Ein Eiermann weniger
Taschentuchweberei Blumberg vor Abriss

Gebaute Architektur hat oft den Nachteil, das sie nicht alterungsfähig ist; insbesondere dann, wenn sie für einen bestimmten Zweck gebaut wurde. Der Euphorie der Nachkriegsjahre, die auch von einem Nullpunkt-Wunsch­denken gesteuert war, entsprangen Zweckarchitekturen, die vorallem das eine sein wollten: Neuanfang. Für Egon Eiermann war dieser Neuanfang allerdings eher die Fortsetzung eines durchaus opportunistischen Forschens zum Thema Industriebau schon in den Dreißiger Jahren, wobei sein Hauptinteresse der Einfachheit der (offenen) Konstruktion, dem Leichtbau, der Vorfertigung etc. galt.

Ein frühes Beispiel dieser Zweck- und Funktionsforschungen ist die Taschentuchweberei im badischen Blumberg. Fertiggestellt 1950 an der Winklerstraße, galt die Fabrik als vorbildlich in der Zusammenführung von Konstruktion, Form und Funktion; wofür sie 1969, also fast zwanzig Jahre nach Indienstnahme mit dem erstmals verliehenen Hugo-Häring-Preis ausgezeichnet wurde.

Bis in die Achtziger Jahre wurde in dem langgestreckten Hallenbau mit flachem Satteldach Tuch produziert, dann war Schluss. Der mittlerweile unter Denkmalschutz stehende Komplex steht seit 1995 leer, ein jüngerer Parallelbau ist bereits abgerissen. Nun soll auch die 2. Fabrikhalle verschwinden, die die Schweizer Architekturzeitschrift „Werk“ 1952 „zum Besten, was Westdeutschland seit dem Kriege an Bauten hervorgebracht hat“ rechnete. Nachdem die Denkmalbehörde beim Regierungspräsidium Freiburg ihre Zustimmung gab und nun auch die geforderte Dokumentation des Gebäudes erstellt wurde, hat das Landratsamt in Villingen-Schwennin­gen die Abrissgenehmigung ausgesprochen. Jetzt fehlt nur noch ein Investor, der den Abriss finanziert und für das Gelände eine (Gewerbe) Nachnutzung vermarktet; vis-a-vis den hier schon errichteten beliebigen Fachmärkten. Blumbergs Bürgermeister wirbt jedenfalls kräftig: In der ganzen Stadt gebe es keine Parkgebühren und es gebe auch keine Staus, wie in anderen Gewerbegebieten, wo man länger benötigt, einen Parkplatz zu finden, als der Einkauf dauert. – Na dann, frohes Shoppen demnächst. Be. K.

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