Dämmung schwerer
Wandbildner
Materialkombinationen und Innovationen

Die Entscheidung, welches Dämmsystem für ein Bauvorhaben das richtige ist, ist von vielen Faktoren abhängig. Neben den Wünschen des Bauherrn und seinen finanziellen Möglichkeiten sind die baulichen Notwendigkeiten sowie die Vorgaben der Behörden in der Baubewilligung zu berücksichtigen.


Schwere Wandbaustoffe wie Beton und Kalksandstein erfordern zusätzliche Wärme-dämm­maßnahmen, sollen sie als Außenwand den Anforderungen der Energie-

einsparverordnung genügen. Andere massive Wandbildner, wie Thermoziegel und Porenbeton, kommen meist ohne zusätzliche Dämmung aus. Grundsätzlich eignen sich alle massiven Wandbildner als Hintermauerwerk für ein Wärmedämmverbundsystem. Je größer die Rohdichte des Mauerwerks ist, desto höher sind die Trag- und Wärmespeicherfähigkeit sowie der Schallschutz.

Kalksandstein besitzt eine Rohdichte von 1,4 bis 2,2 kg/dm³. Bei Ziegelmauerwerk reicht die Spanne von 0,6 kg/dm³ bei Hochlochziegeln (HLz) bis 2,2 kg/dm³ bei Vollklinker. Die Rohdichte von Normalbeton liegt bei 2,4 kg/dm³, die von Porenbeton je nach Festigkeitsklasse zwischen 0,35 und 0,70 kg/dm³.

Platzersparnis versus zusätzliches Gewerk
Kalksandsteinmauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem kann schlank ausgeführt werden. Eine 35,5 cm dicke Wand dieses Aufbaus (17,5 cm Kalksandstein, 16 cm WDVS WLG 035) erreicht inklusive Putz einen U-Wert von 0,2 W/m²K. Bei einem hohen Quadratmeterpreis für das Grundstück erhält man durch die schlanke Ausführung mehr Raum für seinen finanziellen Einsatz. Um den gleichen U-Wert mit einer Porenbetonwand ohne zusätzliche Dämmung zu erzielen, muss eine Wandstärke von 45,5 cm in Kauf genommen werden. Dafür fallen bei der Porenbetonwand genauso wie bei einer Wand aus Thermoziegeln keine zusätzlichen Kosten für das Aufbringen eines Wärmedämmverbundsystems an.

Schallschutz von Wänden mit WDVS

Der schalltechnische Verhalten von Wänden mit Wärmedämmverbundsystem und zweischaligen Wänden unterscheidet sich von dem einschalig aufgebauter Wände. Dies liegt daran, dass zwei Massen in Schwingung geraten, das Putzsystem/die Vormauerschale und die tragende Wandkonstruktion. Die Wärmedämmung und Verdübelung wirkt als Feder zwischen den beiden harten Schalen. Je nach Steifigkeit dieser Feder ergeben sich Einbrüche im frequenzabhängigen Schalldämm-Maß infolge Resonanz.

Auch die Wahl des Dämmstoffs beeinflusst das Schallschutzverhalten der Außenwand. Harte Dämmstoffe halten besonders tiefe Frequenzen ab, die z. B. durch innerstädtischen Verkehrslärm entstehen. Wird ein Gebäude neben einer Schnellstraße oder Eisenbahntrasse gebaut, sollte ein weicher Dämmstoff gewählt werden, der eine tiefe Resonanzfrequenz besitzt.

Besonders bei verklebten und verdübelten Wärmedämm­verbundsystemen mit Mineralfaserdämmstoffen hat die Putzdicke entscheidenden Einfluss auf den Schallschutz.

Befestigungen und Baustoffkombinationen

Man unterscheidet die derzeit handelsüblichen Wärmedämmverbundsysteme nach der Art ihrer Befestigung. Neben der ausschließlichen Verklebung ist die Kombination von Verklebung und Verdübelung, die ausschließliche Verdübelung oder die Befestigung mit einer Schiene möglich. 2005/2006 wurden für Wärmedämmverbundsysteme neue Allgemeine Technische Vertragsbedingungen (ATV) festgelegt. Die DIN 18 345 Wärmedämmverbundsysteme berücksichtigt die technischen Neuerungen der letzten Jahre.

Verklebt

Polystyrol-Hartschaum-Dämmplatten werden mindestens auf 40 % der Fläche mit der Wulst-
Punkt-Methode oder mit einem Flächenanteil von 60 % durch maschinelles mäanderförmi-ges Aufspritzen des Klebemörtels verklebt. Ist der Untergrund eben, kann bei vielen Systemen im Kammbett verklebt werden. Die Wulst-Punkt-Methode oder die maschinelle Aufspritzmethode sind jedoch sicherer. Mineralfaserlamellen sind zu 100 % vollflächig zu verkleben. Als Oberfläche kommen auf Polystyrol-Hartschaum Kunstharzputze, mineralische Dick- und Dünnputze sowie Riemchen und keramische Bekleidung in Frage. Auf

Mineralfaser-Lamellen sind ausschließlich mineralische Dick- und Dünnputze möglich.

Verklebt und verdübelt

Wird verklebt und verdübelt, setzt man als Dämmstoff Polystyrol oder Mineralfaserplatten des Anwendungstyps TR 1 (früher Typ WV), TR 7,5 (früher Typ WD) oder TR 14 (früher Typ HD) ein. Diese Anwendungstypen unterliegen verschiedenen Anforderungen hinsichtlich der Mindestquerzugfestigkeit. Polystyrol kann auf die gleiche Art beschichtet werden wie Polystyrol-Hartschaum, auf Mineralfaserplatten sollte kein Kunstharzputz eingesetzt werden.

Verdübelt oder mit Schiene

Verdübelt wird ausschließlich Polyurethan als Dämmstoff, der bereits werkseitig über eine angeschäumte, keramische Bekleidung oder Riemchen verfügt. Für die Schienenbefestigung eignen sich Polystyrol und Mineralfaserplatten des Typs HD. Keramische Bekleidung oder Riemchen kommen als Beschichtung nicht in Frage. Auf Polystyrol kann mit Kunstharzputz oder mineralischem Dick- oder Dünnputz verputzt werden, auf Mineralfaserplatten sind nur mineralische Putze geeignet.

Vorbereitung

Der Untergrund muss für die Installation eines Wärmedämmverbundsystems gereinigt sein, die Saug- und Haftfähigkeit ist gegebenenfalls zu korrigieren. Feuchte Stellen müssen vor der Befestigung saniert werden. Un-

ebenheiten werden ausgeglichen. Bei verklebten Systemen kann auf 1 m Messlänge

1 cm Unebenheit toleriert werden, bei verklebten und verdübelten Systemen 2 cm und bei Schienenbefestigung 3 cm. Kalksandsteinwände eignen sich aufgrund ihrer glatten Oberfläche bei fachgerechter Vermauerung für die ausschließliche Verklebung. Soll ein Wärmedämmverbundsystem an einer älteren Außenwand angebracht werden, muss bei ausschließlich verklebten Systemen die Mindestabreißfähigkeit mit Haftzugversuchen stichprobenartig nachgewiesen werden. Bei teilflächiger Verklebung von mindestens 40 % der Fläche muss die Mindestabreißfähigkeit mehr als 80 kN/m², bei vollflächiger Verklebung mehr als 30 kN/m² betragen.

Aufbau WDVS und Fensterplanung

Dämmplatten sind so im Verband zu verlegen, dass keine Kreuzfugen entstehen. Bei Wand-öffnun­gen ist darauf zu achten, dass im Bereich der Ecken keine Stoßfugen entstehen. Für die lückenlose Dämmung ist der Dämmstoff bis an den Fensterrahmen zu führen. Dies verkleinert die äußere Erscheinung der Öffnung und kann im Extremfall dazu führen, dass Fenster wie Schießscharten wirken. Bei Außenecken ist die ausreichende Verzahnung der Dämmplatten wichtig. Eckschienen im Putzaufbau schützen vor Beschädigung. Die Wahl zwischen Kunstharzputzen und mineralischen Putzen hat Einfluss auf Witterungs- und Feuchteschutz. Mineralische Putze sind dampfdiffusionstechnisch günstig (geringer sD-Wert), nehmen jedoch mehr Wasser auf (höhere Wasseraufnahme w). Bei Kunstharzputzen verhält es sich entgegengesetzt.

Riss- und Frostgefahr

Verwendet man Polystyrol-Hartschaumplatten als Dämmstoff, kann das Wärmedämmverbundsystem auch auf baufeuchtem Mauerwerk während des Winterhalbjahres befestigt werden. Bei Verwendung von Mineralwolledämmung unter den gleichen Bedingungen ist das Risiko von Putz-Frostschäden in Folge der Dampfdiffusionsvorgänge sehr hoch. Um Rissbreiten allgemein auf ein unschädliches Maß zu beschränken, wird ein Bewehrungsgewebe eingelegt. Das Gewebe muss faltenfrei und ohne Hohllagen verlegt und darf nicht geknickt werden. Die Überlappungsbreite ü beträgt mindestens 100 mm. Zusätzliche Gewebestreifen in der Größe von ca. 400 x 200 mm, diagonal an den Öffnungs-ecken, sorgen für zusätzliche Risssicherheit.

Langlebigkeit und Sanierung

Nach Beobachtungen des Fraunhofer Instituts für Bauphysik über 25 Jahre entspricht die Lebensdauer eines Wärmedämmverbundsystems der eines normalen Putzaufbaus auf massivem Mauerwerk. Die Farbschicht ist meist nach 10 bis 15 Jahren zu erneuern, da sonst ihre Schutzfunktion verloren geht. Schäden an Wärmedämmverbundsystemen treten meist durch den Ausfall von Tauwasser zwischen Dämmung und Außenputz auf. Wurde ein Putz mit hohem Wasserdampfdiffusionswiderstand gewählt, kann das auftretende Tauwasser nicht vollständig verdunsten. Dies kann zu Frostschäden am Putz und Durch­feuchtung des Dämmstoffs führen. Die Erneuerung von Einzelteilen eines Wärmedämmverbundsystems ist jedoch aufgrund der durchgehenden Putzschicht schwierig. Meist muss das gesamte System gewechselt werden oder das bestehende Wärmedämmverbundsystem wird durch ein neues aufgedoppelt. Wärmedämmungen mit hoher Wärmespeicherfähigkeit und mineralische Dickputze verhindern die Algenbildung auf Wärmedämmverbundsystemen. Die

Außenseiten der Wände kühlen langsamer aus. Es fällt weniger Kondensat an, welches die Bildung von Algen fördert.

Außergewöhnliche Dämmsysteme

Besondere Anforderungen erfordern außergewöhnliche Lösungen. Soll zum Beispiel ein Mehrfamilienhaus energetisch so saniert werden, dass es anschließend Passivhaus-Standard entspricht, ist dies in der Stadt ohne Anpassung der Abstandsflächen häufig nicht möglich. Die erforderliche Dämmstoffdicke auf der Außenwand sorgt zudem dafür, dass Trauf- und Ortgangüberstände anzupassen sind. Hier müssen Dämmplatten zum Einsatz kommen, die bei geringerer Dämmstoffdicke Passivhaus-U-Werte erreichen. Eine mögliche Lösung ist die Verwendung einer Vakuumdämmung. Vakuum-Wärmedämmverbundsystem-Platten erreichen bei einer Dicke von 90 mm inklusive Putz ab Mauerwerk bereits einen U-Wert von 0,17 W/m²K.

Vakuum-Isolations-Paneele

Wärme entsteht durch Reibung von Teilchen. Bei einem Vakuum-Isolations-Paneel (VIP) reduziert man das Zusammenstoßen von Luftmolekülen auf das geringst mögliche Maß. Dadurch entstehen Paneele, die bei geringem Gesamtaufbau einen sehr großen Wärmedämmeffekt erzielen.

Ein Vakuum-Isolations-Paneel besteht aus pyrogener Kieselsäure, Zellulosestützfasern und dem Trübungsmittel Siliziumkarbit. Zu Platten gepresst wird diese Masse konfektioniert und mit einer Hochbarrierefolie umhüllt. Durch das Evakuieren und Verschweißen der Folie entsteht ein Vakuum im Inneren des Paneels. Die Anzahl der Luftmoleküle sinkt und die verbleibenden Moleküle stoßen seltener zusammen. Vakuum-Isolations-Paneele können nicht auf der Baustelle zugeschnitten werden. Meist wird ein Laseraufmaß von der betreffenden Außenwand erstellt, die Paneele daraufhin vorgefertigt und nach Verlegeplan verlegt. Wichtig ist, dass keine Kreuzfugen ent-

stehen. Durch die Vorfertigung können Vakuum-Isolations-Paneele schnell montiert werden, so dass sich auch die wirtschaftliche

Gegenüberstellung mit konventionellen

Systemen lohnt.

Wie langlebig ist ein solches System mit Vakuum-Isolations-Paneelen? Die Auswertung von 30 000 Elementen ergab, dass eine Alterung von 80 und mehr Jahren kein Risiko für den Wärmeschutz der Fassade bedeutet. Voraussetzung dafür ist, dass sich innerhalb von 24 Stunden nach der Fertigung der Innendruck nicht verändert hat. Die Simulation einer Alterung von 50 Jahren beim notifizierten Prüfinstitut FIW in München ergab eine Wärmeleitfähigkeit von 0,0049 W/mK. Der Ausgangswert eines Vakuum-Isolations-Paneels ab Werk liegt bei 0,0035 W/mK.

Wandheizung durch Sonnenenergie

Nicht direkt mit dem Effekt eines Dämmsystems vergleichbar, dennoch energiesparend wirkt die Installation einer Solardämmung auf der Außenwand. Diese Dämmelemente funktionieren wie übliche Solarsysteme. Sie bestehen aus einer Polycarbonat-Kapillarplatte, einem Glasvlies mit transparentem Kleber und Glasputz. Der solare Energieeintrag in die Fassade erzeugt warme Innenwände, deren Strahlungswärme an die eines Kachel-ofens denken lässt. Voraussetzung ist, dass die Wand, auf der das System angebracht wird, nach Süden orientiert ist, und das Mauerwerk gut wärmeleitend ausgebildet wurde. Dies ist z. B. bei Kalksandstein der Fall. Die Dämmelemente sind wie die der Vakuumdämmung vorgefertigt und werden auf dem Mauerwerk vollflächig verklebt.

Schlank und warm

Niedrige Wärmedurchgangskoeffizienten sind heute bereits bei sehr schlanker Ausführung der Außenwände zu erreichen. Schlanke Wände ermöglichen großen Lichteinfall und gute Ausnutzung des vorhandenen Raums. Hervorragender Schallschutz ist dagegen nur mit Wandbaustoffen hoher Rohdichte zu erreichen. Dicke Wände, die aus einem Baustoff mit hoher Rohdichte gefertigt wurden, bieten zudem ein großes Wärmespeichervolumen, das für den sommerlichen Wärmeschutz von großer Bedeutung ist. Der U-Wert einer solchen Wand wäre jedoch sehr hoch. Der Aufbau einer Außenwand mit einem schweren Hintermauerwerk, z. B. Kalksandstein, und Wärmedämmverbundsystem vereint die Vorteile guter U-Werte mit hoher Wärmespeicherfähigkeit und gutem Schalldämmmaß.

Es gilt, die Umgebungsbedingungen des Bauvorhabens, wie z. B. Lärmbelästigung, Ausrichtung und Größe des Grundstücks, zu studieren und die Vorlieben des Bauherrn zu beachten, damit nach Fertigstellung das Ergebnis zufriedenstellend ausfällt.

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