Ganz schön industriell
Neubau und Erweiterung des Folkwang Museums in Essen vorab besichtigt
Der Name „Folkwang“ hat noch immer einen guten Klang, doch zumindest das Museum
in Essen konnte sich, trotz international renommierter Sammlungsstücke, in den letzten Jahren nicht so recht in Szene setzen. Dass der Schwund des Interesses vielleicht den Ausstellungsräumen geschuldet war, darauf deutet der Erfolg der großartigen Sammlung, die sie in den beiden Jahren der Umbau- und Neubauzeit hatte: 300 000 kamen, in die Kruppsche Villa nahebei.
Das sei alles andere, aber kein Wunder, so der Architekt des Neubaus David Chipperfield anlässlich einer Presseführung, denn insbesondere der Erweiterungsbau des Folkwang Museums von 1983 (Architekten: Kiemle, Kreidt und Partner, Allerkamp, Niehaus, Skonia) wäre, gelinde gesagt, eine
kleine Katastrophe! Er sollte weg, an seiner Stelle ein Neubau das ramponierte Sammlungsimage retten. Es gab (voraussetzungslos?) 55 Mio. € von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, es gab einen Wettbewerb, den Anfang 2007 Chipperfield Architects gewannen. Im Januar 2010 wird eröffnet.
Vier zentrale Entwurfsparameter bestimmen den Neubau mit 3600 m² Ausstellungsfläche: Die Ausstellung befindet sich auf nur einer Ebene – darüber Verwaltung; Neuorientierung des Eingangs zur Bismarckstraße; White Cube mit Tages(ober)licht; Transparenz.
Große Glasfenster durchbrechen pointiert die homogene Außenhaut, Seitenlicht soll nach innen, Kunst nach außen in den Straßenraum hineinwirken. Die großen Glasplatten aus verschmolzenem Grünglasbruch machen Transparenz allein zum Thema, primär schützen sie als sekundäre Fassadenschicht die Konstruktion dahinter.
Insgesamt gesehen macht der Neubau einen angenehm nüchternen, eben industriellen Eindruck. Lange Achsen, geschliffener Betonboden, große Bewegungsflächen, Tageslicht über Sheddächer, keine Kabinette dafür beste Orientierung in und zwischen den einzelnen Abteilungen; White Cube in Perfektion. Das Rasengrün der Gartenlichthöfe färbt das Raumlicht, und wer möchte, kann sich der Ansicht des Museumsdirektors Hartwig Fischer anschließen: Ihm ist der Blick über den Eingangshof hinaus ein südländisches Bild; „do you think the same, David?“ Chipperfield (kurzes Zögern, dann): „No“. So denkt sich jeder seine Welt, der eine muss sie noch aushalten, den anderen zieht es zu neuen Aufgaben. Be. K.