Das richtige
Projektvorgehen für ein Sportanlagenprojekt
Dr. Stefan Kannewischer, Zug/CH
Ausgangslage
Sportanlagen wie Sporthallen, Freianlagen, Kunsteisbahnen und Schwimmbäder sind Betreiberimmobilien. Die Betriebskosten übersteigen normalerweise die Investitionskosten über den gesamten Lebenszyklus erheblich. Deshalb rücken das Angebot für den Nutzer und die Funktionalität für den Betreiber bei Sportanlagen in den Vordergrund. Die architektonische Gestaltung ist zwar auch wichtig, aber steht in ihrer Bedeutung hinter der Funktionalität für den Nutzer und Betreiber. Anders ausgedrückt: Design follows Function. Falls diese Reihenfolge umgekehrt ist, wird eine Sportanlage von Betreiber und Nutzer als missglückt betrachtet und kann ihrem eigentlichen Ziel, der Ausübung von Sport, nicht oder nur unzureichend gerecht werden.
Herkömmliche Sportanlagenarten sind im deutschsprachigen Europa in der Regel in öffentlicher Hand oder werden von der öffentlichen Hand initiiert und gesteuert. Die Entscheidungsträger bei der öffentlichen Hand sind in kleineren Gemeinden in der Regel zum ersten Mal mit einem Sportanlagenprojekt konfrontiert, weil lediglich alle 20 – 30 Jahre die grundlegende Sanierung oder der Neubau einer solchen Anlage zum Thema wird. Das hat oftmals zur Folge, dass die Projekte falsch angepackt werden. Deshalb ist es essentiell, Fachpersonen ab der Konzeptionsphase und über die gesamte Projektdauer zu involvieren.
Dieser Artikel verschafft einen Überblick über das richtige und zielführende Projektvorgehen, das in Abb. 1 dargestellt ist.
Im Falle eines Neubaus sollte vor der Involvierung eines Architekten genau definiert werden, was für eine Sportanlage gebraucht wird. Anschließend an diese Konzeptionsphase erfolgt die organisatorische Konstitution. Erst dann geht es in die Planungs- und Bauphase. Schließlich folgt die wichtigste und längste Lebensphase einer Sportanlage: der Betrieb. Dabei sollte es immer wieder zu kleineren Sanierungen und Attraktivierungen kommen.
Wenn es sich um eine Bestandsimmobilie handelt, die einer Generalsanierung oder sogar eines Neubaus bedarf, wird oftmals fälschlicherweise direkt in die Planungsphase eingestiegen. Nach 20 – 30 Jahren Betrieb sollte aber auf jeden Fall die bisherige Konzeption und Konstitution hinterfragt werden, als ob es sich um ein Projekt auf der grünen Wiese handelt. Denn die Bedürfnisse haben sich vielerorts sowohl in Bezug auf Sportarten, Qualität des Angebots als auch quantitative Nachfrage verändert.
Im Folgenden werden die einzelnen Projektschritte näher beleuchtet.
Konzeption
Wer hier spart, gibt viel Geld aus! Denn in dieser Phase besteht die größte Einflussmöglichkeit auf den zukünftigen Erfolg der Anlage und auf die Investitionshöhe.
Die in der Konzeption zu erarbeitenden Themen werden in der Regel in einer Machbarkeitsstudie zusammengefasst. Diese ist eines der zentralen Instrumente für das erfolgreiche Vorgehen in Sportanlagenprojekten. Sie muss alle notwendigen Informationen für die Projektbeteiligten erarbeiten und stellt das Grundgerüst, die „Projektbibel“, bis zur Fertigstellung des Objekts dar. Leider gibt es immer noch viele Gemeinden, die sich die im Vergleich zur Investitionssumme verschwindend geringen Kosten für eine Machbarkeitsstudie sparen. Damit erweisen sie sich keinen Gefallen, weil sie Gefahr laufen, eine millionenschwere Fehlinvestition zu tätigen. Eine solche Machbarkeitsstudie sollte folgende Elemente enthalten:
Marktanalyse
Die Marktanalyse zeigt allgemeine Nachfragetrends auf, erarbeitet das spezifische Marktpotential (Einwohner, Touristen, Schulen, Vereine) und untersucht die Wettbewerbssituation in den relevanten Teilmärkten.
Bestandsanalyse
Falls eine Sportanlage saniert und attraktiviert werden soll, wird der vorhandene Bestand aus baulicher, technischer und betriebswirtschaftlicher Sicht beurteilt. Dies verschafft auch eine (Teil-) Antwort auf die Frage: Sanierung oder Neubau?
Standortanalyse
Ist der Standort der Sportanlage nicht festgelegt, müssen verschiedene Optionen im Rahmen einer Standortanalyse bewertet werden. Hier geht es auch darum, ob das Projekt auf einem bisherigen Grundstück oder auf der „grünen Wiese“ realisiert werden soll.
Projektidee
Auf Basis der Analysen wird die Projektidee/-vision entworfen. Dabei wird die grundsätzliche Ausrichtung der Sportanlage festgelegt, auch in Abgrenzung zu den vorhandenen Anlagen. Ferner werden die Zielgruppen und die abzudeckenden Bedürfnisse definiert. Falls eine übergeordnete Sportanlagenplanung besteht (z. B. GESAK, Gemeinde-Sportanlagenkonzept), fließt diese in die Projektvision ein. Es gilt auch, die kommerzielle Ausrichtung versus kommunale Grundversorgung abzuwägen.
Angebotsprogramm
Im nächsten Schritt werden die anzubietenden Bausteine grob definiert. In einem Bad werden z. B. die anzubietenden Becken und Badeangebote festgelegt.
Funktionalität
Dann werden die funktionalen Abläufe für den Gast (Weg des Gastes) und den Betrieb in einem Funktionsschema aufgezeigt.
Dimensionierung
Um das detaillierte Raum- und Flächenprogramm erstellen zu können, müssen die Mengengerüste erarbeitet werden. Wie viele Besucher werden die Sportanlage über das ganze Jahr nutzen, wie viele gleichzeitig in welchen Bereichen? Wie viele Parkplätze werden benötigt?
Detailliertes Raum- und Flächenprogramm
Eines der zentralen Ergebnisse der Machbarkeitsstudie ist das detaillierte Raum- und Flächenprogramm, das für die architektonische Planung benötigt wird. Hier wird jeder Raum in Größe und Funktionalität beschrieben.
Investitionskostenschätzung
Auf Basis des Raum- und Flächenprogramms kann dann eine erste grobe Investitionskostenschätzung vorgenommen werden. Dies geschieht in der Regel über Richtkostenwerte (z. B. €/m³ umbauter Raum oder €/m²). Wenn hierbei schon zu große Investitionskosten ermittelt werden, muss das Projekt redimensioniert oder nach effizienteren Lösungswegen gesucht werden, bevor Planungs- und Umplanungskosten entstehen.
Wirtschaftlichkeitsprognose
Auf Basis der Projektkonzeption wird eine realistische Wirtschaftlichkeitsprognose erarbeitet, die zusammen mit der Investitionskostenschätzung die Grundlage für die Finanzierungs- und Betreiberfragen bildet.
Wie diese Beschreibung der Konzeptionsphase/Machbarkeitsstudie zeigt, handelt es sich hierbei um ein umfassendes und interdisziplinäres Werk, das für den weiteren Projektfortschritt essentiell ist. Werden diese Arbeiten nicht vorgängig gemacht, müssen sie später nachgeholt werden. Der Vorteil der vorgängigen Bearbeitung ist, dass man für das weitere Vorgehen die notwendige konzeptionelle Sicherheit bekommt und nicht mehrjährige Ehrenrunden drehen muss.
Konstitution
Aufgrund des hohen Finanzbedarfs und der Komplexität von Sportanlagen stellt diese Phase eine große Hürde dar, die gerade in ihrem Zeitbedarf oftmals unterschätzt wird.
Trägerschaftsmodell
In der Vergangenheit war es relativ klar: Die Bauverwaltung der Gemeinde hat das Projekt als Bauherr im Rahmen einer Einzelvergabe mit privaten Planern und Unternehmen realisiert und hinterher durch die Schule oder das Sportamt betreiben lassen.
Heutzutage werden oft auch andere Modelle gesucht. Grundsätzlich gilt: Je größer und kommerzieller eine Sportanlage ist, umso eher kann die Einbindung privater Akteure sinnvoll sein. Das kann beim Betrieb durch einen Privaten beginnen, die Bauphase durch Generalunternehmer oder Generalübernehmer einschließen und im weitesten Fall auch die (Teil-) Finanzierung durch private Eigentümer umfassen.
Finanzierung
Eine private Finanzierung (oft als PPP-Modelle inkl. Planung, Bau und Betrieb) ist nur in Einzelfällen möglich und sinnvoll. Daher ist bereits vor der Konzeption die Verfügbarkeit verlorener Zuschüsse zu prüfen (auch von übergeordneten Institutionen in den Bereichen Sport, Tourismus und Denkmalschutz). In der Regel liegt die Haupt- oder Gesamtlast der Finanzierung bei der Gemeinde. Bevor also Traumschlösser entwickelt werden, sollten die finanziellen Möglichkeiten geprüft werden.
Projektorganisation
Die Projektorganisationen für den Bauablauf werden heute oftmals zu kompliziert aufgebaut. In diesen Projektorganisationen sind die Verantwortlichkeiten häufig so aufgesplittet, dass sich letztlich niemand mehr für den Verlauf des Projektes verantwortlich fühlt. Dies ist für den Projektverlauf und das Ergebnis schädlich. Wichtig ist, dass die Rollenverteilung immer klar geregelt bleibt: Der Bauherr und der Betreiber sind für den Inhalt der Sportanlage verantwortlich.
Der Architekt ist für die Gestaltung des Gebäudes (innen und außen) sowie die Koordination der Fachplaner verantwortlich. Falls ein zusätzlicher Projektsteuerer hinzugezogen wird, ist dieser für den Verfahrensablauf sowie in der Regel für die Kosten- und Terminkontrolle verantwortlich. Und nicht, wie das im Alltag häufig geschieht, dass der Architekt den Inhalt bestimmt, der Betreiber nach Einsparungsmöglichkeiten im Bauablauf sucht und der Projektsteuerer dem Architekten in die Gestaltung reinredet.
Planerauswahl
Heutzutage unterliegt ein Großteil der durch die öffentliche Hand zu vergebenden Leistungen den Ausschreibungsregularien. Die heute gängigen Ausschreibungsverfahren selektieren oftmals:
Beides ist natürlich nicht wünschenswert. Es wäre besser, wenn die Erfahrung und Qualität der spezialisierten Fachplaner gesucht würde. Dies ist bei der Gestaltung des Ausschreibungsverfahrens zu berücksichtigen.
Architektenwettbewerb
Wird ein Architektenwettbewerb durchgeführt, ist in Vorprüfung und Preisgericht den betrieblich-funktionalen Aspekten ebenso Rechnung zu tragen wie den ästhetischen. Hierfür braucht es eine sportanlagenspezifische Fachbegleitung durch erfahrene Spezialisten für den entsprechenden Anlagentyp.
Zeitplan
Schließlich sollte ein grober und realistischer Terminplan bis zur Eröffnung entwickelt werden. Wenn dieser zu knapp angesetzt wird, wird in der Planungs- und Bauphase oftmals flüchtig gearbeitet. Wenn das Projekt in der Konstitutionsphase auf solide Beine gestellt worden ist, kann endlich mit der Planung begonnen werden.
Planung
Gerade am Beginn der Planungsphase muss genügend Zeit für den Vorentwurf respektive die Überarbeitung des Wettbewerbsbeitrags eingeräumt werden. Hierbei muss der Ball zwischen Betriebsfachleuten und Architekt oft über mehrere Wochen oder sogar Monate hin und her gespielt werden. Dabei geht es um die Projektoptimierung, sodass die in der Konzeptionsphase aufgezeigten Ziele und Funktionalitäten auch wirklich im Architekturprojekt abgebildet werden.
Im weiteren Projektverlauf werden potentielle Zielkonflikte (finanziell, baulich, technisch, ästhetisch, betrieblich) transparent gemacht und im Dialog aller Beteiligten ein Optimum gefunden. Sparmaßnahmen müssen vor allem am Anfang des Projektes gefunden werden, in der Endphase kann nur noch an der Gäste-Oberfläche (Innengestaltung, Ausstattung) gespart werden. Dies ist unbedingt zu vermeiden.
Bau
In der Bauphase sollte genügend Zeit für Ausschreibungen und Verhandlungen vorgesehen werden. Je größer der Zeitdruck, umso schlechtere Preise werden realisiert. Bei Vergabe an einen Generalunternehmer müssen erhöhte Anforderungen an die Planungstiefe gestellt werden (endgültige Definition des Inhalts und der Qualitäten). Jede Lücke ist teuer über Nachträge zu bezahlen.
Eine gute Bauleitung ist essentiell für die umgesetzte Gebäudequalität, die effektiven Baukosten und die Einhaltung des Terminplans. Für Letzteres muss sie immer den kritischen Pfad im Blick haben.
Der Probebetrieb und das Einregulieren der Anlage dürfen nicht zu kurz kommen. Sonst ist die Anlage nach Eröffnung nicht richtig funktionsfähig. Wünschenswert ist zudem, dass ein möglichst großer Teil der Mängelbeseitigung bereits vor Eröffnung erfolgt ist.
Betrieb
Das Preopening Management (betriebliche Tätigkeiten bis zur Eröffnung der Sportanlage) sollte je nach Projekt ca. 6 – 12 Monate vor der Eröffnung beginnen. Die Intensität des Preopening Managements hängt erheblich davon ab, ob es sich um eine Sanierung/ Attraktivierung oder einen Neubau handelt.
Die zunehmende Kommerzialisierung und Dynamisierung der Gesellschaft und damit auch der Sportwelt verlangt ein professionelles und marktorientiertes Management. Sportanlagen sollen durch optimale Auslastung möglichst vielen Nutzern offen stehen. Nur so werden die gesundheitlichen und gesellschaftspolitischen Ziele auch wirklich erreicht. Deshalb sollten nicht getrennte Sportanlagen für jede Sportart gebaut werden, sondern die vorhandenen Sportanlagen für viele verschiedene Sportarten zu möglichst langen Öffnungszeiten genutzt werden können.
Das Management von Sportanlagen muss sich auf der Kostenseite auf die wichtigsten Kostenblöcke konzentrieren: Personal, Energie/Wasser/Abwasser und Unterhalt.
Das größte Wirtschaftlichkeitspotential liegt in der Regel auf der Einnahmenseite. Die öffentliche Hand führt meist keine Profit- Center-Rechnung für ihre Sportanlagen, welche Kostentransparenz herstellt. Den meis-ten Nutzern werden keine oder viel zu geringe Nutzungsgebühren verrechnet. Da-
Fazit
Es kann nicht stark genug betont werden, dass Sportanlagen Betreiberimmobilien sind und die Betriebskosten normalerweise die Investitionskosten über den gesamten Lebenszyklus erheblich übersteigen. Darum gilt es für jede Projektphase die Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen:
1. Konzeptionsphase
4. Betriebsphase
– professionelles und dynamisches Manage- ment für das bestmögliche Betriebsresul- tat.
Die Realisierung von Sportanlagen ist kein einfacher Prozess und muss deshalb professionell gemanagt und von erfahrenen Fachleuten begleitet werden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die richtige Reihenfolge der Vielzahl notwendiger Schritte die Erfolgschancen eines Sportanlagenprojektes erhöht, bessere Ergebnisse bringt und viel Zeit durch das Verhindern von Ehrenrunden spart. Das konsequente Abarbeiten jeder einzelnen Projektphase schafft Sicherheit für den nächsten Schritt. Einen schnellen und einfachen Weg für so komplexe Projekte wie Sportanlagen gibt es leider nicht, auch wenn es oftmals verlockend ist, eine „Abkürzung“ nehmen zu wollen.