Verspielte Leichtigkeit in Oberfinanzdirektion

Das Fraser Suites, Hamburg

Wie ist es möglich, einem Gebäude, das nicht zuletzt zur Demonstration von Dominanz und Macht gegenüber seinen Besuchern geschaffen wurde, nun Offenheit und Leichtigkeit zu verleihen und doch dem Bestand und dem Denkmalschutz gerecht zu werden? Im Fraser Suites Hotel Hamburg ist dieser Spagat ausgesprochen gut gelungen!

Es war das Gebäude der ehemaligen Oberfinanzdirektion, für das das Architekturbüro MPP (Meding Plan + Projekt GmbH) gemeinsam mit dem Innenarchitekturbüro JOI-Design ein Grundriss- und Designkonzept finden musste, mit dem diese Kehrtwendung gelingen sollte. Der Bau mit der neobarocken, geschwungenen Fassade und dem großen, imposanten Eingangsportal war 1907 bis 1910 erbaut worden und im Zweiten Weltkrieg erstaunlich unbeschadet geblieben. Dennoch gab es in den 1950er-Jahren eine umfangreiche Sanierung, die auch für die Einschätzungen seitens des Denkmalamts von Bedeutung war.

Frasers Hospitality kaufte das Haus 2014 mit der Idee, hier das erste Suite-Hotel Hamburgs zu eröffnen. Auch wenn viele der 154 Zimmer und Apartments des 5-Sterne-Hauses nun auch an klassische Hotelgäste vermietet werden, sind die meisten Suiten mit Küchenzeilen ausgestattet und auch auf die Bedürfnisse so genannter Longstayer zugeschnitten.

Pompöse Leichtigkeit

Betritt man das Hotel am Rödingsmarkt, direkt gegenüber der gleichnamigen U-Bahn-Station, zeigt sich besonders deutlich die Herausforderung, die sich den Planern bei der Umnutzung gestellt hat: Ein ursprünglich respekteinflößendes Gebäude soll nun seine Gäste mit offenen Armen empfangen. Beim Betreten des Hotels muss der Gast zunächst über fünf Stufen auf das Niveau der großen, zweiflügligen, sich automatisch öffnenden Eingangstür und weitere drei Stufen zur Ebene der Rezeption in die zweigeschossige, pompöse Eingangshalle steigen. „Ursprünglich hat hier außerdem, direkt zentral ­gegenüber den Eingangsstufen, das Pförtnerhäuschen gestanden“, erzählt Projektleiterin Barbara Wiethoff aus dem Büro JOI-Design. „Die Rezeption sollte aber nicht diese von oben beobachtende, den Eintretenden verunsichernde Funktion haben. Daher haben wir uns entschieden, an dieser Stelle eine Sitzecke anzuordnen und die Rezeption mit ihren goldenen, geschwungenen Elementen nach rechts zu verschieben.“

Auch die Farben des Bestandsbaus sind in der Lobby durch ihre Schwere sehr dominant. Zwei mächtige Rundsäulen aus rotem Granit tragen das Obergeschoss wie eine Empore, ergänzt durch zweigeschossige Vierkantsäulen, die, wie auch die Brüstung der Obergeschossgalerie und die Wände des Treppenaufgangs, ebenfalls mit dem dunkelroten Naturstein verkleidet sind. Ein Gegengewicht dazu bildet jetzt eine Licht-installation von Lightcouture: Rundgeschliffene Glaselemente, die die Farbgebung des Bestands aufnehmen, aber in ihrer Durchsichtigkeit als etwas sehr Leichtes und Verspieltes wirken, hängen in unterschiedlichen Längen wie ein moderner Kronleuchter von der Decke. „Durch die von uns gewählte Farbigkeit sowie unsere Teppichdesigns haben wir versucht, den Flair des Bestands aufzugreifen und doch Offenheit und eine gewisse Verspieltheit zu erzeugen“, so Designerin Wiet­hoff. „Auch der Wunsch des Bauherrn, Elemente des Art-
Déco aufzugreifen ist in den Entwurf eingeflossen.“ Entstanden ist eine harmonische Atmosphäre zwischen pompösem Gold und hanseatischem Blau.

Historische Elemente

Die markantesten Art-Déco-Elemente fanden sich, außer in den Treppengeländern der beiden Haupttreppenhäuser, in dem erhaltenen Muster der Bodenfliesen in allen Etagen. Die sich wiederholende, organisch gewundene Figur in Cremeweiß lieferte dabei auch die Inspiration für das Teppichmuster, das JOI-Design für den Flurbereich kreierte. Dieser musste in den geschwungenen Fluren entsprechend an den Grundriss angepasst und bereits in halbrunder Form gefertigt werden. „Die Firma HTW Design Carpet hat hier sehr gute Arbeit geleistet“, betont Projektleiterin Barbara Wiethoff. „Am Ende wurden die einzelnen Teppichzungen, die zu den Zimmern führen, vor Ort vom Bodenleger angekettelt, um wirklich maßgenau arbeiten zu können.“

Weitere Bauelemente, die aus der Erbauungszeit stammten und in das Entwurfskonzept integriert wurden, sind die Eichenholztüren. Besonders imposant: die zweiflügligen Zwischentüren der Flure sowie die Eingangstür des alten Sitzungssaals. Auch der Erhalt der alten Zimmertüren war eine gute Entscheidung, die allerdings nicht ganz ohne Konsequenzen war. „Die bauzeitlichen Türen waren brandschutztechnisch kein einfaches Thema“, erläutert JOI-Design-Geschäftsführer Peter Joehnk. „Die ehemaligen Bürotüren konnten weder brand- noch schallschutztechnisch ertüchtigt werden. Daher wurde jeweils eine zweite Tür eingebaut. Das erzeugt nicht nur Kosten, sondern bringt auch für den Gast eine gewisse umständliche Handhabe mit sich. Es ist wirklich nicht selbstverständlich, dass der Bauherr dies zugunsten der Ästhetik und des Denkmalschutzes angenommen hat!“

Goldene 20er, elegante 50er und modernes Design

Die für den Denkmalschutz relevante Sanierung der 1950er-Jahre bedeutete, dass auch die Anmutung dieser Ära zu erhalten und in den Entwurf einzubinden war. So fanden die Planer beispielsweise in der ehemaligen Schalterhalle im Erdgeschoss, in der nun Restaurant und Bar untergebracht sind, entlang der gesamten Wandfläche Bücherregale, da der Raum bei der Sanierung zur Bibliothek umgenutzt worden war. Die Regalflächen im typisch eleganten 50er-Jahre Design wurden von den InnenarchitektInnen übernommen und in den Restaurant-Entwurf integriert. Während in der ehemaligen Bibliothek nun also gegessen wird, befindet sich die neue Gäste-Library, ebenso wie ein Writing Room, in den ehemaligen Senatorenzimmern im
1. Obergeschoss. Der alte Sitzungssaal hingegen kann noch heute für Konferenzen gebucht werden. Auch hier zeigte sich der Bauherr couragiert, denn der Raum mit seinem bauzeitlichen Mobiliar, insbesondere dem ovalen Sitzungstisch, wurde übernommen und bietet daher wenig Flexibilität bei der Bestuhlung. Doch die besondere Atmosphäre des Raums hat bisher noch jeden Mieter überzeugt.

Die grundsätzliche Designidee, dem Hotel durch einen Hauch Art-Déco sowie der eleganten Ästhetik der 50er-Jahre, kombiniert mit modernem zeitgemäßen Interiordesign, Leichtigkeit und Offenheit zu verleihen, geht auch in den Zimmern auf, die in sieben Kategorien angeboten werden und für die über
90 Zimmertypen entwickelt werden mussten

Der hohe Planungsaufwand hat sich auf jeden Fall gelohnt! Der Spagat ist geglückt - auch dank eines sehr mutigen und flexiblen Bauherrn sowie eines ausgesprochen kooperativen Denkmalamts.                                               Nina Greve, Lübeck

Projektdaten                                                                                                                  

Objekt: Frazer Suites Hamburg

Standort: Rödungsmarkt 2, Hamburg

Bauherr: Frazers Hospoitality UK Limited

Architektur, Generalplanung:

MPP-Meding Plan + Projekt GmbH, Hamburg,

www.mpp.de

Innenarchitektur: JOI-Design, Hamburg,

www.joi-design.com

Fertigstellung: Mai 2019

Anzahl der Zimmer: 154

Preis pro Übernachtung: 123 €

Hersteller

Oberfläche Rezeptionstresen: Forbo Flooring GmbH, www.forbo.com

Teppichboden: HTW Design Carpet, www.htw-designcarpet.de

Fliesen Gästebäder: Marazzi Group, www.marazzi.de

Bezugsstoffe Restaurantstühle, Vorhänge Bibliothek: JAB Josef Anstoetz KG, www.jab.de

Bezugsstoffe Restaurant Sitzbänke, Sessel: Delius GmbH & Co. KG,

www.delius-contract.de

Badarmaturen: Grohe Deutschland Vertriebs GmbH, www.grohe.de

Tischleuchten Konferenzraum: Flos spa, www.flos.com

www.frazershospitality.com

Es war eine unglaublich spannende Zeit, mit vielen sehr unterschiedlichen Herausforderungen. Angefangen mit dem Entwurfsprozess, bei dem es galt, ein sensibles Gleichgewicht zwischen dem prägnanten Bestand und der neu gewünschten Leichtigkeit herzustellen, bis hin zu komplexen technischen Lösungen, die auf diversen Ebenen gefunden werden mussten.«
⇥Innenarchitektin Barbara Wiethoff
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