Barrierefreier Weinberg im Millimetertuning
Über 2 Mio. Menschen haben bereits die Elbphilharmonie besucht, ein Viertel von ihnen hat schon ein Konzert erlebt. Ein paar wenige
allerdings derart nachhaltig, dass sie noch Wochen später an ihren Besuch der Plaza, der Konzertsäle erinnert wurden. Über einen Gipsverband beispielsweise, der den gebrochenen Arm oder Fuß unterstützend schützend wieder zusammenwachsen lässt. Acht Unfälle waren es bis Ende März 2017, nun haben die Stadt, die Architekten, das Bauunternehmen Hochtief und der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg gemeinsam Änderungen entwickelt, die zu einer „größeren Barrierefreiheit“ (Pressemitteilung des Senats) führen sollen.
Die Gründe für die Stürze: schlechte Sichtbarkeit der Stufen im Bodenmaterialfluss (Eichenholz), sich verengende Stufen im Konzertsaal, mäßige Beleuchtung am Plazaeinstieg und teils ungewöhnliche Stufentiefen. Das soll nun alles entschärft werden, „wir wollen“, so Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, „dass sich alle Menschen in dem ohne Frage architektonisch herausragendem Gebäude sicher- und wohlfühlen.“ Um eine bessere Sichtbarkeit der Treppenstufen zu erreichen, sollen sie alle mit einem 15 mm breiten schwarzen Streifen markiert werden. Vor der ersten Stufe soll ein zweiter, 15 mm breiter Streifen den Beginn einer Treppe anzeigen. Die Markierungen werden so angebracht, dass sie auch mit einem Blindenstock zu ertasten sind. Bisher sind in den Foyers nur die Treppen am Beginn eines Absatzes und im Großen Saal alle Treppen mit einem 5 mm breiten Streifen gekennzeichnet.
Im Großen Saal sollen zudem die Stufen am Übergang von den Stuhlreihen in die Treppen zusätzlich mit sechs fühlbaren schwarzen Punkten (Durchmesser 30 mm) gekennzeichnet. Die Aufzüge sollen durch erkennbarere Ausschilderungen und akustische Signale auch für Blinde und Sehbehinderte besser nutzbar werden. Die Kosten werden ermittelt, können aber, so der Senat, „voraussichtlich aus dem vorhandenen Baubudget getragen werden.“
Dass es hinsichtlich Barrierefreiheit noch ein paar mehr Baustellen im Konzerthaus gibt, darauf verwies Angelika Antefuhr, Erste Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg. Sie zeigt sich aber zuversichtlich, auch für „die anderen Themen hinsichtlich der Barrierefreiheit gemeinsam Lösungen [zu] finden.“ Es geht also voran. Man könnte aber auch schreiben, dass das Ideal „Weinbergarchitektur“ gerade seine erste Korrekturphase durchläuft. Be. K.
DBZ-Leser können das Treppenkonzept selbst in Augenschein nehmen beim DBZ Werkgespräch am 14.10.2017 in der Hamburger Elbphilharmonie. Anmeldung unter www.DBZ.de/elbphilharmonie