Energiesparen mit TageslichtEnergetische Auswirkungen von Dachoberlichtern
Eine Vielzahl von großflächigen Industrie- und Gewerbehallen ist mit Dachoberlichtern in Form von Lichtkuppeln und Lichtbändern zur Versorgung mit Tageslicht ausgestattet. Seit die Kosten für Energie explodiert sind und seit nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) in Bauanträgen und Energieausweisen auch die energetischen Aufwendungen für die Beleuchtung zu berücksichtigen sind, stellt sich für Planer und Eigentümer die Frage, in welchem Maße diese Dachoberlichter die Gebäudeenergiebilanz beeinflussen können. In einer Modellstudie wurden die Auswirkungen von Dachoberlichtern auf den wärme- und lichttechnischen Energiebedarf von Hallenbauten untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass Dachoberlichter den Gesamtenergiebedarf für eine Halle je nach Ausführung durchaus reduzieren können.
In der rechnergestützten Modellstudie, die auf dem gesamtenergetischen Bewertungsverfahren der DIN V 18 599 basiert, konnten jetzt erstmals die Auswirkungen von Lichtbändern auf den wärme- und lichttechnischen Energiebedarf von Hallenbauten quantitativ analysiert werden. Die Studie wurde im Auftrag des FVLR Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e. V. vom „Zentrum für Umweltbewusstes Bauen e. V.“ an der Universität Kassel unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Anton Maas durchgeführt.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie: Eine Erhöhung des Tageslichtanteils durch Vergrößerung der Dachoberlichtfläche senkt erwartungsgemäß den Primärenergiebedarf für die Beleuchtung. Auch für den Heizfall ist eine größere Fläche der Dachoberlichter positiv zu bewerten, da sie zu primärenergetischen Einsparungen führen kann.
Beschreibung des Objektmodells
Basismodell für die Untersuchung war eine Produktionshalle, wie sie in Anhang A.4.2 der DIN V 18 599 Teil 4 beispielhaft dargestellt wird. Zur Abbildung der baulichen Hülle sowie der anlagentechnischen Ausstattung wurden die Vorgaben zum Referenzgebäude aus der Energieeinsparverordnung übernommen. Daraus resultierte eine Gewerbehalle mit den Innenabmessungen von 30 x 45 x 7 m (Breite x Tiefe x Höhe) und einer Nutzebenenhöhe von 0,85 m. Die künstliche Beleuchtung bestand aus stabförmigen Leuchtstoffröhren mit elektronischen Vorschaltgeräten (EVG) und manueller Steuerung.
Insgesamt wurden zwölf gleich große Lichtbänder mit einer Grundfläche von zunächst jeweils 1 x 10 m angenommen, sodass die Gesamtfläche der Dachoberlichter 120 m² betrug. Als Basisfall wurde eine PC-Stegdreifachplatte, 16 mm, opal (Dachoberlicht/Lichtband aus DIN V 18 599-4:2007-02, Tabelle 13) gewählt. Der U-Wert von 2,4 W/(m²K) wurde in zwei Variationen auf 2,0 bzw. 1,5 W/(m²K) geändert. Der g-Wert betrug in allen untersuchten Varianten 0,55 W/(m²K), der Lichttransmissionsgrad ΤD65 = 0,48 W/(m²K). Die Höhe des Aufsatzkranzes wurde mit 0,5 m gemessen.
Berechnungsmethodik
Um die energetischen Auswirkungen von Dachoberlichtern auf die Energiebilanz des Gebäudes bewerten zu können, wurde das Basismodell durch Verdoppelung der Lichtbandfläche auf 240 m² und Änderung der U-Werte der Lichtbandverglasung variiert. Der Einfluss von Dachoberlichtern auf den sommerlichen Wärmeschutz ließ sich durch Berechnung der Sonneneintragskennwerte sowie des Nutzenergiebedarfs für Kühlung erfassen. Dazu wurde neben der Variante mit verdoppelter Fläche der Dachoberlichter ein reduzierter Gesamtenergiedurchlassgrad
(g-Wert) für die Lichtbänder angesetzt, der damit eine Verschattung der Oberlichter abbildete. Die Berechnung der Ergebnisse nach den Vorgaben und Algorithmen der DIN V 18 599 erfolgte mit der Software EPASS-HELENA® 5.0 – 18 599. Damit ließ sich eine ganzheitliche Berechnung der relevanten Energiebedarfswerte beim Einsatz von Lichtbändern durchführen. Zu den berechneten Größen zählen der spezifische Primärenergiebedarf jeweils für Heizung und Beleuchtung, der jährliche Endenergiebedarf Heizung, die Sonneneintragskennwerte sowie der spezifische Nutzenergiebedarf Kühlung.
Variation der Lichtbandfläche
Die Untersuchungsergebnisse bezüglich der Primärenergiebedarfswerte für die Beheizung sowie für die künstliche Beleuchtung der modellierten Gewerbehalle zeigen, dass der Primärenergiebedarfswert Heizung stärker vom vergleichsweise weniger guten U-Wert der Dachoberlichter beeinflusst wird als von den erhöhten passiven Solarenergiegewinnen und der Verringerung der internen Wärmequelle durch die künstliche Beleuchtung. So steigt der Primärenergiebedarfswert Heizung um 2,6 % von 238,5 auf 244,6 kWh/(m²a). Dagegen sinkt erwartungsgemäß der Primärenergiebedarf Beleuchtung durch die Verdoppelung der Fläche der Lichtbänder ab; er fällt um 21,6 % von 33,3 auf 26,1 kWh/(m²a). Diese Reduzierung beeinflusst wiederum die Größe des Primärenergiebedarfs für die Beheizung, da die künstliche Beleuchtung als interne Wärmequelle bei der Berechnung des Nutzwärmebedarfs berücksichtigt wird und diesen somit reduzieren muss. Die Wirkung lässt sich jedoch quantitativ nicht separat darstellen, da die Größe der internen Wärmequelle aus der künstlichen Beleuchtung nicht als Ausgabewert zur Verfügung steht. Auch der Einfluss der erhöhten Wärmeverluste über die Dachoberlichter lässt sich nicht als gesonderter energetischer Bedarfswert darstellen, weil mit dem gestiegenen Heizwärmebedarf (der zudem von den geringeren internen Gewinnen aus der künstlichen Beleuchtung beeinflusst wird) auch Auswirkungen auf die Effizienz der Heizungsanlage verbunden sind.
Variation der U-Werte
Deshalb wurde zusätzlich eine Variation des U-Werts der Dachoberlichter untersucht. Dazu wurde der U-Wert in zwei Schritten von 2,4 über 2,0 auf 1,5 W/(m²K) reduziert. Durch die reduzierten U-Werte sinkt zwar der spezifische Primärenergiebedarf Heizung. Die Veränderungen durch die Variation der Dachoberlichtfläche werden jedoch nicht deutlicher sichtbar. Es lässt sich tendenziell ableiten, dass durch die Vergrößerung der Dachoberlichtfläche der Primärenergiebedarf für Heizung leicht sinkt, wenn sich der U-Wert der Lichtbänder verbessert. Bei einem Vergleich der Werte des jährlichen Endenergiebedarfs zur Beheizung für den Ausgangsfall (120 m², U-Wert von 2,4 W/(m²K)) mit den Werten für die Variation (120 m², U-Wert von 1,5 W/(m²K)) zeigte sich, dass sich der Endenergiebedarf Heizung um 9 725 kWh/a verringerte. Bezogen auf die jeweiligen Varianten mit 240 m² Dachoberlichtfläche ergab sich durch die U-Wert-Verbesserung eine Verringerung um 19 027 kWh/a.
Sommerlicher Wärmeschutz
Der erste Ansatz zur Darstellung der Auswirkungen auf den sommerlichen Wärmeschutz bestand in der Ermittlung und dem Vergleich der Sonneneintragskennwerte auf Basis der DIN 4108-2. Beim Basismodell mit 120 m² Lichtbandfläche überschreitet der errechnete Sonneneintragskennwert von 0,049 geringfügig den zulässigen Sonneneintragskennwert Smax von 0,045. Bei Verdoppelung der Oberlichtfläche ergibt sich ein errechneter Sonneneintragskennwert von 0,098, der deutlich über dem entsprechenden zulässigen Smax von 0,039 liegt. Der Schutz vor sommerlicher Überhitzung durch Verschattung der Lichtbänder wurde über einen reduzierten g-Wert modelliert. Ein g-Wert von 0,05 bei 120 m² Dachoberlichtfläche ergibt einen Sonneneintragskennwert von 0,004, der deutlich unter dem zulässigen Wert Smax von 0,075 liegt. Im zweiten Ansatz zur Modellierung der sommerlichen Bedingungen wurde der Nutzenergiebedarf für Kühlung ermittelt. Wie erwartet, erhöht sich der Nutzenergiebedarf für die Kühlung mit steigendem Eintrag aus den solaren Wärmequellen. Doch ein reduzierter Gesamtenergiedurchlassgrad (Verschattung) verringert den Nutzenergiebedarf für Kühlung gegenüber dem Ausgangsfall um fast 19 %.
Zusammenfassung
Aus den durchgeführten Berechnungen können folgende Aussagen getroffen werden: Eine Vergrößerung der Dachoberlichtfläche führt zu einer geringen Veränderung des Heiznergiebedarfs; konkret hat die Veränderung der Fläche einen Einfluss von weniger als 3 % auf den Heizenergiebedarf. Eine Verbesserung des U-Werts der Dachoberlichter führt nur zu einer geringen Reduzierung des Heizenergiebedarfs; der Unterschied liegt bei maximal 6 %. Bei einem günstigeren U-Wert der Dachoberlichter wirkt sich eine Vergrößerung der Dachoberlichtfläche positiv auf den Gesamtenergiebedarf aus
Verschattungseinrichtungen sind geeignet und erforderlich, um in der warmen Jahreszeit eine Überhitzung der Gewerbehalle zu vermeiden und damit positive Auswirkungen hinsichtlich des sommerlichen Wärmeschutzes zu erzielen.