„Il Girasole“, auch ein Film von Marcel Meili, jetzt auf DVD
www.scheidegger-spiess.ch

Als der nur 17-minütige Film von Christoph Schaub und Marcel Meili 1995 an der Biennale „Film und Architektur“ in Graz mit dem 1. Preis der Internationalen Architekturkritik ausgezeichnet wurde, war wohl nicht ganz klar, wer hier die Auszeichnung erhalten hat: das Filmteam, dessen Arbeit oder der Protagonist dieses Films. Denn bis zu diesem Zeitpunkt – und vielleicht noch bis heute – war die an einem sanften Hügel stehende, eine knappe halbe Autostunde östlich von Verona erbaute Villa des Ingenieurs Angelo Invernizzi nur Kennern bekannt. Das „Il Girasole“ genannte Bauwerk aus den frühen Dreißigern ist dabei eine einzigartige, immer noch sehr gut erhaltene Perle der italienischen Moderne und: Sie ist – die „Sonnenblume“ verrät es – eine von Moto­ren belebte Konstruktion. Auf dem Sockelgeschoss stehen zwei, rechtwinklig an einen Turm gesetzte Flügel, jeder zweigeschossig mit Dachterrasse. Sie und die von ihnen gefasste Terrasse drehen sich in 24 Stunden einmal um sich selbst, folgen also theoretisch dem Lauf der Sonne.

Heute ist dieses Wunderwerk der Technik in feinstem italienischen Design nur noch eingeschränkt drehbar, das Fundamentgeschoss hat sich in Teilen so stark gesetzt, dass die auf Schienen rollenden Räder an einem bestimmten Punkt nicht weiter können.

Die Architektur, die nicht im Entferntesten daran denkt, ökologisch zu sein, steht für eine Zeit, in welcher die Idee vom Gesamtkunstwerk virulenter war als heute. Man könnte „Il Girasole“ als Spleen abtun, doch das gelingt schon nicht mehr, wenn man sich den oben genannten Film anschaut (Scheidegger & Spiess). Seine Poesie wird allein dadurch gebrochen, weil man es kaum verhindern kann, immer wieder zurückzuspulen. Weil die Bilder großartig, so ganz aus dieser Zeit der rationalen Planung sind. In Bewegung gesetzt werden die 1 500 t Drehmasse ganz en passant mittels Druck auf einen kleinen roten Knopf; der könnte auch eine Klingel sein. Be. K.

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