Die Baustelle der Zukunft

Noch hat die Baustelle der Zukunft keine Adresse. Geht man den von den Gastgeber:innen beschriebenen Schotterweg entlang der Aachener Bahngleise bis zum Schluss, erwartet einen sichtbar weniger als gedacht. Doch nach den ersten Gesprächen ist klar – hier werden wichtige digitale Fragen von Morgen angegangen.

Seit zwei Jahren betreibt das Center Construction Robotics (CCR) in Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären Wissenschaftsteam der RWTH Aachen und einem europäischen Industriekonsortium eine Referenzbaustelle, die erste ihrer Art in Europa. Hier werden neue Bauprozesse, Bauprodukte, vernetzte Maschinen, der Einsatz von Robotern, Softwarelösungen sowie Lehr-, Arbeits- und Kommunikationskonzepte unter realen Baustellenbedingungen erprobt.

Prof. Dr. Sigrid Brell-Cokcan, Lehrstuhlinhaberin für Individualisierte Bauproduktion und Mitini­tiatorin des CCR beschreibt die aktuelle Situation im Bauwesen mit einem alltäglichen Dilemma: „Jeder macht heute mit seinem Handy fünfzigtausend Bilder und eigentlich brauchen wir nur drei.“ Das CCR erforscht die digitalen Prozesse im Bauwesen von der Planung über die Produktion bis zur Realisierung. Vom Handwerk über die Robotik bis hin zur Automatisierungstechnik werden alle Schritte so aufbereitet, dass sie den gesamten Prozess nahtlos dokumentieren, kommende Arbeitsschritte vorhersehen und optimieren. Erfahrungswerte werden gespeichert und für nachfolgende Projekte zur Verfügung gestellt. Die digitale Planung allein ist keine nachhaltige Lösung, wenn die Baubranche nicht genauso exakt erfasst, was in der Realität – von der Herstellung einzelner Bauelemente bis zur Instandhaltung eines Gebäudes – verbaut wird.

Die Ergebnisse der Referenzbaustelle wurden während der Festwoche „Open minds meet open campus“ im Juli präsentiert. Digitale Zwillinge bspw. sind auf dieser Baustelle nicht mehr nur ein Daten-Repräsentant von einzelnen Elementen oder Gebäuden. Mit ihrer Hilfe lässt sich das Zusammenarbeiten der verschiedenen Akteure theoretisch durchspielen, bevor sie umgesetzt werden. Denn nur ein Modell, dass sich gleichsam lernend entwickelt, kann eine realistische Abbildung und nachhaltige Baudokumentation für nachfolgende Projekte werden. Während die Produktionstechnik bereits strukturiert arbeitet, bauen wir auf der Baustelle noch sehr situationselastisch. Das Potenzial ist im Vergleich zu anderen Industriezweigen enorm, kann aber nur durch gegenseitiges Ver- und Zutrauen unter allen Mitwirkenden gehoben werden.

Wir nutzten unseren Baustellenbesuch zu einem Podcast mit Helga Kühnhenrich vom BBSR, den Sie auf DBZ.de anhören können. M. S.

www.construction-robotics.de
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