Groß und rund die Welt

Die Welt ist rund und groß, doch manches Mal erscheint einem das Entlegene näher zu sein, als der Baum im Garten, der mit einem älter geworden ist. Das Entlegene könnten beispielsweise die Piazza Navona oder der Campo de‘ Fiori in Rom sein, über welche der Architekt, Bühnenbildner und Autor Hans Dieter Schaal einmal ging. Aus Sorge, die Welt könnte morgen eine andere sein – und er vielleicht gar nicht mehr –, hatte er, die niederbrechenden Doppeltürme in Manhatten 2001 vor Augen, mit der Dokumentation dieser Spaziergänge, seiner Reiseerlebnisse insgesamt begonnen. Und neben die Texte in einem dickleibigen Wälzer hunderte Fotografien, Fotomontagen und Skizzen gestellt. Schaals Geschichten aus Rom, London, New York, Moskau, Genf, Venedig und vielen anderen bekannten Unbekannten, sprechen zumeist von den Zeiten dazwischen, den Augenblicken, die zwischen den Aufträgen für Bühnenwerke an großen Opern- oder anderen Häusern blieben. Er schildert Begegnungen mit Fremden und Freunden, mit eigenen Erinnerungen, mit Gebäuden. Er unternimmt zahlreiche Versuche, das Flanieren, die Melancholie des Sichgehenlassens einzufangen. Und er wirkt dort am stärksten, wo sich die Bilder des Lesers über die des Autoren zu schieben beginnen. Hier nimmt man gerne alles Weitere mit, geht auch noch ein paar Straßen weiter, um ein paar Ecken mehr ins Unbekannte hinein. Wo keinerlei Leser-Erinnerungen angesprochen werden, verblassen die eigentlich intimen aber doch fremden Momente und werden zu zähen Lesestrecken. Also nur Venedig, San Francisco, London, Wien, Paris … und mit dem Älterwerden und fortschreitenden Reisen alle anderen danach. Die Welt ist groß und rund und passt auch mal in 24 Weltstädte.

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