Gestaltungsfreiheit mit VRF-Systemen
Das Planen von Gebäuden und ihren technischen Anlagen stellt Architekten und TGA-Fachplaner vor große Herausforderungen. Gefragt sind von daher immer öfter Lösungen, die deutliche Vorteile für den planenden Architekten haben und seinen Handlungsspielraum nicht unnötig einschränken. Am Beispiel der Hochschule Ruhr West wird deutlich, wie sich VRF-Klimasysteme problemlos in architektonisch und energetisch anspruchsvolle Gebäude einbinden lassen.
Traditionell führt die technische Ausstattung zur Klimatisierung von Gebäuden eher ein Schattendasein. Aufwendige Konzepte, z. B. öffentliche Gebäude ohne Klimatisierung umzusetzen, führen heute nicht mehr zum gewünschten Erfolg, sondern in der Regel zu Nachbesserungsforderungen der Nutzer. Teilweise kommen jedoch in der modernen Architektur noch haustechnische Konzepte zum Tragen, die Auswirkungen auf die Optik bzw. die architektonische Ausgestaltung eines Gebäudes haben. Interessant sind deshalb vor allem Konzepte, die nicht in die Architektur eingreifen und für Architekten und Planer optimale Lösungen bieten.
In den letzten Jahren hat sich eine Klimatechnologie durchgesetzt, mit der in Deutschland bereits zahlreiche Gebäude ausgestattet sind und die durch immer mehr Architekten und Fachplaner zur komfortablen Klimatisierung von Gebäuden eingesetzt wird. Um die vielfältigen Anforderungen an Platzbedarf, statische Belastung, energetische Vorgaben, optionale Nachrüstbarkeit und Energieverbrauchbedarf zu erfüllen, kommen heute oft Konzepte auf Basis der VRF-Technologie (Variable Refrigerant Flow) zum Tragen. Die VRF-Technologie verbindet zahlreiche Vorteile zur Klimatisierung anspruchsvoller Gebäude und bietet ein Höchstmaß an Flexibilität bei Planung und Auslegung.
Individuelle Lösungen für anspruchsvolle Gebäude
Der technische Aufbau einer VRF-Anlage ist überschaubar. VRF-Systeme bestehen aus einer (oder mehreren) zentralen Außeneinheit(en) und einer oft großen Anzahl von Innengeräten, die mittels zwei Kältemittel führenden Rohrleitungen miteinander verbunden sind. Hinzu kommen noch Bedienelemente zur Steuerung der einzelnen Innengeräte bzw. Klimazonen. Je nach Größe und Ausführung der Anlagen können auch zentrale Fernbedienungen mit Webfunktion zum Einsatz kommen. Diese ermöglichen beispielsweise den Zugriff über ein lokales Intranet oder über einen Telefonanschluss auch die Bedienung vom PC aus. Mit dem entsprechenden Zubehör ist auch ein differenziertes Energiemonitoring problemlos möglich.
Geht man ins Detail, treten die Vorteile für die Planung deutlich hervor, die diese Systeme sowohl bei Neubauten als auch bei Nachrüstungen bieten. Durch die kompakten Abmessungen sowohl der Außen- als auch der Innengeräte können Gebäudeflächen anderweitig eingeplant werden. Ebenso simpel sieht es für VRF-Systeme in puncto Raumbedarf im Vergleich zu konventionellen Lösungen aus. Ein VRF-Außengerät mit rund 30 kW Heiz-, bzw. Kühlleistung benötigt eine Aufstellfläche von ca. 0,8 m². Bis rund 150 kW ist eine Fläche von etwa 2,4 m² erforderlich. Im Vergleich dazu beträgt der Flächenverbrauch für ein konventionelles Heiz- und parallel dazu ein konventionelles Kühlsystem das Vielfache.
Auch die Schallemissionen bilden z. B. bei klassischen Kaltwassererzeugern Rahmenbedingungen, denen sich Architekten zwangsläufig unterwerfen müssen. Wohingegen VRF-Außengeräte ohne jeglichen Wetterschutz entweder auf dem Dach oder neben dem Gebäude quasi an beliebiger Stelle gesetzt und zusätzlich in die Gebäudeoptik einbezogen werden können. In puncto Geräuschemissionen haben VRF-Geräte herstellerabhängig deshalb gegenüber Kaltwassererzeugern deutliche Vorteile, die wiederum die Planung und Gestaltung sowohl vereinfachen als auch vielfältiger machen. Letztendlich lässt sich darüber hinaus im Gebäude ein durchgängiges Designkonzept für die Geräte zur Beheizung und Kühlung in verschiedensten Ausprägungen umsetzen.
HRW setzt auf VRF-Technologie
Besonders gut lässt sich der Einsatz von VRF-Systemen am Beispiel der installierten Klimatechnik in der Hochschule Ruhr West (HRW) darstellen. Mit dem Einsatz dieser modernen Technologie konnten die unterschiedlichen Anforderungen vonseiten der Architekten an die energetischen Vorgaben sowie die Energieeffizienz als integraler Bestandteil des Konzepts erfüllt werden. Denn die Haustechnik orientiert sich an den Grundsätzen des BLB NRW, nach denen beim Bau und Betrieb einer Immobilie neben der Wirtschaftlichkeit auch eine nachhaltige Umwelt- und Qualitätspolitik im Fokus steht, ohne in den architektonischen Grund-entwurf einzugreifen.
Das Land Nordrhein-Westfalen investiert kontinuierlich in den Neu- und Ausbau seiner Hochschulen. Unter anderem ist auf dem ehemaligen Ausbesserungswerk der Bundesbahn der Campus Mülheim der Hochschule Ruhr West entstanden. Die Anordnung und Gestaltung der HRW-Gebäude ist geprägt von Offenheit und Transparenz. Überwiegend bilden großformatige Glasfronten die modernen Gebäudehüllen, die von Sonnenschutzlamellen bei Bedarf verdunkelt werden können. Im Gebäudeinneren wird baulich die Anmutung einer Werkstatt umgesetzt, die durch Sichtbetonwände und -böden zum Ausdruck kommt. Für eine optimale Lern- und Arbeitssituation der Studierenden sorgen strukturierte Räume und kurze Wege. Dadurch wird die interdisziplinäre Kommunikation zwischen allen Hochschulangehörigen baulich gefördert.
Als Fachhochschule mit ingenieurswissenschaftlicher Ausrichtung liegt ein Forschungsschwerpunkt auf Energiesystemen. Entsprechend hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW bei der Ausstattung auf eine Haustechnik geachtet, die alle Potentiale zur Optimierung der Energieeffizienz nutzt. In den sieben Gebäuden des neuen Campus der Hochschule Ruhr West ist dies vorbildhaft umgesetzt worden. Das Konzept zur Klimatisierung bzw. Kühlung sieht vor, die Gebäude über zentrale raumlufttechnische Anlagen zu klimatisieren. Bei den raumlufttechnischen Anlagen wird die Steuerung zentral durchgeführt. Das heißt, die Temperatur über die Raumlufttechnik kann nicht individuell für jeden Raum einzeln vorgenommen werden. Schnell stellte sich heraus, dass das vorgelegte Konzept dazu geeignet ist, die Grundlast abzudecken.
Hohe Wärmelasten erforderten zusätzliche Klimatisierung
Um die Wärmelasten aus Räumen mit hoher Beanspruchung abzuführen, sind zahlreiche Räume in der Hochschule zusätzlich durch VRF-Klimasysteme klimatisiert worden. Durch die Aufteilung, den Grundbedarf über zentrale Lüftungsgeräte abzudecken und höhere Anforderungen mit dezentralen VRF-Systemen aufzufangen, war es möglich, alle Potentiale zur Optimierung der Energieeffizienz zu nutzen und den bestmöglichen Klimakomfort zu gewährleisten. Der Einsatz von dezentralen VRF-Klimasystemen bot darüber hinaus noch weitere entscheidende Vorteile. Das geringe Gewicht der VRF-Systeme sowie ihre kompakte Abmessungen boten ein Höchstmaß an Gestaltungsfreiheit im Bereich der Außenaufstellung wie auch bei der Installation der Innengeräte.
Beispielsweise benötigten die VRF-Systeme zur Klimatisierung nur zwei Rohrleitungen durch das Gebäude. Dies war ein wichtiger Aspekt, der für den Einsatz dieser Technologie sprach. Denn der Platz in Rohrschächten und unterhalb der Decke ist in technisch gut ausgestatteten Gebäuden naturgemäß gering. Ein Zweileitersystem, mit dem man wahlweise Kühlen und bei Bedarf auch Heizen kann, ist natürlich besonders für Hochschulbauten bzw. ähnlich geartete Bauprojekte interessant, weil sie die Handlungsspielräume der Architekten und Planer nicht einschränken.
Die Aufgabe der zusätzlichen Klimaanlage ist es, die Eigenlasten aus bestimmten Arbeits- und Seminarräumen abzuführen. Zahlreiche Büro- und Seminarübungsräume sind mit Monitoren ausgestattet. Zwar ist an den Gebäudefassaden größtenteils Sonnenschutz vorhanden, doch dieser kann nur den Wärmeeintrag von außen begrenzen. Um die internen Wärmelasten abzuführen, kamen 4-Wege-Klimadeckenkassetten aus der City Multi-Baureihe von Mitsubishi Electric zum Einsatz, die über entsprechende Außengeräte versorgt werden. Und noch einen weiteren Vorteil bietet die Raumklimatisierung über die VRF-Systeme. Unabhängig von der Raumlufttechnik und der klassischen Heizung können sie nach Bedarf von den Nutzern für jeden einzelnen Raum individuell gesteuert werden. Dafür verfügt jeder klimatisierte Raum über eine eigene Kabelfernbedienung.
Zum Einsatz kamen insgesamt 37 Außengeräte unterschiedlicher Leistungs- und Baugrößen des Herstellers Mitsubishi Electric. Dazu zählen Außengeräte der M-Serie für Single-Split-Anwendungen, der Mr. Slim-Serie mit Power Inverter Technologie für Multisplit-Anwendungen oder City Multi-Außengeräte für die größeren Leistungsbereiche. Die unterschiedlichen Außengeräte versorgen insgesamt 162 Inneneinheiten unterschiedlicher Leistungsstufen. Zu den Bereichen, die zusätzlich mit VRF-Systemen klimatisiert bzw. gekühlt werden, zählen in diesem öffentlichen Gebäude Wissenschafts- und EDV-Arbeitsräume, das Rechenzentrum, zahlreiche technische Räume für die Datenverarbeitung, die unterbrechungsfreie Strom-, Gebäudehaupt- und Sicherheitsversorgung sowie eine Vielzahl von Seminar- und Lagerräumen.
Fazit
Der Campus der Hochschule Ruhr West in Mülheim ist ein moderner Bildungsstandort für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW hat großen Wert auf Umweltschutz und eine hohe Bauqualität gelegt. Um die Wärmelasten aus Gebäudeteilen mit hoher Beanspruchung abzuführen, wurden unterschiedliche Raumtypen in der Hochschule durch VRF-Systeme klimatisiert. Für das Konzept, den Grundbedarf über die zentrale Lüftungsanlage abzudecken und höhere Anforderungen mit separaten Systemen abzudecken, eignen sich dezentrale Klimasysteme besser als zentrale Anlagen.
Für Architekten ist die VRF-Technologie die optimale Lösung, da sie entsprechend den Standortgegebenheiten eine bessere Anlagenstruktur bereitstellen. Durch die kompakten Abmessungen sowohl der Außen- als auch der Innengeräte unterliegen vorhandene Gebäuderäume und -flächen keinerlei Einschränkungen. Auch das verhältnismäßig niedrige Anlagengewicht sowie die geringe Anzahl an Rohrleitungen prädestinieren VRF-Systeme für den zusätzlichen und nachträglichen Einsatz in Hochschulbauten bzw. öffentlichen Bauprojekten.
Moderner Campus für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen (BLB NRW) ist einer der größten Immobiliendienstleister Europas. Zu seinen Aufgaben gehört die Vermietung von Immobilien an Landesbehörden und -einrichtungen. Der Umweltschutz ist fest in den Leitlinien des Bau- und Liegenschaftsbetriebs Nordrhein-Westfalen verankert. Durch den Geschäftsbereich Bau- und Projektmanagement werden Bauprojekte realisiert, die von der Planung bis zur Durchführung aus einer Hand erledigt werden. Darüber hinaus tritt das Bau- und Projektmanagement als Spezialist für Umweltfragen im Bauwesen auf und garantiert so eine hohe Bauqualität.
Im Rahmen der Förderung des Ruhrgebiets als Wissenschaftsstandort hat die NRW-Landesregierung im Jahr 2008 einen Wettbewerb zur Gründung drei neuer Fachhochschulen ausgelobt. Die Städte Mülheim und Bottrop bewarben sich gemeinsam, unterstützt durch zahlreiche Unternehmen aus der Region, um die naturwissenschaftlich-technisch ausgerichtete Fachhochschulneugründung und haben den Zuschlag für die Gründung der Fachhochschule Westliches Ruhrgebiet im selben Jahr erhalten. Entworfen wurde die neue Hochschule von den Architekten HPP Hentrich-Petschnigg & Partner und ASTOC Architects & Planners.
In den neuen Campus in Mülheim an der Ruhr hat der BLB NRW rund 139 Mio. Euro investiert. Entstanden ist ein moderner Hochschulkomplex mit einem offenen Campus und Gebäuden auf dem ehemaligen Rangierbahnhof von Mülheim. Insgesamt stehen auf dem 43 000 m²großen Grundstück an der Duisburger Straße acht neue Gebäude für Studierende zur Verfügung. Die Bruttogeschossfläche von 62 800 m² ist verteilt auf ein Hörsaalzentrum, eine Mensa, eine Bibliothek und vier Institutsgebäude mit Arbeits-, Seminar-, Technik- und Büroräumen.