Interkontinental geplantMedical Center Replace-
ment, Weilerbach
ment, Weilerbach
In unmittelbarer Nähe zum US-Militärflughafen Ramstein entsteht bis 2022 das Krankenhaus „Rhine Ordnance Barracks Medical Center Replacement“ (ROBMCR). Die Generalplanung der Vorplanung des Projekts erfolgte durch ein Joint Venture aus HOK Architects, New York/US und Washington D.C., und der HWP Planungsgesellschaft mbH (HWP), Stuttgart, auf methodischer Grundlage von Building Information Modeling (BIM). An der Entwicklung waren insgesamt 20 weitere Fach- und Sonderplaner im Auftrag des Joint Venture beteiligt, die über sechs verschiedene Zeitzonen hinweg am selben BIM-Modell arbeiteten. Als besondere Herausforderung erwies sich dabei die Integration der verschiedenen Regularien aus den USA und aus Deutschland.
Die ca. 10 km westlich von Kaiserslautern gelegene Ramstein Air Base dient als Hauptquartier der US Air Forces in Europa. Der Standort ist der größte US-Militärflughafen außerhalb der Vereinigten Staaten, in der gesamten Region Kaiserslautern leben deshalb rund 60 000 Militär- und Zivilangehörige. Deren stationäre und ambulante Primärversorgung erfolgt bislang im Landstuhl Regional Medical Center (LRMC). Um eine deutlich verbesserte Infrastruktur und Ausstattung zu erreichen, wurde im Jahr 2009 der Neubau des Rhine Ordnance Medical Center Replacement beschlossen, der durch die Bundesrepublik Deutschland für die US-Streitkräfte geplant und gebaut wird.
Mit der Generalplanung für die Vorplanung des Projekts hatte das US-
Verteidigungsministerium, vertreten durch das U.S. Army Corps of Engineers, 2010 das Joint Venture HOK Architects / HWP beauftragt.
Das neue Krankenhaus sieht auf einer BGF von ca. 120 000 m²
68 Betten, 120 Diagnostik- und Behandlungsräume sowie 9 Operationssäle vor. Komplettiert wird der mitten in einem Waldgebiet auf dem Gelände eines ehemaligen US-Munitionsdepots gelegene Standort durch mehrere Energiezentralen sowie durch zwei nördlich angrenzende Parkhäuser mit 2 400 Parkplätzen. Mit vorbereitenden Baumaßnahmen wurde bereits im Oktober 2014 begonnen. Die
Kosten für das Projekt belaufen sich derzeit auf insgesamt ca. 1 Mrd. US$. Deutschland trägt etwa 15 % dieser Summe. Es wird das Ziel verfolgt, das Gebäudeensemble Ende 2022 fertigzustellen.
HOK Architects und HWP betreuen weltweit komplexe Planungs- und Bauprojekte in den Bereichen Gesundheitswesen, Bildung, Industrie, Logistik, Handel sowie öffentliche Verwaltung. HWP hat 2006 als eines der deutschlandweit ersten Architekturbüros Building Information Modeling als Planungsmethodik eingeführt. Aufbauend auf diese umfangreiche Erfahrung wurde das Büro mit der Vorplanung des neuen Krankenhauses betraut. Die Entwurfsplanung erfolgte in einem Joint Venture durch das Büro HOK Architects, das ebenfalls schon zahlreiche BIM-Referenzprojekte realisiert hat und das bereits mehrfach für das U.S. Army Corps of Engineers gearbeitet hat.
„Im Vergleich zu Deutschland ist das amerikanische Gesundheitswesen stärker auf die ambulante Versorgung der Patienten ausgerichtet“, erklärt Architekt Benjamin Ebbecke, Prokurist und Partner bei HWP. Um die spezifischen Anforderungen umzusetzen und neben einem herkömmlichen Krankenhausbetrieb auch eine optimale ärztliche Versorgung von verwundeten Soldaten zu ermöglichen, entwickel-
ten die Planer ein Gebäudeensemble, das sich aus unterschiedlichen Elementen zusammensetzt. Im Zentrum steht ein wellenförmiger, im Wesentlichen fünfgeschossig ausgebildeter Baukörper mit vertikalem Erschließungsturm in Richtung Norden, der neben der Klinik auch
einen großen Verwaltungsbereich beherbergt. Markanter optischer Blickfang des Volumens ist die facettenartig strukturierte Frontfassade oberhalb des verglasten Erdgeschosses, die mit ihrer abstrakt-
pixelhaften Gestaltung die umgebende Waldlandschaft einbezieht. Rückseitig schließt sich ein kreissegmentförmig geschwungener Riegel mit vier deutlich flacheren, dabei fächerartig auslaufenden Gebäudespangen an, mit den Bereichen Untersuchung und Behandlung. Eine Krankenhauskapelle und mehrere begrünte Innenhöfe ergänzen das Ensemble.
Komplexer Planungsprozess
„Der Klinikneubau steht auf deutschem Boden, wird nach Fertigstellung aber von amerikanischer Seite betrieben“, beschreibt Ebbecke eine der grundsätzlichen Herausforderungen des Projekts. „Im Rahmen der Planung mussten deshalb neben dem deutschen auch das amerikanische sowie das militärspezifische US-amerikanische Bau- und Arbeitsrecht mit jeweils umfangreichem Normenwerk berücksichtigt werden. Hinzu kam, dass mit dem HOK Architects / HWP Joint Venture und dessen Fach- und Sonderplanern insgesamt über 150 Mitarbeiter an dem Projekt beteiligt waren. In der Praxis bedeutete das, dass das Team über sechs verschiedene Zeitzonen hinweg zusammenarbeitete und dabei rund 15 Besprechungen pro Woche als Telefonkonferenzen durchgeführt hat.“
Um trotz dieser hohen Anforderungen die gesteckten Qualitäts-, Kosten- und Terminziele einhalten zu können und eine optimale Koordination des vielschichtigen Planungsprozesses zu erreichen, wurde das Projekt von Anfang an auf Grundlage von BIM konzipiert und soll auch bis zur Ausführung mit der Methodik geplant und ausgeführt werden. Neben der Architektur und der Tragwerksplanung wurde dabei auch die Technische Ausrüstung des Neubaus modellbasiert und integrativ auf Basis von Building Information Modeling entwickelt: „Auf diese Weise war es uns möglich, dass sämtliche Planungsbeteiligten jederzeit von unterschiedlichen Orten aus direkt und gleichzeitig auf die aktuelle Planung zugreifen und in Echtzeit daran arbeiten konnten“, beschreibt Architekt Ebbecke den grundlegenden Vorteil der Methodik. „Dieses interaktive Arbeiten hat nicht nur den Informationsaustausch unter den Planern erheblich verkürzt und verbessert, sondern uns außerdem schon frühzeitig eine verlässliche Sicherheit im Hinblick auf Mengen und Kosten ermöglicht.“
Gemeinsame Grundlage
Um sämtliche Mitarbeiter der Büros auf den gleichen
Arbeitsstand zu bringen, wurden bereits im Vorfeld der Planung verschiedene BIM-Schulungen durchgeführt. Während des Projekts wurde dieses Know-how durch zusätzlich eingebundene BIM-Consultants weiter etabliert, die gleichzeitig auch gemeinsame Standards und Tools festlegten. Die genauen Vorgaben zur Kommunikation und zur konkreten Zusammenarbeit erfolgten dabei in enger Absprache zwischen den jeweiligen Projektleitern auf amerikanischer und deutscher Seite.
Als gemeinsame Grundlage diente den Planern ein mit Revit erstelltes digitales Gebäudemodell, das im Verbund mit einer direkt angebundenen dRofus-Datenbank auf einem projektweise angemieteten externen Citrix-Server abgelegt war und dessen Informationen über die offene IFC-Schnittstelle (Industry Foundation Classes) problemlos und verlustfrei mit anderen Programmen ausgetauscht wurden: „Das Modell integriert sämtliche Entwürfe, Renderings und Massenberechnungen und ermöglichte damit schon in einem frühen Projektstadium ein realistisches Abbild des späteren Gebäudes“, berichtet Benjamin Ebbecke. Im fertigen Entwurf umfasst es mehr als 4 000 Räume, 48 000 geplante Ausstattungsgegenstände und 75 betriebsorganisatorische Abteilungen. Die angebundene Datenbank enthält zusätzliche Pläne, Listen, Materialien und weitere Attribute wie energetische Eigenschaften. Für ein effektives Kostenmanagement wurde zusätzlich das Tool RIB iTWO eingebunden. Das gemeinsame Urheberrecht für die Planung liegt beim Joint Venture HOK Architects / HWP.
Optimierung des Projektsablaufs
„Im Vergleich zu Deutschland ist das amerikanische Bauen noch stärker an Regularien ausgerichtet“, beschreibt Ebbecke seine Erfahrungen bei der Planung des Projekts. „Ganz konkret mussten wir in diesem Fall vor allem umfangreiche militärspezifische Anforderungen berücksichtigen und dieses detaillierte Pflichtenheft dann mit den zusätzlichen Auflagen des deutschen Baurechts zusammenführen. Die BIM-Methodik hat uns in diesem Bereich eine deutliche Optimierung des Projektablaufs ermöglicht. Denn durch die Integration der vielfältigen Auflagen in unser digitales Gebäudemodell konnten wir unsere Entscheidungen etwa hinsichtlich Brandschutz, Wegelängen oder anderen Aspekten in jeder Planungsphase sofort im Modell untersuchen und viel unkomplizierter als in einer konventionellen, nicht BIM-basierten Planung
fächerübergreifend Lösungsvarianten entwickeln, diskutieren und festlegen.“
Eine wichtige Rolle bei diesem interaktiven Prozess spielten auch die unterschiedlichen Planungskulturen: „Insgesamt wird in amerikanischen Planungsbüros spürbar ablaufbezogener, pragmatischer und kommunikativer gearbeitet, als wir das in Deutschland gewohnt sind“, berichtet Benjamin Ebbecke. „Das hat uns sehr überzeugt, weil es bei richtiger Implementierung eine große Effizienzsteigerung bietet und zu einer hohen Planungsqualität führt. Dabei spielt es sicher eine Rolle, dass man in den USA schon erheblich länger mit der BIM-Methodik plant. Denn auf konventionelle Weise wäre es letztlich
gar nicht möglich, derartig interaktiv rund um die Uhr online an einem Projekt zu arbeiten.“
Robert Uhde, Oldenburg