Ensemble Honsell- und Osthafenbrücke, Frankfurt/Main

Doppelter Brückenschlag
Honsell- und Osthafenbrücke, Frankfurt a. M.

Mit der Ansiedlung der EZB im Frankfurter Osten erhielt dieser einen beachtlichen Entwicklungsimpuls. Eine schon seit Jahrzehnten hier projektierte Mainquerung wurde nun realisiert. Gleichzeitig konnte die daran anschließende über 100-jährige Honsellbrücke vor dem Abriss gerettet und saniert werden.

Im Jahre 1910 wurde der Frankfurter Osthafen auf der Nordseite des Mains angelegt. In dieser Zeit entstand auch die Honsellbrücke mit ihren gedrungenen Rundbögen. Sie überspannt die Hafeneinfahrt fast parallel zum Main und verbindet den östlichen Molenkopf mit der Innenstadt. Schon damals war vorgesehen, den Hafen auch über den Main hinweg an Offenbach anzuschließen. Es gab jedoch keine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür, weshalb fast 100 Jahre lang nichts geschah. Mit dem Entscheid der Europäischen Zentralbank (EZB), sich im Frankfurter Osten anzusiedeln, gewann dieses Vorhaben jäh an Bedeutung und 2007 wurde ein interdisziplinärer Realisierungswettbewerb dafür ausgelobt. Darin war gefordert, dass sich Teams aus Architekten, Ingenieuren, Städtebauern und Landschaftsplanern als Entwurfsteams zusammenfinden. Aufgrund der Hafeneinfahrt und der Kurvenradien von Schubschiffen musste die neue Brücke strompfeilerfrei sein und dazu eine lichte Höhe von mehr als 6,40 m oberhalb der 100-jährigen Hochwassermarke aufweisen. Nicht vorgegeben waren die Art der Brücke, ihre genaue Position sowie ihr Flussquerungswinkel. Dies führte zu einer bemerkenswerten Entwurfsbandbreite, bei der jedoch markante Pylon-Lösungen vorherrschten.

Design durch Städtebau

Den Wettbewerb gewann eine Arbeitsgemeinschaft aus dem Architekten und Stadtplaner Ferdinand Heide sowie dem Ingenieurbüro Grontmij. Sie setzten sich mit einer klassischen Stabbogenbrücke durch, die allerdings gekreuzte Hängeseile und zwei merklich zueinander geneigte Rundbögen aufweist. Die Form hat Architekt Heide aus dem städtebaulichen Umfeld abgeleitet, das für ihn vor allem die beiden benachbarten Brücken darstellten: zum einen die erwähnte Honsellbrücke und zum anderen die Deutschlandbrücke, eine rund 300 m stromabwärts gelegene Eisenbahnquerung des Mains. Der Planer begreift den neuen Brückenschlag als das neue östliche Entree der Stadt für die Schifffahrt, ferner gilt die Stadtsilhouette vom dortigen Südufer aus gesehen als besonders attraktiv, da ausgesprochen kompakt.

Dieses Panorama sollte durch eine Brücke segmentiert werden, weshalb die Planer auch auf einen vorspringenden Brückenkopf am Südufer verzichteten. Gefordert war ein strompfeilerfreies Profil von 150 m Breite. Heide und sein Team beschlossen, dieses noch einmal um 25 m zu verlängern, um auch die sehr beliebte Uferaue vollständig zu überspannen. Mit einem schlichten „Deckeln“ der Aue wäre aber ein ausgesprochen unattraktiver Bereich unterhalb der Brücke Im Jahre 1910 wurde der Frankfurter Osthafen auf der Nordseite des Mains angelegt. In dieser Zeit entstand auch die Honsellbrücke mit ihren gedrungenen Rundbögen. Sie überspannt die Hafeneinfahrt fast parallel zum Main und verbindet den östlichen Molenkopf mit der Innenstadt. Schon damals war vorgesehen, den Hafen auch über den Main hinweg an Offenbach anzuschließen. Es gab jedoch keine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür, weshalb fast 100 Jahre lang nichts geschah. Mit dem Entscheid der Europäischen Zentralbank (EZB), sich im Frankfurter Osten anzusiedeln, gewann dieses Vorhaben jäh an Bedeutung und 2007 wurde ein interdisziplinärer Realisierungswettbewerb dafür ausgelobt. Darin war gefordert, dass sich Teams aus Architekten, Ingenieuren, Städtebauern und Landschaftsplanern als Entwurfsteams zusammenfinden. Aufgrund der Hafen­einfahrt und der Kurvenradien von Schubschiffen musste die neue Brücke strompfeilerfrei sein und dazu eine lichte Höhe von mehr als
6,40 m oberhalb der 100-jährigen Hochwassermarke aufweisen. Nicht vorgegeben waren die Art der Brücke, ihre genaue Position sowie
ihr Flussquerungswinkel. Dies führte im Wettbewerb zu einer bemerkenswerten Entwurfsbandbreite, bei der jedoch markante Pylon-Lösungen vorherrschten.
Design durch Städtebau
Den Wettbewerb gewann eine Arbeitsgemeinschaft aus dem Architekten und Stadtplaner Ferdinand Heide sowie dem Ingenieurbüro Grontmij. Sie setzten sich mit einer klassischen Stabbogenbrücke durch, die allerdings gekreuzte Hängeseile und zwei merklich zuein-ander geneigte Rundbögen aufweist. Die Form hat Architekt Heide aus dem städtebaulichen Umfeld abgeleitet, das für ihn vor allem
die beiden benachbarten Brücken darstellten: zum einen die erwähnte Honsellbrücke und zum anderen die Deutschlandbrücke,
eine rund 300 m stromabwärts gelegene Eisenbahnquerung des Mains. Der Planer begreift den neuen Brückenschlag als das neue östliche Entree der Stadt für die Schifffahrt, ferner gilt die Stadtsilhouette vom dortigen Südufer aus gesehen als besonders attraktiv, da ausgesprochen kompakt.

Dieses Panorama sollte durch eine Brücke segmentiert werden, weshalb die Planer auch auf einen vorspringenden Brückenkopf am Südufer verzichteten. Gefordert war ein strompfeilerfreies Profil von 150 m Breite. Heide und sein Team beschlossen, dieses noch einmal um 25 m zu verlängern, um auch die sehr beliebte Uferaue vollständig zu überspannen. Mit einem schlichten „Deckeln“ der Aue wäre aber ein ausgesprochen unattraktiver Bereich unterhalb der Brücke entstanden, weshalb man dies mit knapp 1,80 m breiten Trennfugen formal auflöste. Diese öffnen markante Spalte zwischen den Gehwegen und der Fahrbahn. Etwa alle 7 m laufen Querträger durch sie hindurch, welche die drei Brückenkörper in Querrichtung miteinander verbinden. Gleichzeitig bilden diese Wechsel in Fugenmitte die Ankerpunkte zur Aufnahme der gekreuzten Hängeseile. Konstruktiv wäre auch eine vertikale Anordnung möglich gewesen, doch der Architekt wollte mit der Seilschar eine in der Skyline wahrnehmbare urbane Grenzschicht definieren.

Das Optimierungsspiel

Gerne bezeichnet Ferdinand Heide das Finden der Brückenform als ein Optimierungsspiel, dessen treibende Kräfte einerseits eine Kostenreduzierung durch Materialminimierung und andererseits die schlüssige Umsetzung formaler Ideen waren. So war es ein langwieriges Abwägen, wie viele Hängeseilpaare genommen wurden. 96 sind es schließlich geworden; eine höhere Anzahl wäre möglich gewesen (dünnere Querschnitte, dafür mehr Knotenpunkte), aber auch eine
erheblich kleinere. Die Seile sind mit 65 mm relativ schlank ausgefallen, bilden aber durch die kreuzweise Anordnung die gewünschte Grenzschicht. Dadurch, dass man obendrein diese in ihren Knotenpunkten miteinander verband, konnte ein dämpfender Effekt erreicht werden, weshalb der Fahrbahnkörper etwas schlanker ausfallen konnte. Tatsächlich attestiert Heide der iterativen Planung, die er und das Statikbüro Grontmij betrieben, eine spielerische Note. Wenn etwa die Ingenieure eine Idee hatten, wie man 20 t Stahl zusätzlich einsparen konnte, analysierten die Architekten diesen Vorschlag auf seine formale Qualität. Auf diese Weise fielen die Baukosten um 20 % günstiger als der veranschlagte Preis aus.

Materialminimierung

Auch durch das Einbringen zahlreicher Leerrohre in die Ortbetonfahrbahn konnte effektiv Material und Gewicht gespart werden. Primär ging es den Architekten um eine rohrtrassenfreie Brückenuntersicht. In der Regel müssen zahlreiche Medien, dazu Strom, Gas, Wasser sowie die Brückenkanalisation mit integriert werden. Hier sind 15 Leerrohre in die im Schnitt 30 cm dicke Ortbetonschicht der Fahrbahn eingepasst worden, eine Anzahl, die sich im Gesamtgewicht bemerkbar macht. Die Deckenkonstruktion erforderte diese Stärke, da sie ein seitliches Drainagegefälle aufweisen muss. Das Regenwasser fließt in Gullys ab, wird dort aufgefangen und in die städtische Kanalisation eingeleitet. In Deutschland ist es unzulässig, einen Brückenkörper in den Fluss darunter zu entwässern, weshalb die Planer auch für die Gehwege eine drainierte Fläche schufen, die aus einer trapezblechartigen Stahlkonstruktion mit beschichteter Oberseite besteht. Diese Beschichtung sorgt sowohl für die geforderte Rauheit wie auch für den Korrosionsschutz.

Einschwimmen

Die sperrigen Brückenbauteile sollten nicht auf dem Landweg angeliefert werden, sondern verständlicher­weise per Schiff. So wurde nach einem Stahlbauer als Hauptauftragnehmer gesucht, der seinen Sitz einerseits nahe an einer Wasserstraße hat und der zudem von seiner Größe her in der Lage ist, diesen Auftrag zu erfüllen. Die Max Bögl Bauunternehmung entsprach diesen Vorstellungen, da ihr Firmensitz bei Neumarkt in der Oberpfalz am Rhein-Main-Donau-Kanal liegt. Gefertigt wurden dort zunächst rund 50 m lange Bauteile, die dann
in zwei Fahrten nach Frankfurt verschifft wurden. In den dortigen Werkstätten konnten die Elemente mit einer deutlich höheren Präzision als vor Ort vorgefertigt werden. Dabei wurden sie bis an die späteren Fügestellen
lackiert und – soweit dies schon möglich war – durch den TÜV Rheinland begutachtet und freigegeben.

Entladen wurden die Elemente etwas unterhalb des späteren Brückenstandortes auf einem 200 m langen Baufeld am Nordufer des Mains zwischen der Hafeneinfahrt und der Deutschlandbrücke. Hier wurden die drei Bogensegmente und die vier Fahrbahnelemente „auf dem Trockenen“ zu einer Einheit zusammengefügt. Die Schlosser montierten vier zusätzliche vertikale Stützen, die statisch beim folgenden „Einschwimmen“ erforderlich waren. Dazu war es unumgänglich, die Mainschifffahrt in diesem Bereich für fünf Tage voll zu sperren.

Zunächst wurde mit einem speziellen Schwertransporter die in diesem Zustand 230 t schwere Rohbaukonstruktion quer zur Flussrichtung gedreht und dann auf zwei große Schwimmpontons verschoben. Mit zahlreichen Seilwinden, die auf beiden Flussseiten verankert waren, wurde dann die Brücke in ihre finale Position gezogen. Nun ließ man die Luft in den Pontons ab und die 175 m lange Mainquerung konnte präzise in ihre vorgesehenen Auflager abgesenkt werden. Danach konnten die Montagestützen entfernt und die Seile angebracht werden. Im Anschluss brachte man den Ortbeton der Fahrbahn ein, dessen Schalung „an Land“ vormontiert war. Diese hölzernen Tafeln waren mit vertikalen Bolzen von unten an vorkragende Stahllaschen fixiert. Nach dem Aushärten des Betons wurden diese gekappt, die Schaltafeln entfernt und die hervorstehenden Stiftreste abgeschnitten. Schließlich montierte man die Geländer und teerte die Fahrbahn.

Honsellbrücke

Die Formgebung der Osthafenbrücke gründet sich auf die unmittelbar daran anschließende Honsellbrücke. Kurz nach dem Wettbewerb kam ein Gutachten im Auftrag der Stadt Frankfurt zu dem Schluss, dass die 100 Jahre alte Brücke nicht mehr sanierungsfähig sei und nur abgerissen werden könne. Dies konnte der Architekt Ferdinand Heide nicht akzeptieren und belegte mit einem eigenen Entwurf, dass mit einem ungewöhnlichen Eingriff diese und damit das gesamte Ensemble zu retten wäre: Er schlug schlicht eine Aufdopplung der alten Rundbögen vor. Die ebenfalls neue Fahrbahn hängte er von den hinzugefügten Rundgurten mittels vertikaler Stabscharen jeweils vor und hinter den Bestandbögen ab. Der Effekt ist nicht ohne Reiz: Als Nutzer der Brücke nimmt man primär das historische Stahlfachwerk wahr und kaum den eng daran anschließenden Bogen darüber, der die überwiegende Last trägt. Fast ist es ein wenig bedauerlich, dass nicht die Sanierung der Honsellbrücke den diesjährigen Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaus erhalten hat, sondern – neben anderen – eben die Osthafenbrücke. Tatsächlich erscheint das gesamte Ensemble noch preiswürdiger! Robert Mehl, Aachen

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