Wärmebrücken vermeiden
Innendämmung von Fensterlaibungen

Die Dämmung der Gebäudehülle spielt für die Einhaltung der Vorgaben der EnEV (U ≤ 0,35 W/(m²K) bei Innendämmung) eine besonders wichtige Rolle. Entsprechendes Augenmerk ist insbesondere den relevanten Detailausbildungen zu widmen – vor allem bei kritischen Bereichen wie zum Beispiel Fensterlaibungen, Heizkörpernischen oder einbindenden Bauteilen.

Grundsätzlich soll die wärmedämmende Hülle das Gebäude lückenlos umfassen. Das bedeutet auch, dass insbesondere Wärmebrücken zu vermeiden sind. Wärmebrücken sind einzelne, örtlich begrenzte Bereiche, die eine geringere Wärmedämmung aufweisen als die benachbarten Bauteile. Da über sie mehr Wärme nach außen abwandert, ist die Oberflächentemperatur an ihrer Innenseite niedriger. Im schlimmsten Fall kommt es zu so genannten „Tauwasserschäden“ – häufiger Anlass für Auseinandersetzungen zwischen Bauherren, Planern und Fachhandwerkern. Deshalb sind Wärmebrücken durch bautechnische Maßnahmen zu vermeiden. Die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz sind in der DIN 4108-2 geregelt.

Schwachpunkt Wärmebrücke

In der Umgangssprache werden Wärmebrücken oft als Kältebrücken bezeichnet und der auftretende Wärmeverlust als Kältezufuhr beschrieben. Physikalisch ist diese Aussage nicht korrekt, denn bei dem in der Schwachstelle der Baukonstruktion stattfindenden Vorgang wird Energie in Form von Wärme von einem höheren zu einem niedrigeren Energieniveau transportiert. Wärmebrücken werden theoretisch unterschieden in konstruktive, geometrische und stoffliche Wärmebrücken. Im Bauwerk trifft man meist auf eine Kombination dieser Wärmebrücken.

Konstruktionsbedingte Wärmebrücken treten auf, wenn die wärmeübertragende Gebäudehülle „geschwächt“ ist, d. h. wenn die Schichtdicke – z. B. des Mauerwerks bei Heizkörpernischen, Auflager für Bodenplatten, Schlitze zur Aufnahme von Installationsleitungen etc. – geringer ist als bei homogenem Mauerwerk. Infolge der geringeren Schichtdicken verringert sich bei diesen Baudetails der Wärmedurchlasswiderstand.

Geometrische Wärmebrücken liegen vor, wenn die wärmeabgebende Bauteiloberfläche größer ist als die wärmeaufnehmende, sodass die Oberflächentemperatur im Innenbereich sinkt: z.B. bei Außenecken oder einbindenden Bauteilen. Die Anbringung einer Innendämmung erfordert hier besondere Auf­merk­samkeit: Durch die innenseitige Dämmung der Innenwand wird die Erwärmung der Wand von der Rauminnenseite reduziert. Dieser Effekt führt besonders bei geringen Dämmdicken oder schlechter Wärmedäm­mung dazu, dass das einbindende Bauteil mitgedämmt werden muss.

Stoffbedingte Wärmebrücken entstehen durch den Wechsel der Wärmeleitfähigkeit λ innerhalb einer oder mehrerer Bauteilschich­ten. Typische Wärmebrücken dieser Gruppe sind Träger und Profile in Dächern, Stützen, Ständer und Stege in Außenwänden und Verbindungsmittel. Auch eine unsachgemäße Bauausführung, wie z. B. eine lückenhafte Dämmung, kann zu einer solchen Wärme­brücke führen.

Tauwasser und Schimmelpilze

Durch Wärmebrücken kann es zu einer erhöhten Oberflächenfeuchte kommen, die entsteht, wenn feuchte, warme Raumluft auf eine kalte Oberfläche trifft und dort bis unter den sogenannten „Taupunkt“ abkühlt. Das austretende Tauwasser bildet in Verbindung mit organischen Bestandteilen, wie zum Beispiel Raufasertapeten, Anstrichen und Staub, einen idealen Nährboden für Schimmelpilze, die nicht nur unansehnlich, sondern auch gesundheitsgefährdend sein können. Bei anhaltender Durchfeuchtung eines Bauteils kann die Bausubstanz angegriffen und sogar zerstört werden. Da in vielen Fällen feuchtes Material die Wärme noch besser leitet als trockenes, kühlt die Wand im Bereich der Wärmebrücke immer weiter ab und der Wärmeverlust wird zunehmend größer.


DIN 4108

Die DIN 4108 „Hygienischer Mindestwärmeschutz“ regelt das Vermeiden von Tauwasser- und Schimmelbildung. Danach darf aus hygienischen Gründen die innere Oberflächentemperatur von 12,6 °C unter Normbedingungen nicht unterschritten werden. Mit 12,6 °C erreicht die Oberfläche eine maximale relative Feuchte von 80 % bei 20 °C Raumlufttemperatur und 50 % relativer Luftfeuchte. So soll sichergestellt werden, dass „schimmelgefährdete“ Ober­flächen nicht zuviel Feuchtigkeit aufnehmen müssen.

Den Zusammenhang zwischen den Wasserdampfgehalten der Luft in Abhängigkeit von Raumlufttemperatur und relativer Luftfeuchte zeigt das sogenannte „Carrier Diagramm“ . An diesem Diagramm lassen sich die Normbedingungen der DIN 4108 ablesen. Bei 20 °C Raumtemperatur und 50 % relativer Luftfeuchte ergibt sich ein absoluter Wassergehalt von ca. 9 g/m³. Bei Absenkung der Temperatur auf 12,6 °C (minimale Oberflächentemperatur gemäß DIN 4108) und gleichbleibendem Wassergehalt wird eine Relative Feuchte von 80 % erreicht. Im Bereich der Fensterlaibungen ist diese minimale Oberflächentemperatur von 12,6 °C jedoch kaum zu erreichen, d. h. hier kann es unter Umständen zu Kondensation kommen.

Dämmung der Fensterlaibung

Grundsätzlich ist zu beachten, dass sich durch den Einbau einer Innendämmung die Situation durch das Abfallen der Oberflächentemperatur (besonders im Eckbereich zwischen Fensterlaibung und Fenster) erheblich verschlechtert. Wenn die Anforderungen der EnEV 2009 eingehalten werden und energetisch schlechte Wände und/oder Fenster vorhanden sind, ist es selbst mit Dämmstoffen mit sehr niedriger Wärmeleitfähigkeit fast unmöglich, in der Fensterlaibung die Anforderungen der DIN 4108 (≥ 12,6 °C) sicherzustellen. Da man auf die Wärmeleitfähigkeit des Bestandmauerwerks keinen Einfluss mehr nehmen kann, ist eine schadensfreie Ausführung von Fensterlaibun­gen ohne weitere Maßnahmen kaum umzusetzen. Dennoch gilt: Jede zusätzliche Dämmmaßnahme in der Laibung ist besser als keine. Und mit intelligenten Konstruktionslösungen lässt sich selbst bei schlechter Ausgangslage eine bauphysikalisch sichere Fensterlaibung erstellen, wie folgendes Beispiel zeigen soll.

Einfluss auf die Temperaturverläufe

Bei einem gänzlich ungedämmten Mauerwerk mit einer Dicke von 240 mm und einer energetischen Qualität von l = 0,99 W/mK sowie einem neuen normgerechten eingebauten Fenster (UF = 1,4 W/(m²K)) ergibt sich folgende Situation: Die Oberflächentemperatur unter Normbedingungen ist 9,0 °C, der von der DIN 4108 geforderte Mindestwärmeschutz von 12,6 °C wird also nicht eingehalten. Die Folge sind unbehagliche Wohnräume, höhere Energiekosten und eventuell auftretende Feuchteschäden. Der Einbau von neuen Fenstern ohne Innendämmung bedingt ein weiteres Problem: Neben der nun fehlenden „natürlichen“ Lüftung durch Leckagen ist nun die Wand die kälteste Fläche, dadurch steigt die Oberflächenfeuchte erheblich und es kann auch hier zu Feuchteschäden kommen. Werden also nur die Wandinnenflächen gedämmt, die Fensterlaibungen jedoch nicht berücksichtigt, verschlimmert sich die „Temperatursituation“. Im Vergleich zum ­komplett ungedämmten Zustand sinkt die Oberflächentemperatur in diesem Fall sogar noch weiter ab: von 9,0 °C auf 4,4 °C. Hier wird noch einmal deutlich, warum – materialunabhängig – jede Dämmung an der Laibung besser ist als keine. Die Situation kann durch eine Dämmung der Laibung zunächst entschärft werden: Bereits eine 20 mm dicke EPS-Platte kann ausreichen, um die Oberflächentemperatur auf der Laibungsfläche über die geforderten 12,6 °C zu bringen. Problematisch sind allerdings die letzten Millimeter des Grenzbereiches zwischen Fenster­profil und Laibungsdämmung. Denn: Selbst mit leistungsfähigsten Dämmstoffen ist hier die 12,6 °C-Grenze kaum zu erreichen.

Gelöst werden kann dieses Dilemma beispielsweise durch ein trickreiches – jedoch bauphysikalisch korrektes und wirkungsvolles – Detail. Wird auf die Stoßkante der Laibungsplatte hin zum Fensterrahmen ein spezielles PVC-Profil aufgesetzt, unterliegt dieser Bereich nicht mehr der DIN 4108 und damit der geforderten Mindestoberflächentemperatur von 12,6 °C. Da das Profil die gleichen Oberflächeneigenschaften wie das Fensterprofil aufweist, gilt nun die DIN EN ISO 13788, welche für das Fenster maßgebend ist. Sie schreibt eine Oberflächentemperatur von 9,3 °C vor. Die Oberfläche darf eine relative Feuchte von 100 % aufweisen, da das möglicherweise ausfallende Kondenswasser ablaufen oder bei Bedarf abgewischt werden kann. Daher ist im Endeffekt auch keine Schimmelbildung zu befürchten.

Durch den kombinierten Einbau von Laibungsdämmplatte und Profil wird also der kritische Bereich zwischen Laibung und Fenster entschärft. Selbst bei energetisch schlechten Fenstern (UF = 3,4 W/m2K) kann auf diese Weise schadensfrei gedämmt werden. Dafür genügt schon eine nur 20 mm dünne EPS-Platte. Erst ab einem U-Wert von ca. 1,8 W/m2K muss eine 30 mm starke Platte eingesetzt werden.

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