Ein Haus mit besonderer Geschichte

Hotel Röhrl, Eilsbrunn

Wirtshaus und Sudhaus der Brauerei bildeten jahrhundertelang eine Einheit. Die baufällige Substanz des Sudhauses machte eine Entscheidung über Abriss oder weitere Nutzung unumgänglich. Die Eigentümer entschieden sich dafür ein Hotel in dem alten Gebäude zu betreiben. Architekt Manfred Kühnlein jun. war begeistert von den Möglichkeiten, die sich bei der Umsetzung boten und es entstand ein Hotel, das seinen Ursprung zur Freude der Gäste in allen Räumen erlebbar macht.

Das Sudhaus ist das Herzstück einer Brauerei, denn hier gehen als erster Schritt im Brauprozess die für das Bier wichtigen Stoffe aus dem Malz als veredelte Braugerste in den Sud über. Über viele Jahrhunderte diente das Sudhaus dem Wirtshaus Röhrl mit dem angrenzenden denkmalgeschützten Gasthaus genau diesem Zweck, bis 1971 der Brauereibetrieb aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt wurde. Traditionsbewusstsein wird bei den Röhrls großgeschrieben. Seit 1658 ist das Ensemble im Familienbesitz und wird seitdem über die Generationen stetig weiterentwickelt. Mit der Übergabe des Betriebs an Katharina und Andreas Röhrl im Jahr 2008 stellte sich auch die Frage nach der Zukunft des inzwischen baufälligen Sudhauses von 1764, das durch diverse An- und Umbauten in seiner heutigen Erscheinung das Ortsbild von Eilsbrunn prägt.

Im Zuge der Dorferneuerungsmaßnahme der Gemeinde aus den Mitteln der Städtebauförderung fiel die Entscheidung der Bauherren, das ortsprägende dreigeschossige, 27 m lange Sudhaus zu revitalisieren. Im Gegensatz zum Wirtshaus war das Bauwerk nie unter Denkmalschutz gestellt worden, weswegen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit zuerst über einen Abriss nachgedacht wurde. Doch ein Neubau hätte nach aktuellem Baurecht andere Abstandsflächen und Höhen erfüllen müssen und damit den Verlust der Geschlossenheit des Dorfplatzes und auch des Charakters der Ortsmitte zur Folge gehabt. Auch die Zweifel über den Umgang mit dem Familienbesitz bewogen die Bauherren, über den Erhalt nachzudenken. Die Zusammenarbeit mit dem Büro Kühnlein Architektur erwies sich als Glücksgriff. Denn obwohl weder erstere noch die Architekten Erfahrungen in der Hotellerie hatten, gelang es ihnen, ein robustes wirtschaftliches Konzept für den Umbau des Sudhauses zu einem Hotel zu entwickeln.

Charakter erhalten

„Schon bei der ersten Besichtigung der baufälligen Substanz war klar, wo der neue Eingang sitzen muss“: Die Begeisterung von Michael Kühnlein Jun. ist auch Jahre nach dem Auftaktgespräch noch spürbar. Äußerlich noch vergleichsweise gut erhalten, war das Innenleben des Sudhauses eher ruinös. Bäume wuchsen durch die ehemaligen Brauburschenkammern, und die Zwischenebenen aus Holz waren stark baufällig. Dazu kam der nicht vorhandene Denkmalschutz, der zwar mehr Spielraum für eine zeitgemäße Nutzung erlaubte, aber als Negativpunkt weder Fördermittel noch Befreiungen vom Brandschutz beim Wandel von einem Industriebau in eine Wohnnutzung ermöglichte. Pragmatisch wurde entschieden, dass der Charakter des Hauses erhalten bleiben und wo notwendig mit neuen Elementen ergänzt werden sollte.

Durch den Einsturz der Holzbalkendecken wurden neue Stahlbetondecken eingesetzt, die die aktuellen Anforderungen an den Brandschutz- und Schallschutz erfüllen. Dies gab die Möglichkeit, die Fassade zur Straße im Sinne der Umnutzung als Hotel neu zu ordnen, jedoch in der Farbgebung und ursprünglichen Bänderung zu erhalten. Die Ankerplatten der Rückverankerung sind von außen sichtbar und geben dem dreigeschossigen Bau einen zusätzlichen Rhythmus.

Herausfordernd war auch die Sicherung des bestehenden, über die Jahre stark verformten Gewölbes im Erdgeschoss, das ursprünglich der Raum für die Malzkeimung war. Denn die Architekten fanden ein Gebäude ohne Fundament vor, was die Unterfangung der 1 m dicken Außenmauern zwingend notwendig machte. Aufwendig wurde der bislang abfallende Raum abgegraben, unter jede Stütze ein 2 x 2 m starkes Fundament eingebracht und mit einem neuen Bodenaufbau inkl. Fußbodenheizung versehen. Die zuvor entnommenen originalen Bodenplatten wurden gesäubert und wieder eingebaut. Auch im Dachstuhl konnte mit einem chirurgischen Schnitt auf die neue Nutzung eingegangen werden. Aufgrund des Notdachs und der daraus folgenden Tatsache, dass ein historisches Vorbild fehlte, wurde der marode Giebel abgebrochen. Das erste Dachgeschoss konnte somit voll ausgebaut und die Höhe des Bestandes durch eine niedrigere Dachneigung trotzdem gehalten werden. Auf der Hofseite ergänzt ein moderner Stahlbetonanbau mit der notwendigen Infrastruktur wie Erschließung, Wirtschaftsräume und Haustechnik das alte Sudhaus.

Leise Töne

Nicht vom Hotelierfach kommend, stellte sich mit der Übernahme des Gasthauses und der Idee des Hotels für die Bauherrin Katharina Röhrl auch die Frage der Herangehensweise an so eine Aufgabe. „Was hat das Gebäude, was passt zu uns? Anregungen kann man sich viele holen, aber letztendlich muss man sich fragen: was will das Gebäude?“ Mit dem Hotel im Sudhaus schlägt sie ganz andere Töne an als ein klassisches Hotel. 26 Zimmer in drei Kategorien verteilen sich im Gebäude – von den Komforteinzelzimmern in den ehemaligen Kammern der schneidigen Brauburschen über die klassischen Gästezimmer bis zur zweigeschossigen Suite im alten Turm der alten Malzdarre. In der Nähe von Regensburg gelegen sind die Zielgruppe hauptsächlich Geschäftsreisende, die über die verschiedenen Buchungsportale, aber inzwischen auch vermehrt über Mund-zu-Mund-Propaganda auf das Hotel aufmerksam werden. Dies spiegelt sich auch in der Gestaltung wider, denn bei einer durchschnittlichen Verweildauer der Gäste von 1,3 Nächten im Winter bis 1,7 Nächten im Sommer konnte ein anderes Augenmerk auf die Zeitlosigkeit der Ausstattung gelegt werden.

Was man nicht verstecken kann, das muss man hervorheben!

Schon beim Betreten des Hotels steht man im Herzstück des Hauses: Die gekachelte Braupfanne mit Maischbottich, alte Technik und ein Gewirr aus Treppen und Stegen. Die Geschichte mit dem Bestand zu erzählen, ist schon im Entree gelungen. Kein Detail ist aufgesetzt oder fehl am Platz, der riesige Fundus an alten Utensilien der Bauherren verbindet sich harmonisch mit den wenigen, aber sichtbar modernen Eingriffen. Die Innenarchitektur entstand ebenfalls aus der Zusammenarbeit von Architekt und Bauherren in einem gemeinsamen Lernprozess. Massive Einbauten und Böden aus Eiche korrespondieren mit den sichtbar belassenen Betondecken ebenso wie mit den Relikten der Vergangenheit, etwa alte Tapetenmuster. Die Fehlstellen sind bewusst sichtbar belassen worden, anstelle beleuchteter Kleiderstangen wurden alte Kupferrohre aus den ehemaligen Bierkühlanlagen zu einer Garderobe umgebaut. Auf den Glastrennwänden zu den Bädern prangen die alten Etiketten der Brauerei und sind zugleich Farbgeber für die kleinen Mosaikfliesen. „Ein Hauch vom alten Leben ist auch in den neuen Sachen drinnen“, lacht Katharina Röhrl und ergänzt: „Dass alles aufeinander abgestimmt ist und etwas mit der Familie zu tun hat, fällt den Gästen schon auf.“

Die Mühen des Umbaus, der Kampf mit Raumhöhen und Zimmerzuschnitten sind dem Ergebnis nicht mehr anzumerken. Aber ein Satz wird hängen bleiben: „Wir müssen den Gästen vorgeben, was die Gäste wollen, und nicht das bauen, was die Gäste vermeintlich suchen!“ Mit so viel Weitsicht wird das Familienunternehmen auch die nächsten Jahrhunderte in Eilsbrunn Bestand haben.⇥Eva Maria Herrmann, München

Projektdaten

Objekt: Hotel Röhrl

Standort: Regensburger Straße 5, Sinzing

Bauherr: Katharina und Andreas Röhrl

Architekt: Kühnlein Architektur, Berching,

www.kuehnlein-architektur.de

Eröffnung: 2017

Anzahl der Zimmer: 25

Preis pro Übernachtung: 89 €

www.hotel-roehrl.com

Hersteller

Teppichböden Flur: interface, www.interface.com

Stuhl Gästezimmer: Vitra International AG, www.vitra.com

Trennwandsysteme, Gipskartonwände: Knauf Gips KG, www.knauf.de

Beschläge Häfele GmbH & Co. KG, www.haefele.de;

FSB Franz Schneider Brakel GmbH & Co. KG, www.fsb.de

Sanitärkeramik: Laufen Deutschland, www.de.laufen.com

Das Hotel Röhrl im alten Sudhaus muss sich nicht angestrengt bemerkbar machen und inszenieren, oder alle paar Jahre modernisieren und neu erfinden. Es ist einfach da. Seit Generationen. Und so wie es ist, muss man es akzeptieren.«⇥
⇥Architekt Michael Kühnlein
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