Energetisch gedacht
Coop Himmelb(l)au entwirft Energiedach für Perugia/I

In Italien fühlt er sich Zuhause. Vielleicht, weil es von Wien aus nicht so weit weg ist. Vielleicht, weil Wolf Prix sich jährlich zur Biennale (Kunst/Architektur) in die Lagunenstadt aufmacht. Im vergangenen Jahr nun hat sich ­Italien gleich zweimal den Wienern zugewandt – und sie diesem. Einmal wurde Coop Himmelb(l)au für den Bau des Kunstmuseums „Strongoli“ in Strongoli, Kalabrien, beauftragt, dann für das Projekt „Wandern durch die Geschichte“. Beide Projekte – so unterschiedlich ihre Intention und Größe, ihre Kom­plexität und ihr Umfeld auch sind – gleichen sich in der Freiheit der Formenwahl, der Cloud-Ikonologie, um welche sich die Wiener zunehmend oft bemühen. Die eine Wolke hockt auf der abgeflachten Spitze des „Motta Grande“ und will augenscheinlich gen Ionisches Meer davonsegeln. Die andere senkt sich in die Via Guiseppe Mazzini im Stadtzentrum Perugias wie eine transluzente Nebelbank ins Tal.

Ausgangspunkt des Projektes in Perugia ist ein universitärer Forschungsauftrag, dessen Ziel die Entwicklung der Stadtkrone von Perugia ist. Die architektonische Arbeit ist Teil dieses Forschungsprojektes. Das „Energy Roof“ markiert den Eingang zur geplanten archäologischen Untergrundpassage, die durch die Geschichte von Perugia führt. Neben der Dacharchitektur umfasst der Vorschlag von Coop Himmelb(l)au auch die Freilegung ­historischer Fundamente und ihre Inte­gration in die Ausstellung, die einen Abriss der Geschichte von Perugia darstellt.

Das Wolkendach besteht aus einer energieerzeugenden Schicht, einem Tragwerk (B+G Ingenieure, Bollinger und Grohmann GmbH, Frankfurt a. M.) sowie einer Kombination aus Verbundsicherheitsverglasung und transluzenten, pneumatischen Kissen. Der Wind- und Sonnenenergiefänger versorgt die unterirdische Ausstellungslandschaft mit Licht und Luft und elektrischer Energie (gerechneter Jahresertrag: 100 MWh).

Das Dachtragwerk ist rund 80 m lang und wird im Zentrum von einem Dreibein getragen. Um Kippbewegungen und Verdrehungen im Bereich des Dreibeins zu vermeiden, wird die Konstruktion über Zugseile an beiden Seiten stabilisiert. Diese werden im Bereich der Straße fixiert und demzufolge werden keine Lasten in die historischen Gebäude abgeleitet.

Am 20. März 2009 hielt Wolf Prix an der Universität in Perugia eine Lekture, am 26. März 2009 gab es den Zuschlag; das Timing ist perfekt, die Animationen auch, jetzt hoffen wir auf perfekte Umsetzung; Perugia, die Schöne, hätte es verdient. Be. K.


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