Heftpate Andreas Schulz,
Licht Kunst Licht, Bonn
Die Omnipräsenz des Themas Licht auf allen Medienkanälen fand ihren Anfang mit dem großen Sturm der Entrüstung, als die EU das sukzessive Glühlampenverbot einführte. Selbst unter Profis war das Gezeter laut und wenige Vorausschauende haben dem auferlegten Diktat Positives abgewinnen können. Die Angst war auch nicht unberechtigt, denn der warme Schein der Glühlampe sollte zuerst durch grauenhafte Kompaktleuchtstofflampen ersetzt werden und die zum gleichen Zeitpunkt frisch auf den Markt gelangten LEDs waren weder von ihrer Erscheinung noch von ihrer Wirkung besser.
Vielleicht haben wir alle die Innovationskraft der Industrie und die Macht eines riesigen Marktes unterschätzt, denn in einer atemberaubenden Schnelligkeit wurden Produkte lanciert, die immer näher an das Original und unsere trainierten Sehgewohnheiten herankamen und über ihre Performance sogar besser sein können.
Aber vor allen Dingen sparen wir – eine gekonnte Planung vorausgesetzt – mindestens die Hälfte der bisher aufgewendeten Energie ein und können sogar, trotz des geringeren Energieaufwandes, Add-ons wie eine perfekte Dimmung oder sogar Farbtemperaturverstellung anbieten. Der volkswirtschaftliche Nutzen dieser neuen Wunderwaffe des Lichtes ist durch die Verlängerung der Wartungszyklen enorm. Abgesehen davon, dass viele LED-basierte Anlagen nach Ende der Betriebszeit erneuert werden müssen. Was man dann wahrscheinlich sowieso tun würde, da wir in zehn Jahren LEDs haben werden, die noch viel effizienter sind.
Noch bemerkenswerter ist das Tempo, mit dem sich die Branche „Lichtplaner“ entwickelt hat. Gab es in den 1980ern gerade mal zehn professionell arbeitende Büros in Deutschland, so gibt es heute allein in Berlin fast 50 Adressen, die als Geschäftsbezeichnung „Lichtplanung“ führen. Büros bis zu fünf Mitarbeitern überwiegen auch im bundesweiten Durchschnitt, nur wenige haben es geschafft, mit einer größeren Mannschaft über einen längeren Zeitraum erfolgreich am Markt zu sein und dabei Projekte und Planungen abzuliefern, die unserer Profession eine gute Reputation erbringen.
Angesichts der vielen Lichtschaffenden muss man sich fragen, warum nicht mehr bemerkenswerte, professionell geplante – ich spreche hier nicht über herausragend geplante – Projekte zu sehen sind?
Das könnte mehrere Gründe haben. Zum einen mag dies an der Ausbildung liegen. Viele postgraduale Studiengänge machen aus jungen Architekten oder Absolventen verwandter Berufe innerhalb von vier Semestern, von denen nur zwei wirklich Vorlesungssemester sind, „Lichtmaster“. Da braucht es schon eine überdurchschnittliche Begabung, um im Thema mitreden zu können.
Selbst der Vollzeitstudiengang in Hildesheim, für den ich mitverantwortlich bin, kann jungen Leuten ja nur ein Basisfundament mitgeben, das dann über Training-on-the-Job weiterentwickelt wird. Aber erstaunlich viele Studienabgänger wagen sich direkt in die Selbstständigkeit und berauben sich damit der einmaligen Gelegenheit, mit relativ wenig Eigenverantwortung als Angestellter und sehr viel Support durch Kollegen im Büro den Einstieg in das Berufsleben versüßt zu bekommen.
Die Last eines Unternehmers durch Projektakquisition, das fehlende Know-how und auch die fehlenden Referenzen werden oft durch niedrige Honorare kompensiert und die schöne Insel der Glückseligkeit „Lichtplanung“ ist schon längst unbewaldet, da es ein Hauen und Stechen auf dem Markt gibt. Namhafteste Büros bieten ihre Leistungen zu Honoraren an, für die nicht einmal Haustechniker arbeiten. Unbekannte kleine Büros dumpen sich um die Wette zu Tode. Kein Wunder, dass die unter diesem finanziellen Druck entstandenen Projektplanungen nur mittelklassig sind, eine ambitionierte Lichtplanung ist halt kein Prozess, den ein Lichtberechnungsprogramm vollziehen kann.
Wir alle dürfen dennoch optimistisch in die Zukunft schauen. Licht und Beleuchtung, sowohl Planung als auch Vertrieb, bleiben ein Wachstumsmarkt. Und die bis vor kurzem noch ungeahnten Möglichkeiten der Vernetzung und Kommunikation über das Thema Licht werden noch einmal mehr Nachfrage nach wirklicher Fachkompetenz hervorbringen. Viele gute Beispiele schöner Projekte, die von echten Profis geplant wurden, finden Sie in diesem Heft. Es lebe das Licht!