DBZ Fachforum „Büro der Zukunft“ zu Gast bei Microsoft, München

„Was ihr nicht tut mit Lust, gedeiht euch nicht.“ – das sagte schon William Shakespeare und das gilt auch heute noch. Jetzt gab es Zeiten, in denen der Arbeitnehmer froh war, wenn er eine Arbeit hatte – das war dann schon eine generelle Motivation, gute Arbeit zu leisten. Heute ist jedoch der „War for Talents“ – also der Krieg um die besten Talente – ausgebrochen und die Unternehmen müssen sich nicht nur mit ihren Produkten oder Dienstleistungen gegenüber Wettbewerbern profilieren, sondern sich inzwischen auch als attraktiverer Arbeitgeber – als die Wettbewerber – darstellen.

Von der Schwierigkeit, Fachkräfte für sich zu gewinnen, hören wir inzwischen aus allen Richtungen, das trifft auf Architekturbüros, das Handwerk oder Fachplaner zu. Darüber hinaus verändert die Digitalisierung die Arbeitswelt immens – und wir stehen da erst am Anfang der Umstellung und der Möglichkeiten.

Zwei Gründe für uns, ein DBZ Fachforum mit dem Thema „Büro der Zukunft“ zu veranstalten. Wie sehen Büroräume aus, die den oben gestellten Anforderungen begegnen können? Es liegt wohl nichts näher als eine Veranstaltung mit diesem Titel in einem der modernsten Bürogebäude Deutschlands zu verorten: nämlich in den neu gebauten Räumlichkeiten von Microsoft in München Schwabing. Der Veranstaltungsraum war bis auf den letzten Platz gefüllt – Wie plane ich Arbeitsplätze für die Zukunft? – ist anscheinend ein Thema, mit dem sich Architekten konfrontiert sehen, vielleicht auch für das eigene Büro.

Selbstverständlich erwartet man bei einem Unternehmen, das sozusagen die Digitalisierung mitgestaltet, das Future Office schlechthin. Tatsächlich aber sieht sich auch ein Global Player wie Microsoft mit dem „War for Talents“ konfrontiert, laut Kay Mantzel, Experience Lead bei Microsoft. Er erläuterte in seinem einführenden Vortrag, dass selbst Microsoft an seinem vorherigen Standpunkt in Unterschleißheim Schwierigkeiten hatte, Mitarbeiter – oder sagen wir: die besten Mitarbeiter im globalen Vergleich – zu gewinnen. Mantzel stellte fest, dass drei Faktoren den Wandel der Arbeitswelt bestimmen: Menschen, Orte, Technologien. Für den immer neuesten Stand bei Letzterem sorgt das Unternehmen schon durch die ureigene DNA. Für den richtigen Ort bezog man einen Neubau in der Park-stadt Schwabing und nutzte dort die Gelegenheit, für sich selbst ein „Future Office“ zu realisieren – das wiederum ist ein Teil des Puzzle ­

in der Gewinnung der besten Mitarbeiter.

Teil des Neubau-Konzepts (aber den Schritt sind auch andere ­Unternehmen zuvor schon gegangen) war es, wesentlich weniger ­Arbeitsplätze anzubieten als tatsächlich Mitarbeiter angestellt sind. Das ergab schon einmal eine Flächenersparnis beim Neubau. Tatsächlich suchen sich die Microsoftler jeden Morgen den Arbeitsplatz ihrer Wahl, innerhalb eines bestimmten Bereichs jedenfalls. Feste Plätze gibt es nur in Ausnahmeabteilungen. Jede Unit hat selbst mitgestaltet, welche Arbeitsbereiche sie in welchem Umfang benötigt: Räume zum konzentrierten Arbeiten, zum Telefonieren, fürs Teamwork, Lounge-Bereiche usw. Besprechungsräume wurden für alle in ausreichendem Maße geplant, denn die gab es zuvor immer zu wenig. Selbstverständlich gibt es Küchen- und Aufenthaltsbereiche, aber ein ganz wesentlicher Ort ist tatsächlich das Café im Foyer, das eigenständig betrieben wird – also nicht kostenfrei anbietet – aber dennoch der beliebteste Ort für informelle Treffen ist.

Die Messlatte für ein in die Zukunft gerichtetes Büro war nach der Keynote also sehr hoch gelegt. In den darauffolgenden Vorträgen beschäftigten wir uns dann mit konkreten Lösungen, die Architekten in ihre Projektplanungen mit einbeziehen können:

David Wiechmann, Head of Interior Design Team beim schwedi-schen Büromöbelhersteller Kinnarps berichtete in seinen Ausführungen nicht über Möbel, denn darum gehe es erst in zweiter Linie. Wichtig sei es zu verstehen, wie die Arbeitswelt, ja auch das Bauwesen, sich durch die Digitalisierung und damit einhergehend neue Arbeitsweisen verändern werden. „New Work“ stelle ganz neue Herausforderungen für die Organisation, aber auch an die Räume. Das sind ambitionierte Aufgaben für Planer, aber auch die Hersteller müssen sich dann den Transformationen anpassen.

Viel besprochen und auch häufig realisiert werden offene Bürolandschaften, das Großraumbüro. Dabei ist es laut Referent Thomas Plötzner, Environmental Acoustics, OWAconsult, einer der unbeliebtesten Arbeitsorte überhaupt. Nicht zuletzt aufgrund des beständigen Geräuschpegels, der nicht nur Stress verursacht, sondern tatsächlich die Produktivität und Gedächtnisleistung nachweislich stark negativ beeinträchtigt. Doch die Lösung von Plötzner war für die meisten Teilnehmer dann doch mehr als überraschend: Durch Einbringen eines Störgeräuschs, das die Sprachverständlichkeit der Umgebung – also der Kollegen – verringert, würde die Leistungsfähigkeit tatsächlich wieder steigen. Lärm bekämpfen mit noch mehr Lärm? So leicht war das für die meisten nicht vorstellbar, das musste Plötzner tatsächlich erst einmal beweisen.

Ein ganz wichtiger Aspekt bei der Planung von Büros schon jetzt, aber sicher in Zukunft sogar noch mehr, sind die Kosten im laufenden Betrieb. Entscheidend dabei: der Energieverbrauch beim Heizen und Kühlen. Hartmut Küchler, Systemingenieur bei Mitsubishi Electric Europe, fragte in seinem Vortragstitel, ob ein Netto-Null-Energiegebäude wohl machbar sei. Und was denken Sie, war die Antwort? Selbstverständlich, man muss das Ziel aber am besten von Anfang an in der Planung berücksichtigen. Viele Teilnehmer unseres Fachforums hatten gerade hierzu konkrete, technische Fragen an unseren Referenten.

Bernd Joachimsthaler, Vertriebsleiter Systems bei Sauter, berichtete über die Anforderungen, die seitens der Nutzer heute an die Bedienung der Raumautomation gestellt werden. In Zeiten wachsender technischer Möglichkeiten sei es unabdingbar, dass die Funktionen wie Heizen, Kühlen, Licht, Sonnenschutz etc. intuitiv bedienbar sind. Vielleicht kennen Sie das selbst: Fast nichts ist schlimmer, als wenn man für das Einstellen von Licht oder Temperatur erst einmal ein Handbuch lesen muss. Aber wie sieht das konkret aus? Da Sauter die Raumbedienung im Hause Microsoft geliefert hat, bot sich jedem Teilnehmer direkt die Möglichkeit des Ausprobierens!

Für den abschließenden Vortrag hatten wir Dr. Sandra Breuer gebeten, uns aus ihrer eigenen Arbeitswelt zu berichten. Combine consulting bietet Beratung für die Konzeption, Planung und Realisierung moderner Arbeitswelten. Dabei werden betriebswirtschaftliche und soziologische Erkenntnisse mit architektonischem und technologischem Wissen kombiniert. Am Anfang aller ihrer Projekte steht dabei aber nicht die Gestaltung, sondern die Frage nach der Organisa-tion: Wie wollen wir morgen arbeiten? Laut Dr. Breuer ist die Zukunft der Arbeit selbstbestimmt, d. h., der Mitarbeiter bestimmt selbstständig, wie das eigene Büro genutzt wird. Essentiell ist für Dr. Breuer bei jedem Konzept, vier Grundbedürfnisse jeder Arbeitswelt, die „4 C`s“ ausreichend und vor allem passenden Raum dafür anzubieten: concentration (Konzentration), communication (Kommunikation), collaboration (Zusammenarbeit) und community (Gemeinschaft).

Und wie kann so etwas aussehen? Es wurde Zeit für die Besichtigung des realen „Future Office“. In Gruppen besichtigten die Teilnehmer unseres DBZ Fachforums die Räumlichkeiten von Microsoft von der Kantine, über das Museum (… in dem Relikte aus den Anfängen von Microsoft ausgestellt wurden, die die meisten von uns sehr gut kannten. Es trifft einen persönlich, wenn „historische Relikte“ Teil der eigenen Geschichte sind …) bis hin zu den einzelnen Arbeitsberei-chen und Besprechungsräumen. Festzustellen war: Plätze waren mehr als ausreichend vorhanden, was aber wohl auch daran liegt, dass man bei Microsoft nicht nur arbeiten kann WANN man will, sondern auch VON WO! Und das gilt für (fast) alle. Das ist sicherlich einer der größten Schritte bei der Transformation der Arbeitswelt – eine Infrastruktur bereit zu stellen, die das ermöglicht und sogar fördert.

Nichtsdestotrotz gilt sicherlich auch in Zukunft noch der Satz aus dem alten Rom: „Angenehm sind die erledigten Arbeiten.“ (Marcus Tullius Cicero). SG

DBZ.de/buero
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