Ganz eigener Blick

Hans Dieter Schaal ist Architekt, Landschaftsgestalter, Bildhauer, Zeichner und manches mehr. Vor allem aber ist er jemand, der das, worüber er nachdenkt, aufschreibt. Der Mann macht seit Jahrzehnten Bücher, die meisten davon mit/bei Axel Menges. Hier breitet er seine Ideen, seine Reflektionen über die gestaltete Welt aus. Viele dieser Bücher haben wir in den Jahren gelesen, nun liegt wieder eines vor nach vielen Jahren des Schweigens.

Es geht dem Autor um die Frage, ob es das Paradies, das Adam und Eva einmal verlassen mussten, heute noch irgendwo gibt. Ob wir es uns noch vorstellen können, ob wir in der Lage sind, das Nichtmehrvorhandene nachzubauen, über Gärten beispielsweise, über Gärten vor allem. Und damit ist auch schon das ganze Buchprojekt beschrieben: Hans Dieter Schaal reist persönlich und im Internet, in Büchern und Bib-liotheken und immer wieder in seinen Erinnerungen an Besuche von Gärten und Landschaften durch eben diese. Und reichert seine Besuche durch die Biografien derjenigen an, die die Paradiese bestellt haben und die, die die Paradiese schufen: Soldaten, Gärtner, Architekten, Künstler, Fürsten, Politiker, Anonyme und Vergessene.

Die Treffen mit diesen teils weltbekannten, teils sehr speziellen Gärten sind chronologisch aufsteigend geordnet, wir wandern mit dem Autoren vom biblischen Paradies bis hin zu zeitgenössischen Gestaltungen. Und versuchen stets, dem roten Faden, der uns in dieser Chronologie empfohlen wird, zu folgen. Doch um eine Zielführung geht es Hans Dieter Schaal gar nicht, er will ganz offenbar nicht der Frage auf den Grund gehen, ob wir heute noch das Paradies auf Erden finden können oder nicht. Diese Aufgabe überlässt er nonchalant den Lesern. Im Gegenteil bekommt man am Ende der unterhaltsamen Lektüre den Eindruck, dass die Paradies-Thematik sich in den letzten Jahren angesammelt hat und nun ein Gefäß finden muss, damit nichts verloren geht. Ein Eindruck, der sich auf den letzten Seiten verstärkt, werden hier doch über Stichworte wie „Wissenschaftlicher Garten“, „Baumgarten“, „Rauschgarten“ oder auch „Fragengarten“ die Zettelkästen ins Buch geleert, die sich auf dem Tisch des Autors gefüllt haben. Dass das – vergleichbar den „Stadttagebüchern“ (Rezension DBZ 04|2010) – durchaus legitim ist und zur Bewusstseinserweiterung beiträgt, soll unbestritten sein. Wer Hans Dieter Schaal kauft, weiss, was er tut, und immer würdigen wir damit einen Autoren, dessen Blick auf die Welt ein ganz eigener ist. Be. K.

Hans Dieter Schaal, Auf der Suche nach verlorenen Paradiesen. Edition Axel
Menges, Stuttgart/London 2019, 256 S.
mit 150 sw- und Farbabb.,
69 €, ISBN 978-3-86905-017-1
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