C-House, Team TUBSEU, Solar Decathlon 2018, Dezhou/CN
Wenn der Kern eines Gebäudes alle technischen Funktionen beinhaltet, kann die Gebäudehülle ganz auf die Gegebenheiten der Umgebung hin entworfen werden. Nach diesem Grundprinzip entwickelte das deutsch-chinesischeTeam TUBSEU (TU BS + SEU) das C-House beim Studentenwettbewerb Solar Decathlon 2018 in China.
Bei dem internationalen Studentenwettbewerb, dem Solar Decathlon, geht es darum, das beste Wohnhaus der Zukunft zu entwickeln und zu errichten. Zu den jährlich stattfindenden Wettbewerben treten gemischte Teams verschiedener Universitäten aus allen Ländern der Welt gegeneinander an. Der Schwerpunkt der studentischen Entwürfe soll auf der Umsetzung von Technologien im Kontext des nachhaltigen, ökologischen und energieeffizienten Bauens liegen. Mit diesem besonderen Fokus erarbeiten die Studierenden in ihren Teams jeweils einen Entwurf und ein technisches Konzept für ein Einfamilienhaus mit Elektro-Mobilität, das ausschließlich durch erneuerbare Energien versorgt werden soll.
2018 fand dieser Wettbewerb zum zweiten Mal in China statt. Unter den 23 teilnehmenden Teams wurde auch das Institut für Gebäude- und Solartechnik der TU Braunschweig (TU BS) unter Leitung von Professor Dr.-Ing. M. Norbert Fisch zusammen mit der South-East University (SEU) aus Nanjing in China unter Leitung von Prof. Zhang Hong für die Teilnahme in Dezhou ausgewählt. Das deutsch-chinesische Team trat unter dem Namen TUBSEU (TU BS + SEU) an.
Das Konzept „C-House“
Die Studierenden der beiden Universitäten entwickelten gemeinsam das Konzept C-House, das sich aus zwei Bausteinen zusammensetzt: einer Gebäudehülle und einem Gebäudekern, dem sogenannten „Core“. Der freie Raum in beiden Geschossen des Projekthauses entwickelt sich fließend um den ebenfalls zweigeschossigen Kern herum. Die Hülle lässt sich frei gestalten, während der Kern alle technischen und notwendigen Versorgungsfunktionen aufnimmt. In dem 3,00 m breiten, 4,70 m langen und 5,20 m hohen Kubus des „Core“ befindet sich neben der Küche und zwei Bädern die gesamte Gebäudetechnik des solar betriebenen Einfamilienhauses. Hintergrund dieser Idee ist, Konstruktionen und Fassaden unter Berücksichtigung lokaler und regionaler Einflüsse energetisch sinnvoll und angepasst entwerfen zu können. In die entstandene Gebäudehülle wird dann der Kern als seriell vorgefertigtes Modul integriert. Er kann natürlich in Neubauten eingesetzt werden, soll aber später auch in Bestandsgebäuden integriert werden können und das jeweilige Gebäude entsprechend dessen Anforderungsprofil mit Technik und Energie versorgen.
Der Energiebedarf des Gebäudes wird neben der Nutzerausstattung wesentlich durch die Heiz- und Kühllasten bestimmt. Um deren Einfluss so gering wie möglich zu halten, wurde die Kubatur des C-House in einem günstigen Verhältnis von Volumen zu Oberfläche (A/V) umgesetzt. Auch wurden die Süd- und Nordfassade konsequent verglast, um die Sonneneinstrahlung zu nutzen und passive Solargewinne zu erzielen. Die ost- und westorientierten Fassaden sowie das Dach dagegen wurden auf Grund der günstigeren Einstrahlwinkel der Sonne für die aktive Energiegewinnung genutzt und großflächig mit Photovoltaikelementen (31 kWp) bestückt. Notwendig für die
Energiespeicherung ist das Zusammenspiel Gebäude und E-Mobilität, denn neben einem kleinen Stromspeicher dient das E-Mobil als Zwischenspeicher. Das emissionsfreie Elektroauto steht im Wettbewerbsbeitrag der TUBSEU im Wohnbereich. Überschüssiger Strom aus der PV-Anlage wird zum Tanken (Beladen) genutzt, umgekehrt kann die Autobatterie als mobiler Energiespeicher das Haus versorgen, sollte Bedarf bestehen.
Der Gebäudekern „Core“
Die gesamte Versorgung und Raumkonditionierung des Wohnhauses erfolgt über den sogenannten „Core“, der als Technikkern das technische Herzstück des Wettbewerbsbeitrags darstellt. Der „Core“, der in Braunschweig entwickelt und gebaut wurde, wurde komplett aus Brettschichtholz-CLT-Platten gefertigt. Nur so konnte die Zerlegbarkeit in vier Teile für den Transport im Schiffscontainer statisch bewältigt werden. In China wurde der Kern voll ausgestattet zur Baustelle geliefert. Dort wurde er innerhalb eines Tages aufgebaut und in Betrieb genommen. Alle Gewerke, wie Sanitär- und Elektroversorgung waren im Vorfeld installiert und mussten lediglich vor Ort an die Hauptleitungen angeschlossen werden.
Der Kern integriert die thermische und elektrische Speicherung, das Lüftungssystem sowie die komplette Wärme- und Kälteerzeugung. Dafür wurden die Wände des Kerns außenseitig mit Flächenheizungen bzw. -kühlungen aktiviert und so das Heizen und Kühlen der angrenzenden Räume bedarfsabhängig ermöglicht. Ein Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung und zwei Filterstufen sorgt für saubere und frische Luft im Wohnbereich und für zusätzlichen Energiegewinn aus der warmen Abluft. Die Auslässe befinden sich im Heiz- und Kühlsystem der Wände zum Wohnzimmer und den Schlafzimmern. Mit diesem Konzept wurde erreicht, dass in der gesamten Gebäudefläche weder wasserführende noch luftführende Leitungen verlegt werden müssen. Auch Elektroinstallationen und die Beleuchtungstechnik sind im und am Kern integriert. Die gesamte Beleuchtung des Hauses wird vom Kern aus über intelligent ausgerichtete Reflektor-segel gesteuert. Konfiguriert und geregelt wird alles über ein Tablet.
Der durch Photovoltaik erzeugte Strom wird für die Haushaltsgeräte sowie für die Lüftung und die Wärmepumpe verwendet. Der PV-Überschuss kann in einer 10-kWh-Batterie und im E-Mobil zwischengespeichert werden. Über eine Sole-Wasser-Wärmepumpe und einen Pufferspeicher wird das Heizungswasser im Winter bereitgestellt
und der integrierte Trinkwarmwasserspeicher beladen. Ein besonders effizienter Heizbetrieb wird über einen Eisspeicher erreicht, der in den Sommermonaten über die Flächenkühlsysteme in der Wand des Kerns zur Kühlung und Entfeuchtung herangezogen wird.
Ausblick
Das C-House soll im Betrieb mehr Strom produzieren, als für seinen Betrieb verbraucht wird, obwohl der Energieverbrauch durch die Smart Home-Technologien höher ausfällt als bei einem „Normal-
verbraucher“. Die Studierenden wollten jedoch durch das Smart Home Metering den Energieverbrauch für den Nutzer transparent und nachvollziehbar machen. Sie gehen davon aus, dass die Bewohner auf diese Weise motiviert werden können, ihren Verbrauch zu steuern. In der Dusche wurde dafür zum Beispiel ein Sensor installiert, der die Farbe der LED-Beleuchtung in der Duschwand von Grün auf Rot wechseln lässt, wenn der Nutzer die empfohlene Wassermenge überschreitet.
Das C-House ist als Modellprojekt für die nutzerorientierte Integration von Gebäudetechnik gedacht. Mit dem „Core“ zeigt das Team TUBSEU, dass neue Lösungen denkbar und durchführbar sind. Das sahen die Jurys in China auch so: Im Wettbewerb Solar Decathlon, der im August zu Ende ging, erreichte das C-House Team den dritten Platz.
Projektdaten
Objekt: C-House
Standort: Dezhou, China
Bauherr: TU Braunschweig, Southeast University Nanjing
Bauzeit: 06. Juli 2018 — 01. August 2018
Team: TU Braunschweig unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch und South-East University Nanjing (China) unter der Leitung von Prof. Zhang Hong
Baudaten
Core: 3 x 4,7 x 5,2 m
Energiekonzept
Dach: Aluminium-Magnesium-Platte 0,8 mm, Abdichtung bituminös 3 mm, OSB-Platte 15 mm, Aluminium, Dämmung 50 mm, Aluminium, OSB-Platte 15 mm, Steinwolle 160 mm, OSB-Platte 15 mm
Außenwand: Stahlabdeckung 1 mm, OSB-Platte 15 mm, Aluminium, Dämmung 50 mm, Aluminium, OSB-Platte 15 mm, Steinwolle 160 mm, OSB-Platte 15 mm
Core Wand: Oberfläche 3 mm, Gipskarton 12,5 mm, Dichtung 3 mm, CLT ( Cross Lamitated Timber) 80 mm, 2x Dichtung (wasserdicht) 12,5 mm, Wandverkleidung 2− 3 mm
Uw-Wert Süd-Verglasung = 1,6 W/m²K
Uw-Wert Nord-/Ost-/West-Verglasung = 1,8 W/m²K
U-Wert Dach = 0,22 W/m²K
Leistung Photovoltaik (Dach, Ost- und Westfassade) = 31 kWp
Haustechnik
Wärmepumpe mit Warmwasserspeicher
Pufferspeicher, Eisspeicher
Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung
Rückkühler
Klimaschächte (Heizung, Kühlung, Entfeuchtung)
Wichtigste Hersteller:
Stiebel Eltron, www.stiebel-eltron.de
Schueco, www.schueco.com
SMA Solar Technology AG, www.sma.de
Trina Solar, www.trinasolar.com
First Solar, www.firstsolar.com
BMW, www.bmw.de
Projektleitung und -koordination:
Prof. Dr. M. N. Fisch
Dipl.-Ing. Philipp Knöfler
Ann-Kristin Mühlbach M.Sc.