Der eine geht, der andere nichtAm Lützowplatz in Berlin verschwindet ein wichtiges Stück IBA
Ein Jubiläum hätte die Wohnanlage am Lützowplatz in Berlin beinahe feiern können: Was allerdings 1983/84 als Sozialer Wohnungsbau mit Vorzeigecharakter entstand und damals von mehr als 200 Mietern aus zahlreichen Nationen bezogen wurde, endete zum Teil eben vor Erreichen der 25 Jahre, die den Zeitraum eines Jubiläums ausmachen. Die im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA 1984/87 nach Entwürfen des verstorbenen Oswald Mathias Ungers errichteten Wohnbauten am Berliner Lützowplatz werden seit Juni 2008 sukzessive abgerissen, betroffen sind bereits die Nummern 20 und 23, Stadtvillen im Schutz der Wohnscheibe zum autoverkehrlauten Platz.
Verantwortlich für den Abriss ist das Münchener Industriebauunternehmen Dibag GmbH, welches den Erbpachtgrund mit den Häusern darauf 1998/2001 gekauft hatte und von diesem Zeitpunkt an den Wohnungsbau mit sichtbaren, bautechnischen Mängeln dem Verfall aussetzte. Es gab Klagen und Gegenklagen, die Stadt Berlin schwieg ebenso wie auch der Architekt, der immerhin Baumängel zugab. Das Bezirksamt Mitte machte schließlich den Weg zum Abriss frei, indem es mit der Dibag einen Durchführungsvertrag über das Neubauvorhaben abschloss.
Das Ungers-Ensemble zeichnet sich heute noch durch seine städtebauliche Setzung zu Platz und Blockinnerem aus. Jede der 80 bis 110 m² großen, teils Maisonette-Wohnungen, hat eine 30 m² große, nach hinten gelegene Terrasse oder Zugang zu einem privaten Dachgarten.
Da der Wohnungsbau – der renovierungsbedürftig ist – nicht mehr den Ansprüchen an gehobenen Wohnstandard entspricht, also unretabel wurde, wird er abgerissen. Unterschutzstellung kommt, angesichts seines jungen Alters, nicht infrage. Auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hin, welche Möglichkeiten der Senat zur Erhaltung der Anlage sieht, kam die knappe Antwort: „Der Senat sieht keine Möglichkeiten.“ (Abgeordnetenhaus Berlin – 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 10 632). Wie auch, der Abriss war mit dem Verkauf beschlossene Sache. Be. K.