Energetische Gebäudesanierung durch Innendämmung -
Alternative zur Außendämmung
im Gebäudebestand
im Gebäudebestand
Im Gebäudebestand ist das Anbringen einer Außendämmung aus verschiedensten Gründen, wie z. B. bei Denkmalschutz der Fassade, oft nicht möglich. In diesem Falle sind leistungsstarke Innendämmsysteme gefragt. Aus bauphysikalischer Sicht ist die Anordnung von Dämmschichten an der Außenseite (Außendämmung) selbstverständlich vorzuziehen. Außendämmung, ausgebildet als Wetterschutz, ist gutmütig und fehlertolerant, reduziert i. d. R. den Feuchtegehalt im Mauerwerk, minimiert das Problem der Wärmebrücken und ermöglicht die Nutzung des Mauerwerks als Wärmespeicher. Bei Neubauten kann die Außendämmung meist problemlos in die Planung integriert werden. Die Innendämmung ist bauphysikalisch komplizierter und anspruchsvoller, Fehler in Planung und Ausführung können insbesondere zu nachträglichen Feuchteschäden im Bauteil führen. Das gilt es zu vermeiden. Deshalb wurden von der Industriegruppe Gipsplatten (IGG) und der Knauf Gips KG in Zusammenarbeit mit einem kompetenten Institut Untersuchungen zu Innendämmsystemen in Trockenbautechnologie mit dem Ziel durchgeführt, dass mit diesen im Bestand übliche Außenwandkonstruktionen aller Bauepochen thermisch so ertüchtigt werden können, dass sie den Anforderungen der EnEV 2007 nicht nur entsprechen, sondern auch sicher in der bautechnischen Anwendung sind.(2) (3) (4) (5)Dabei wurden hygrothermische Simulationsberechnungen (instationäre Berechnung des gekoppelten Wärme- und Feuchtestroms im Außenbereich) mit dem Programmen WUFI, Vers. 4.0 IBP, unter Einbeziehung ungünstiger klimatischer Randbedingungen und Berücksichtigung von Feuchtetransportarten wie Diffusion, Oberflächendiffusion, Kapillartransport etc. sowie Untersuchungen zur Erfassung typischer Wärmebrücken in Bestandsgebäuden durch 2 D und 3 D FiniteElementSimulation durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Arbeiten werden nachfolgend bis hin zu konstruktiven Details für verschiedene Bestandssituationen vorgestellt.
Ausführungsarten von Innendämmungen
Aufgrund schneller und trockener Bauausführung sowie günstiger Ökonomie werden Innendämmmaßnahmen vorzugsweise in Trockenbauweise mit Gipsplatten nach DIN EN 520/ DIN 18 180 ausgeführt.
Ausführungsvarianten sind:
Ansetzen von Verbundplatten Die Verbundplatten bestehen aus Gipsplatten, die üblicherweise mit einer Dämmung aus Mineralwolle oder Polystyrol komplettiert sind. Diese müssen den Normen DIN EN 13 950 bzw. DIN 18 184 entsprechen. Je nach bauphysikalischen Anforderungen im Einsatzfall ist zwischen Gipsplatte und Dämmung eine diffusionshemmende Schicht (im Weiteren als Dampfbremse bezeichnet) angeordnet. Die Verbundplatten werden mittels eines Ansetzbinders an den Untergrund mit Batzen oder im Dünnbett „angeklebt“. Freistehende Vorsatzschalen Sie bestehen aus Gipsplatten, einer Unterkonstruktion, Dämmung und je nach bauphysikalischen Anforderungen aus einer Dampfbremse, welche zwischen raumseitiger Beplankung und Dämmstoff (i. d. R. Mineralwolle) angeordnet wird. Die Unterkonstruktion besteht vorzugsweise aus dünnen Metallprofilen. Sie wird freistehend vor der Außenwand montiert und muss damit „selbsttragend“ sein.
Direkt befestigte Vorsatzschalen Sie entsprechen im Aufbau den freistehenden Vorsatzschalen. Sie werden im Unterschied zu diesen jedoch punktuell an der Außenwand des Bestandsgebäudes befestigt, so dass „schwächere“ Profile eingesetzt werden können oder sehr hohe Ausführungen realisierbar sind.
„Geklebte“ Innendämmungen mit Verbundplatten sind raumsparende Systeme. Tragfähige und vorzugsweise ebene Oberflächen der Grundwand sind erforderlich. Bei Verwendung von Polystyrol als Dämmstoff besteht die Gefahr, dass die Schalldämmung der Grundwand verschlechtert wird. Innendämmsysteme mit Metallunterkonstruktionen sind variable Montagesysteme. Diese Systeme eignen sich nicht nur zur thermischen Sanierung, sondern verbessern sowohl die Schalldämmung (Direktschalldämmung, Längsschalldämmung) und den Feuerwiderstand der Grundwand. Es bestehen keine Anforderungen an die Oberflächenqualität der Grundwand.
Die thermische Qualität der Konstruktion wird hauptsächlich bestimmt durch die Wärmedämmeigenschaften des Dämmstoffs. Zur Reduzierung der Konstruktionsdicken geht insbesondere bei Innendämmungen der Trend zu Dämmstoffen mit geringer Wärmeleitfähigkeit (geringerer Verlust an Raumfläche), wobei jedoch das Preis-Leistungsverhältnis nach wie vor eine große Rolle spielt. Für Verbundelemente wird deshalb verstärkt „graues“ Polystyrol verwendet. Durch die Graphitzugabe sinkt die Wärmeleitfähigkeit (λ = 0,031...0,033 W/(mK)) um bis zu 20 % im Vergleich zu „weißem“ Polystyrol (λ = 0,035...0,040 W/(mK)).
Im Gegensatz dazu ist der Einsatz von Polyurethan (λ = 0,025...0,030 W/(mK)) oder von VakuumIsolationsPaneelen (vakuumverpackte „pyrogene“ Kieselsäure) mit λ = 0,004 W/(mK) aufgrund höherer Materialpreise nur Sonderanwendungen vorbehalten. Hochverdichtete Mineralwolleplatten (Typ WV, λ = 0,35...0,40 W/(mK)) werden in Verbundelementen insbesondere eingesetzt, wenn außer an den Wärmeschutz auch Anforderungen an die Verbesserung der Schalldämmung und des Feuerwiderstandes der Grundwand gestellt werden.
Für Innendämmungen mit Metallunterkonstruktion wird hauptsächlich Glaswolle in Form von Glaswollefilz (ρ ≈ 15 kg/m³; λ = 0,040 W/(mK)) verwendet. Alternativ ist auch der Einsatz von „ökologischen“ Dämmstoffen (Zellulosefaser, Holzfasern etc.), λ = 0,040... 0,050 W/(mK), möglich.
Bemessung nachträglicher Innendämmungen in Bestandsgebäuden
Um Innendämmungen attraktiver und einfacher in der Planung zu machen, wurde eine tabellarisch aufbereitete Bemessungstabelle (Tabelle 1), zugeschnitten auf Außenwände im Gebäudebestand Deutschlands, erstellt (3). Die durchgeführten Untersuchungen erfolgten anhand einer repräsentativen Auswahl üblicher Bestandswände aller Bauepochen.(7) (8)
Die Tabelle 1 gilt für folgende Randbedingungen:
• Außenwände im Geltungsbereich der angegebenen Materialien sowie λ-und U-Werte. Die üblichen Wanddicken liegen im Bereich von 250 – 500 mm. Sinnvoll ist eine Bestandsanalyse zur Definition der verwendeten Materialien und der Ableitung der ungefähren λ-Werte. Der vorhandene Wärmedurchgangswiderstand R kann dann überschlägig durch Division Bauteildicke (m) durch Wärmeleitwert λ (W/(mK)) und Addition der Wärmeübergangswiderstände Rsi (innen = 0,13 m²K/W) und Rse (außen = 0,04 m²K/W), also nach der Gleichung R = d/λ + 0,17 (m²K/W) ermittelt werden. Aus dem Reziprokwert (Kehrwert) ergibt sich der Wärmedurchgangskoeffizient (UWert in W/m²K).
• Außenwände müssen trocken sein (intakte horizontale und vertikale Sperrschichten) und über einen funktionstüchtigen Schlagregenschutz verfügen Dieser Schlagregenschutz kann bestehen aus: – Außenputz nach DIN 18 5501 – Verblendmauerwerk nach DIN 1053-1 – hinterlüftete Außenwandbekleidung nach DIN 18 5161 – regenabweisende, diffusionsfähige Beschichtungen; Ausnahmen an Außen-wänden mit Sichtmauerwerk und Sicht-fachwerk sind mit Fußnoten in der Tabelle gekennzeichnet.
• Bei Bestandswänden sind ggf. diffusionshemmende Luftschichten (z. B. Ölfarben ) zu beseitigen.
• Die Innendämmungen sind luftdicht ausgeführt.
• Die Konstruktionen bestehen aus 9,5 – 25mm dicker Gipsplattenbeplankung im Verbund mit dem angegebenen Wärmedämmstoff aus Polystyrol oder Mineralwolle, angesetzt mit Ansetzbinder aus Gips (max. Hohlraum 30 mm) oder in Verbindung mit einer Vorsatzschale mit Metallunterkonstruktion, eingestellter Wärmedämmung aus Mineralwolle und einer „stehenden“ Luftschicht zwischen Dämmung und Grundwand von max. 30 mm.
• Die Anwendung erfolgt in Gebäuden / Räumen mit „üblichen“ Innentemperaturen und normaler Feuchtebelastung.
In der Tabelle 1 können, zugeordnet zum jeweiligen Außenwandbestand, die jeweiligen Anforderungen an den Wärme- und Kondensatfeuchteschutz abgelesen werden. Im Einzelnen sind dies:
• Die Mindestdicke zur Erfüllung des Mindestwärmeschutzes nach DIN 4108-2 Achtung: Im Falle einer wärmeschutztechnischen Nachrüstung von Bestandswänden sollten zumindest diese Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz erfüllt werden, um Bauschäden zu vermeiden.
• Die Mindestdicke zur Erfüllung des energiesparenden Wärmeschutzes nach EnEV (Bauteilverfahren) Achtung: Die Energieeinsparverordnung ist eine öffentlichrechtliche Vorschrift mit uneingeschränkter Verbindlichkeit. Eine teilweise oder vollständige Befreiung von den Anforderungen der EnEV ist nur dann möglich (... und erforderlich), wenn bautechnische oder denkmalpflegerische Zwänge eine solche Maßnahme erfordern.
• Die erforderlichen wasserdampfdiffusionsäquivalenten Luftschichtdicken der Dampfsperren zwischen Wärmedämmung und Gipsplatte für beide Wärmedämmniveaus (DIN, EnEV). Die Bemessung der Dampfbremse ist jeweils abgestimmt auf die Beschaffenheit der Bestandswand (Dicke, Material, Stoffkennwert) und Dicke und Material der jeweiligen Wärmedämmung.
Drei Anforderungsniveaus werden dabei festgelegt:
–keine Dampfbremse (diffusionsoffene Klebeschichten sind vernachlässigbar), in Tabelle mit „Strich“ dargestellt
–Dampfbremse sd = 2 m (± 20 %), in Tabelle 1 mit ▲ hinter der Dämmstoffdicke gekennzeichnet
–Dampfbremse sd = 10 m (viel höhere Werte vermeiden, da Austrocknung nach innen sonst absolut verhindert wird), in Tabelle 1 mit ▲▲ in hinter der Dämmstoffdicke gekennzeichnet.
Aus der Tabelle 1 wird sichtbar, dass sich die Mindestdicken der Wärmedämmung nach DIN 41082 in den Bestandsgebäuden durch zusätzliche Dämmschichten von 10 – 40 mm und die Forderungen der EnEV durch zusätzliche Dämmschichten von 40 – 80 mm erfüllen lassen.
Besonders sorgfältig sind Innendämm-Maßnahmen bei Fachwerkaußenwänden mit Sichtfachwerk zu planen, um Feuchtigkeitsschäden in der besonders sensiblen Fachwerkskonstruktion zu vermeiden. Nach WTA-Merkblatt 8103 /D (9) sollte bei Innendämmungen die zusätzliche innere Wärmedämmung den Wert von Ri = 0,8 mK/W nicht überschreiten. Der Mindestwärmeschutz nach DIN 41082 wird damit erfüllt. Nach derzeitigen Erfahrungen können nach (10) max. 50mm Dämmstoffdicke (Mineralwolle, WLG 040) schadensfrei in Verbindung mit einer feuchteadaptiven Dampfbremse (um im Sommer bei witterungsbedingter Umkehrdiffusion eine maximale Austrocknung der Konstruktion zu erreichen) eingebaut werden. Diese Einschätzung liegt sogar noch etwas über dem Wert in der Tabelle 1 (40mm), wobei der Einsatz auf nicht schlagregenbelastetes Sichtfachwerk begrenzt ist.
Ausführungsdetails
Bei der Ausführung von Innendämmungen ist insbesondere auf die Vermeidung von Wärmebrücken durch eine durchdachte Ausbildung konstruktiver Details zu achten. Grundsätzlich gilt bei allen Ausführungsformen, dass der Wärmefluss durch „gut“ leitende Materialien im Stoßbereich zur dämmenden Wand durch Zwischenlage von Dämmstoffstreifen zu unterbrechen ist. Bereits der direkte Kontakt der Stirnflächen der Gipsplatten zur Außenwand bildet eine oft unterschätzte Wärmebrücke, wie an Abb. 1 (2) an einer Außenecke (Ecken sind wärmetechnisch besonders kritisch) sichtbar wird. In diesem Falle wurde die Dämmung mit einer Verbundplatte mit Dämmstoff der WLG 040 ausgeführt. Bei der Ausführung nach Sanierungsvariante B1b – die Gipsplatte hat Kontakt zum Mauerwerk – liegt die Oberflächentemperatur bei den durchgerechneten Mauerwerksvarianten gegenüber der Sanierungsvariante B1a mit durchgehender Dämmschichtebene bis zu 1,6 °C niedriger. Bei frei stehenden Vorsatzschalen sind zur optimalen Dämmung neben der zusätzlichen Anordnung von 10 mm Dämmstoff, z. B. aus Mineralwolle, zwischen Profil und Mauerwerk spezielle Wandinneneckprofile in den Eckbereichen einzusetzen (Abb. 2) (2).
Aus den Isothermenverläufen ist der Effekt der „Reduzierung der stoffbedingten Wärmebrücken“ durch diese Maßnahme deutlich ablesbar. Durch die Farbverlaufdarstellung von rot (warm) bis blau (kalt) wird der Temperaturverlauf im Bauteil und auf der Bauteiloberfläche dargestellt. Die orangefarbenen Bereiche liegen über 12,5 °C und die der roten über 15 °C.
Wärmetechnisch besonders kritisch sind in die Außenwand einbindende Massivbauteile wie Stahlbetondecken und Massivwände. Neben der thermischen Entkopplung durch Unterlegen von Dämmstreifen am Flankenbauteil ist es erforderlich, dass die einbindenden Bauteile, z. B. Innenwände oder Decken, zumindest im Anschlussbereich der Außenwand ebenfalls mit Dämmsystemen bekleidet werden. Ausführungsbeispiele zeigen die Abbildungen 3 und 4. Abb. 3 zeigt die konstruktive Lösung der Kreuzungspunkte Außenwand – massive Innenwand mit dem Dämmsystem „Direkt befestigte Vorsatzschale“. Die einbindende Innenwand sollte dabei im Bereich von mind. 500 mm gedämmt werden. Abb. 4 zeigt eine architektonisch ansprechende Variante der Ausbildung einer Dämmschicht an einer einbindenden Stahlbetondecke mit Dämmkeilen. Mit Dämmkeilabmessungen von 40 mm Dicke und 400 mm Breite, WLG 030, werden übliche Wärmebrücken „vollständig entschärft“. Bei Dämmkeilen mit geringem Gewicht ist eine einfache Montage durch Verklebung möglich.
Eine besondere Herausforderung für nachträgliche Innendämmungen ist aufgrund nicht ausreichender „Platzverhältnisse“ die ausreichende Dämmung von Innenlaibungen der Fenster. Dieses Problem ist gelöst durch den Einsatz von 10 – 20mm dicken Dämmstreifen mit niedriger Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,025 W/(mK) (z. B. kartonummanteltes Polyurethan), die an die Laibung mittels gipsgebundenem Kleber vollflächig verklebt werden. Abb. 5 zeigt einen solchen Anschluss in Verbindung mit „frei stehender Vorsatzschale“ und integrierter Dampfbremse (11).Simulationsrechnungen bestätigen, dass mit dieser Konstruktion die Wärmebrücke „Fensterlaibung“ üblicher Altbausubstanz beseitigt werden kann und Tauwasser und Schimmelbildung vermieden werden.
Die in diesem Abschnitt aufgezeigten beispielhaften Lösungen werden in (4) (8) (11) durch weitere energetisch optimale Details ergänzt. Die dargestellten Lösungen sind zur DIN 4108, Beibl. 6, konform (über Gleichwertigkeitsnachweis bestätigt), so dass neben der gesicherten Oberflächentemperatur von mind. 12,6 °C ohne gesonderte Berechnung der Wärmebrücken bei einem evtl. geforderten Nachweis des Jahres-Primärenergieverbrauches mit der reduzierten pauschalen Erhöhung der UWerte von ∆ UWB = 0,05 W/(m²K) gerechnet werden kann.