Klinik mit Herz und Hirn
Kinder- und Herzzentrum KIZ der Universität Inns­bruck/A

Die Architekten Nickl & Partner planten das neue Kinder­zentrum an der Uniklinik Innsbruck. Gelbe, hell- und dunkelorangefarbenen Lüftungskästen vermitteln eine positive Corporate Identity. Hinter niedrigen Brüstungen, auf denen man sitzen kann, liegen helle Zimmer mit viel Ausblick, die große Loggia gehört zum Spielraum. Innen sorgen hohe Atrien mit umlaufenden Gängen für viel Tageslicht und gute Orientierung.

Das Landeskrankenhaus Innsbruck mit seinen Universitätskliniken ist eine Welt für sich: Fast fünfeinhalbtausend Menschen arbeiten in diesem Krankenhaus, das zentral liegt. Es ist ein Komplex aus mehreren Gebäu­den, deren Südseiten sich an der Maximilianstraße auffädeln, um dann weiter in die Tiefe des Blockrasters vorzudringen. Im Norden ziehen sich die Bauteile bis zur Universität hin.

Lange waren Kinder- und Infektionsklinik in einem Altbau untergebracht. Er liegt am westlichen Ende der Maximilianstraße schräg gegenüber der schlanken Scheibe der Chirurgie und war in den 1960ern um einen Anbau erweitert worden. Dieser war veraltet, außerdem wollte man die Klinik zum Kinderzentrum ausbauen. 2002 gab es einen anonymen, geladenen Wettbewerb mit europaweitem Vorauswahlverfahren. Das Münchner Büro Nickl & Partner siegte. Sein modular aufgebautes, farblich akzentuiertes Projekt fügt sich städtebaulich hervorragend in die Krankenhausstruktur. Es punktet mit guter Orientierung, atmosphärischer Wärme und durchgehender Nutzbarkeit in allen Bauphasen.


Frische Farben und neue Gärten

„Die Dachgärten werden für zusätzlichen Erholungsraum (Sonne, Erholung, Aussicht) sorgen, der verspielte Innenraum ist kindgerecht, wobei die Glasflächen beruhigend wirken. Entscheidend ist die Heiterkeit des inneren Bereichs, der Fassaden und des Grünen, welches für die Patienten einer Kinderklinik besonders wichtig sind,“ so das Juryprotokoll. Auch die Magistrale im Norden, die für die Verbindung zwischen Chirurgie und Frauenklinik/MZA sowie möglichen Anschlüssen an Forschungsgebäude im Wirtschaftstrakt vorteilhaft ist, wurde positiv hervorgehoben.

„Wir hatten ein klares, einfaches Konzept, das sich städtebaulich gut integrieren lässt“, so Projektleiter Arndt Sänger. „Unser Neubau schließt den Blockrand und hat mit seiner vielschichtigen Fassade eine hohe gestalterische Qualität. Außerdem konnten wir durch innenliegende Atrien alle Flure natürlich belichten und die Klinik straff organisieren.“ Panoramafenster, Parkettböden aus Eschenholz, weiße Einbaukästen, Sessel und Vorhänge in Gelb- und Orangetönen erzeugen in den Zimmern freundliche Wohnlichkeit. Sie sind fast alle zu Sonne, Straße und Stadt orientiert und liegen an Fixverglasungen, deren Brüstungen nur 45 cm hoch sind. Auf dem weißen, lichtreflektierenden Holz kann man wie auf einer Bank sitzen.


Prototypische Fassade

Die vorgehängte Elementfassade ist aus hellem, natürlich eloxiertem Aluminium und sehr raffiniert. Elektrisch angetriebene, perforierte Faltschiebeläden fungieren als außenliegender Sonnenschutz. Sie lassen sich individuell steuern und werden automatisch zwei Mal täglich per Sonnenstandanzeiger am Dach nachjustiert. Jedes der fixverglasten Fenster hat einen schmalen Lüftungskasten. Er ist von innen aus zu öffnen und mit einer Glasbrüstung gesichert, damit kein Kind hinein klettern kann. Außen aber ragt er als plastisches Element aus der Fassade. Die Seitenteile des Kastens sind mit bunten Paneelen verkleidet: Sie überziehen die straßenzugewandten Fassaden im Süden, Osten und Westen mit gegeneinander versetzten, leuchtend gelben, hell- und dunkelorangen Streifen: Das wirkt lebendig und gibt der Klinik eine fröhliche Corporate Identity.

Einzig auf der Rückseite im Norden sind die Lüftungskästen dunkelblau. Von dort sieht man auf die Nordkette, bis zum zweiten Ober­geschoss. Hier verläuft die Magistrale als Verbindungselement zwischen Bestand und Neubau. Auf dieser breiten, inneren Straße können Betten in Notfällen rasch transportiert werden und schließt im ersten Stock der große Speisesaal an den Luftraum an. Die Laufbänder in der Eingangshalle warten schon darauf, im zweiten Bauabschnitt bis ans Ende der künftigen Kinderklinik verlängert zu werden. Sie wird im Westen um weitere Funktionsbereiche und ein Herzzentrum ergänzt, die sich nach demselben Prinzip um ein zentrales Innenatrium gruppieren. Laut Günther Kandelbauer, dem Projektleiter der TILAK – Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH sind die Nutzer mit dem ersten Bauteil sehr zufrieden. Seine Kubatur entspricht etwa 40 % des Gesamtvolumens. Bald wird die alte Klinik abgebrochen, dann folgen die restlichen 60 %.


Vielseitige Struktur

In jeder Station gibt es gläserne Spielräume, denen zweigeschossige Loggien vorgelagert sind. Sie kommen sehr gut an. Außerdem sind die 2,50 m breiten Flure, die rund um das Innenatrium verlaufen, sehr beliebt. „Die Kinder mögen die Gänge besonders gern, weil sie da mit ihren Dreirädern und Traktoren fahren können“, sagt Gerti Gstrein, leitende Stationsschwester der Pädiatrie Station A. Sie schätzt am Neubau, dass es hinter dem offenen Stützpunkt ein eigenes Büro für sie gibt. Auch die Aufenthaltsräume für das Personal mit den von der Decke hängenden, transluzent verglasten Oberschränken zwischen der Küche und dem Tisch am großen Fenster mit Bankparapet sind sehr ansprechend gestaltet.

Im Erdgeschoss liegt ein Café, im zweiten Obergeschoss führt eine gläserne Verbindungsbrücke zum angrenzenden Bestand, der bei laufen­dem Betrieb statisch verstärkt und aufgestockt wurde. Der Altbau gab einen Raster von acht Metern vor, sonst folgen die drei aufgesetzten Ebenen den Gestaltungsprinzipien des Neubaus: Sie haben dieselbe vielschichtige Fassade mit den mar­kanten, bunten Lüftungskästen, hohe Fixverglasungen, helle Zimmer und ein Innenatrium mit umlaufenden Gängen, das auf der ganzen Ebene für viel Helligkeit, Außenbezug, gute Orientierung und Sichtkontakt sorgt.

Aus den abgetreppten Hörsälen im Erdgeschoss sieht man auf die Maximilianstraße, darüber liegen die Büros der Verwaltung. Im rundum verglasten Innenatrium, das sich als lichter Raum von 7 mal 14 m über alle Geschosse zieht, wächst ein japanischer Garten. Aufenthaltsräume, Besprechungs­zimmer und Büros der Stationen sind zu diesem lichten Luftraum orientiert. Die offenen, gläsernen Stützpunkte schließen an Treppenhaus und Liftkern an, die im nordöstlichen Eck des Gebäudes liegen, die Fluchttreppe befindet sich diagonal gegenüber im Südwesten. Diese vertikalen Erschließungskerne tragen statisch mit, alle Leitungen sind in der abgehängten Decke geführt.

Der Neubau beruht auf einem konstruktiven Stützenraster aus Stahlbeton. Sein Achsmaß von 7,50 m ist für Krankenhäuser optimal und sehr flexibel. In diesem Abstand lassen sich an einer Zwischenwand im Leichtbau zwei Zimmer mit Bad unterbringen. „3,75 m Breite ist ein gutes Klinikmodul,“ so Sänger. „Da können ein oder zwei Betten mit der Kopfseite an die Wand gestellt werden und hat man rundherum noch genug Raum für einen Fensterplatz mit Tisch.“ Dank ihrer klaren Struktur ist die Kinderklinik auch interimistisch voll funktionsfähig. So ist die Ambulanz derzeit im zweiten Stock untergebracht. Später wird sie in den ersten Stock verlagert. Die Räume der temporären Ambulanz aber sind schon jetzt mit allen Anschlüssen der künftigen Bettenstation ausgestattet.„Bis vor kurzem wurde in Berichten über die Innsbrucker Uniklinik meist die Chirurgie gezeigt,“ sagt Günther Kandelbauer. „Nun wird immer öfter ein Bild der Kinder­klinik als Symbol für das Krankenhaus verwendet.“
Isabella Marboe,Wien

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