheinungsbild. Je nach Wetterlage, Lichteinfall und Positionswechsel des Betrachters können die Farbfelder regelrecht erglühen oder matt abstrahlen. Dennoch ist die Durchdringung des Bauwerks mit Farbe dezent, nicht überwältigend, eher faszinierend wie ein impressionistisches Gemälde. Farbe als Stimmung. Christian Brensing, Berlin