Dach für antikes Amphitheater in Verona

Die Arena von Verona gehört zu den größten und besterhaltenen Amphitheatern aus der römischen Zeit. Das rund 2 000 Jahre alte Bauwerk ist UNESCO-Weltkulturerbe und Wahrzeichen der Stadt. Mit seiner Größe von 138 m Länge, 109 m Breite und guten 24 m Höhe wird die Arena heute für Opernaufführungen und Sinfoniekonzerte genutzt, bei denen bis zu 25 000 Menschen in der Arena Platz nehmen und aufwendige Inszenierungen vor historischer, beeindruckender Kulisse genießen. Der Genuß kommt allerdings zum abrupten Ende, wenn Unwetter über Verona ziehen und Instrumente und Kostüme schnellst­möglich in Sicherheit gebracht werden müssen, die Vorstellung unterbrochen oder gar abgebrochen wird.

Die Auslobung des Ideenwettbewerbs Anfang letzten Jahres sollte das geschäftsschädigende Wetterverhalten unterbinden helfen. Mit der Entscheidung für den Entwurf der Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) und den Ingenieuren von schlaich bergermann partner (sbp) können die Architekten möglicherweise ihr drittes Projekt – nach dem Krankenhaus Borgo Trento und den neuen Messehallen – in Verona realisieren.

Die Wettbewerbsaufgabe verlangte eine wandelbare und rückbaubare Überdachung, die einerseits die Nutzung des Konzerthauses bei schlechtem Wetter ermöglicht und es so vor schädlichen Umwelteinflüssen schützt. Andererseits hatte der Entwurf das historische Monument maximal zu respektieren, der nötige Eingriff in die historische Bausubstanz und in das Erscheinungsbild des Amphitheaters sollte minimal bleiben.

Der Gewinnerentwurf sieht einen deutlich abgesetzten Druckring über der Arena vor, der eine wandelbare Membran-Konstruktion hält. Dabei schafft das ellipsenförmige Tragwerk den Raum, der für zusätzliche Beleuchtung und moderne Bühnentechnik genutzt wird. Das Zusammenspiel aus einem fächerförmig angeordneten, verfahrbaren Seilnetz und der Membraneindeckung schützt die gesamte Arena vor Unwetter. Dazu fahren zuerst die Seile aus ihrer Parkposition im Druckring, während im zweiten Schritt die Membran entlang dieser Seile ausgefahren wird. Der Fahrvorgang ist in dieser Konfiguration noch nicht dagewesen und doch kann der Großteil der bewährten Fahrtechnologien bereits realisierter Projekte wie beim Stadion Frankfurt a. M. als Grundlage genommen werden und für Verona weiterentwickelt werden.

Über alles Komfortdenken hinaus – und natürlich jenseits aller wirtschaftlicher Notwendigkeiten – muss man sich aber auch fragen, ob ein Eingriff in die Bausubstanz eines UNESCO-Weltkulturerbes generell angebracht und wirklich notwendig ist? Oder sollten sich nicht Frau, Mann und Kinder in einem römischen Amphitheater auch weiterhin wie vor knapp 2 000 Jahren fühlen dürfen? Wozu auch die hastige Flucht zählt, wenn ein Unwetter naht. Nichtsdestotrotz: Wenn wirtschaftliche Argumente den Ausschlag für die Realisierung geben, dann sind wir gespannt, wie der Gewinnerkooperation diese sensible Aufgabe gelingen wird. MS

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