DBZ WerkGespräch in der Elbphilharmonie: Ein technisches und architektonisches Kunstwerk

Am 4. Oktober hatte die DBZ Deutsche BauZeitschrift im Rahmen des DBZ WerkGesprächs in die Elbphilharmonie eingeladen, um mit ihren Veranstaltungspartnern über die Architektur, die Planung und Entwicklung bis hin zur Ausführung und Inbetriebnahme zu informieren und zu diskutieren. Der Einladung waren 350 Architekten und Ingenieure gefolgt.

Die DBZ-Redaktion bietet das DBZ WerkGespräch jeweils in einem außergewöhnlichen Rahmen und in einem herausragenden Architekturprojekt zum fachlichen Austausch und Netzwerken mit Architekten und Ingenieuren, Bauschaffenden, Planern sowie Studierenden an. Die Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron ist so ein besonderes Architekturprojekt, das die DBZ im Zusammenspiel mit den am Bauprozess beteiligten Firmen dormakaba, Gartner, Interpane, SPIE und TROX im Kleinen Konzertsaal der Elbphilharmonie präsentierte.

Nach 16 Jahren Planungs- und Bauzeit wurde am 11. Januar 2017 die Elbphilharmonie endlich eröffnet. Alle Widrigkeiten scheinen vergessen: Die Elbphilharmonie als neues Wahrzeichen Hamburgs ist ein Jahrhundertbauwerk. Die einzigartige Fassade umhüllt ein Haus für Musik mit einem der spektakulärsten Musiksäle der Welt. Gestalt und Akustik der beiden Säle verantwortet der japanische Akustikspezialist Yasuhisa Toyota. Der Große Saal mit 2 100 Sitzplätzen besteht aus einer beeindruckenden „Weißen Haut“ aus 10 287 Gipsfaserplatten mit etwa 1 Mio. Ausfräsungen, die den akustischen Anforderungen folgen. Aber auch der Kleine Saal,
in dem das WerkGespräch stattfand, besticht durch besondere akustische Maßnahmen, hier aber aus Holzpanelen aus massiver Eiche. Am Nachmittag, nach einer exklusiven Architekturführung, folgte das eigentliche Forums-programm im Kleinen Saal.

Den architektonischen Auftakt zur Elbphilharmonie machte die Architektin Heike Dölker, Hochtief Infrastruktur GmbH, die mit einem beherzten Architekturvortrag das WerkGespräch eröffnete. Frau Dölker hat die Elbphilharmonie vom Anfang bis zur Fertigstellung bauleitend begleitet und die Höhen und Tiefen des Projekts bis hin zu ganz kleinen, aber wesentlichen Details begeisternd und beeindruckend dargestellt. In der Folge präsentierten sich die Veranstaltungspartner Gartner, AGC Interpane, TROX, dormakaba und SPIE als am Bauprozess beteiligte Unternehmen mit ihren bautechnischen Lösungen.

Den Anfang machte Karl-Heinz Lindenmaier, Senior Project Manager der Josef Gartner GmbH, mit dem Thema „Stimmgabeln, Wellen und Reflexionen – Eine Hightech Fassade für Hamburgs neues Wahrzeichen“. Herr Lindenmaier stellte eine spektakuläre Hauptfassade der Elbphilharmonie vor, die sich vom 9. bis 28. OG erstreckt und insgesamt 16 000 m2 und weitere 1 900 m2 für die Void-Fassaden im Wohn- und Hotelbereich umfasst. Die Elementfassade wurde in zwei Feldern ausgeführt. In ca. 100 der Fassaden-elemente sind sogenannte Stimmgabeln als Balkonöffnungen eingebaut, die von
gebogenen Scheiben gerahmt werden. Sechs der übergroßen Fassadenelemente im Bereich der Philharmonie wurden als Groß-Loggia mit einer übergroßen Stimmgabel ausgebildet, die als Balkon für die Zuschauer dienen. Es gibt für die Fassade zwei Standardelemente, die je 1 500 kg wiegen. Erstmals wurden multifunktionale Isoliergläser mit einer Wölbung entlang nur einer Glaskante gefertigt. Von den 2 200 eingebauten Glasscheiben aus eisenoxydarmen, besonders klarem Glas, sind 600 sphärisch gebogen.

Dazu ergänzte Michael Elstner, Leiter Beratungscenter Interpane Glas Industrie AG, seinen Vortrag „Auf Hochglanz poliert – die komplexe Verglasungen für die Elbphilharmonie“. Die Glasfassade hat ein chrombasiertes Mehrfachschichtsystem erhalten mit einem Lichtreflexionsgrad von über 50 % und einem Transmissionsgrad von nur 4 %. Insgesamt 22 000 m2 gebogenes und planes Fassadenglas wurden mit ipachrome beschichtet und teils zu Isolierglas verarbeitet. Die Stimmgabeln sind im Farbton RAL 9016 beschichtet. Der Glasaufbau ist eine VSG mit Chromspiegelpunkten, Sonnenschutzschicht und Siebdruckpunkten. Insgesamt wurden 97 Stimmgabelelemente im Wohnungsbereich und sechs für die Großloggien im Konzertbereich ausgeführt.

„Dreiklang der Klimatechnik – Akustik, Lufttechnik, Brandschutz“, darüber referierte Wilhelm Mayer, Leiter Systemtechnik, TROX GmbH. An die raumlufttechnische Ausstattung der beiden Konzertsäle wurde vor allem im Hinblick auf akustische Belange höchste Anforderungen gestellt. Raumlufttechnik soll man nicht sehen, aber auch nicht hören und das erforderte besondere Maßnahmen. Die Gefahr bestand darin, dass der Signalton eines vorbeifahrenden Schiffes über Entrauchungskanäle und Entrauchungsklappen in der Fassade direkt in den Konzertsaal eindringen könnte. Ein Problem, das die TGA-Planer im Vorfeld der raumlufttechnischen Planung für die Elbphilharmonie mit den Akustikexperten von TROX lösten. Ein Test-aufbau im Messlabor ergab eine denkbar einfache Lösung: Statt nur einer wurden zwei aneinander gereihte Entrauchungsklappen empfohlen. So wurde die gewünschte Schalldämpfung erreicht, ohne die Sicherheitsaspekte einer Entrauchungsanlage negativ zu beeinflussen.

Mit „Keine Fremdsprache/Designsprache“ war der Vortrag von Bernhard Heitz, Head Productdesign dormakaba Deutschland GmbH, betitelt. In der Elbphilharmonie hat dormakaba seine Kompetenz in Sicherheits- und Zutrittslösungen eingebracht. Das umfasste
die Produktgruppen Türschließer, Drücker­garnituren, automatische Drehflügelantriebe, automatische Schiebetüren, Horizontalschiebewände, Zugangskontrollen und Vereinzelungsanlagen. Der Zusammenschluss der beiden Unternehmen Dorma und Kaba, die sich technologisch ergänzen, erfordert für dormakaba eine gemeinsame und erkennbare Designsprache, die Bernhard Heitz in Analogie zu Designentwicklungen anderer Produkte verdeutlichte.

Das Thema Facility Management (FM) kommt in der Abfolge zuletzt, weil es um das Thema Betreiben geht. In der Abfolge der Planungsprozesse gehört es aber immer mit an den Anfang der Überlegungen zum Lebenszyklus. „FM in der Elphilharmonie“ war das Thema von Rainer Hollang, Mitglied der Geschäftsleitung der SPIE GmbH. Das Unternehmen versteht sich als europäischer Multitechnik Dienstleister. Rainer Hollang führte aus, dass SPIE einen Vertrag für die Gebäudebewirtschaftung der Elbphilharmonie für einen Zeitraum von 20 Jahren und 4 Monaten hat. Es geht um die Sicherstellung der Funktions- und Werterhaltung des gesamten Gebäudes mit einer betreuten Fläche von 120 000 m2. Die Tube gilt mit den 82 m Länge als welterste gebogene und längste Rolltreppe. Sie muss aber ständig mit Wasser gekühlt werden, um die Funktion sicherzustellen. Eine wichtige Leistung für SPIE, die Erschließung der Elbphilharmonie zu gewährleisten.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Lüftungsanlage des großen Saals, für den eine Luftleistung von 130 000 m3/h erforderlich ist. Insgesamt steuert ein Gebäudemanagementsystem den gesamten zu bewirtschaftenden Bereich der Elbphilharmonie.

Ein wichtiger Punkt des DBZ WerkGesprächs: Das Netzwerken, der Austausch unter den KollegInnen und mit den Veranstaltungspartnern. Diskussionen über technische wie architektonische Besonderheiten lösten bei den Teilnehmern des DBZ WerkGesprächs mehr als nur positive Emotionen aus, sondern
Begeisterung über ein Gebäude, das nicht nur mit der Einzigartigkeit des Konzertsaales überzeugt, sondern auch mit der Fassade. Das aufwendig beschichtete und bedruckte Glas, das konvex und konkav gebogen ist, erzeugt damit insgesamt eine Lebendigkeit auf der Fassade. BF
(Video hier und in unserer App)

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