Lösungen für die Zukunft

Mit der „Digitalisierung“ ist nun nach „Smart“ und „Nachhaltig“ ein weiteres Schlagwort im Ring der Diskussion um die Zukunft des Bauens angekommen. Und ebenso wie die beiden anderen Begriffe ist die Aufregung um die Bedeutung ebenso hoch, wie die Unschärfe des Begriffs eine Vielzahl von Interpretationen zulässt.

Von der Nutzung simpler Emails und pdf-Dateien bis zum möglichen Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) reicht der Spielraum von Interpretationen des Begriffs Digitalisierung. Somit hat jeder irgendwie Recht und kann seinen gut begründeten Standpunkt innerhalb der eigenen Interessengruppe verstärken. So versucht man der Ungewissheit einer grundlegenden Veränderung der eigenen Arbeits- und womöglich auch Lebensweise zu entkommen.

Klar ist auch, dass die Softwareindustrie mit dem Fokus auf den Verkauf teurer BIM-Software evtl. den Bogen überspannt hat. Die Marketing getriebenen Versprechungen von BIM als Allheilmittel haben sich bislang so nicht bewahrheitet.

Um zu verstehen, wo wir heute bei der Digitalisierung in der Baubranche stehen, muss man den Planungs- und Fertigungsprozess in der Gesamtheit betrachten. Die Digitalisierung ändert dabei nicht nur aktuell unsere gesamte globale Gesellschaft, sondern auch die Aufgaben an die Architekten eine gebaute Welt für diese Gesellschaft zu schaffen. Um das Potential und evtl. auch die Notwendigkeit digitaler Planungs- und Fertigungsprozesse zu verstehen, sollten wir versuchen, ein paar Schritte zurück zu treten und die Entwicklungen im Gesamten zu betrachten.

Die Aufgaben

Die ganz großen Aufgaben sind der Schutz des Klimas bei einer steigenden Zahl der globalen Bevölkerung in Verbindung mit gesellschaftlichen Durchdringung digitaler Wertschöpfungsketten. Zu jeder der drei genannten Entwicklungen fehlen uns komplett die Erfahrungswerte.

Schutz des Klimas

Das scheint derzeit unsere wichtigste Aufgabe. Ein Versagen bei der Lösung hat potentiell die Auslöschung unserer bekannten menschenbewohnten Welt zur Folge. Aktuellen wissenschaftlichen Aussagen zur Folge bleibt uns noch ein Zeitfenster bis 2040, um die Wirtschaft und Gesellschaft auf einen Ausstoß von CO2 auf NULL zu senken. Das bedeutet, dass alle Gebäude, die heute erstellt werden, in 20 Jahren Betrieb auf NULL kommen. Gebäude, die heute konzeptioniert werden, also in der Entwicklung stehen und realistisch in etwa 7 bis 8 Jahren fertiggestellt sind, müssen dann 12 Jahre später die NULL erreichen. Die parallel laufende Entwicklung nichtfossiler Energiequellen verschafft sicherlich einen gewissen Spielraum, dennoch müssen allen Prog­nosen zur Folge die Neubauten die NULL erreichen, um den Bestand weitgehend mit nichtfossiler Energie versorgen zu können.

Für die Reduktion der zur Erstellung benötigten Energien und Rohstoffe bleibt uns derselbe Spielraum – die Entwicklung kompletter Rohstoffkreisläufe für den Bau sowie der Einsatz komplett kompostierbarer Produkte.

Es gibt derzeit eine Vielzahl von Akteuren und Entwicklungen, die sich mit der Lösung dieser Aufgabe befassen. So stehen einige Verfahren und Prinzipien wie z. B. Cradle to Cradle und Technologien wie Photovoltaik jedem prinzipiell zur Verfügung. Aber deren Einsatz ist derzeit weder vollumfänglich noch allen wirklich bekannt. Hier steht die Vernetzung des gesamten globalen Wissens, die rasche Einführung neuer Technologien häufig den derzeit gelebten und praktizierten Verfahren entgegen. Die Digitalisierung wirkt bei der Lösung der Aufgabe eher indirekt mit. Durch die Vernetzung des gesamten Wissens und dessen Anwendung auf die einzelne individuelle Bauaufgabe verändert sich die Planung hochgradig dynamisch. Das Wissen wird nicht über „Genera­tionen“ im Büro aufgebaut, sondern steht jedem direkt zur Verfügung. Durch bestimmte Algorithmen und numerische Simulationen kann so eine Planung auf dem aktuellsten Stand der Wissenschaft erfolgen. Wir können damit die zu lange dauernden Verfahren des „anerkannten Stands der Technik“ abkürzen, wo es sinnvoll ist. Wie schon erwähnt, können wir uns 20 Jahre bis zur Einführung bestimmter Verfahren schlicht nicht mehr leisten. Zudem hat die derzeitig vorherrschende Produktionsmethode mit einer Mischung von industriell gefertigtem Halbzeug und handwerksorientierter Montage systemisch betrachtet ein Problem bei der abfallfreien Erstellung von Bauwerken. Auch lässt bei dem tradierten Verfahren häufig die Qualität und Mängelfreiheit zu wünschen übrig. Digitale Fertigungsmethoden in vernetzten Systemen haben hier eindeutig Vorteile, wie sie derzeit auch in anderen Branchen eingesetzt werden. Ein weiteres Optimierungspotential könnte der Einsatz reagierender Systeme darstellen. Ein mit verschiedenen Sensoren ausgerüstetes System, vernetzt mit den Nutzungs- und Umgebungsdaten, optimiert das Gesamtenergiesystem des Bauwerks. Das ist in der Theorie zwar schon seit langem bekannt, allerdings ist die Umsetzung aufgrund mangelnder, komplexer und störanfälliger Gesamtsysteme bislang nur eingeschränkt nutzbar. Aber auch hier werden die Systeme günstiger und einfacher einsetzbar. Unterstützt wird dies durch eine KI-optimierte Auswertung globaler Nutzerdaten. Die Systeme lernen also global und wenden diese Informationen lokal an, ähnlich den Übersetzungsprogrammen von Google.

Bevölkerungswachstum

Das noch bis Ende dieses Jahrhunderts anhaltende Bevölkerungswachstum sorgt für einen ­enorm steigenden Bedarf an baulicher Infrastruktur, vorwiegend in städtischen Megastrukturen. Dieser Bedarf besteht unmittelbar. Nicht nur in Deutschland oder Europa ist diese Entwicklung sichtbar, sondern sie ist ein globales Phänomen mit einer dramatischen Auswirkung auf die oben beschriebenen Probleme des Klimawandels und der Ressourcenknappheit. In diesem Kontext wird deutlich, dass eine tradierte, handwerksorientierte Baumethodik mit den aktuellen Anforderungen nicht kompatibel ist. In den kommenden 50 Jahren wird mehr Stadtraum gebaut werden müssen als in der Vergangenheit insgesamt. Die Gebäude der nahen Zukunft müssen schneller, mit reduziertem Materialeinsatz und deutlich güns­tiger erstellt werden; gleichzeitig mit durch den geforderten NULL CO2-Verbrauch eine deutlich höhere Qualität in der Ausführung aufweisen.

Digitale Gesellschaft

Bedeutungsvoll ist, auch für die Definition einer Gesellschaft, dass die wesentliche wirtschaftliche Wertschöpfung nicht mehr das industriell hergestellte Produkt ist. Vielmehr sind es nun Daten und damit einhergehende Dienstleistungen, die die globale Wirtschaft definieren. Die Veränderung unserer Gesellschaft ist damit auch ultimativ bei jedem Einzelnen angekommen. Jeder digital ausgelöste Prozess, wie das Buchen einer Reise oder die Bestellung einer Ware über das Internet, verändert unsere Stadt. Kommunikation, Interaktion und sämtliche Dienstleistungsbereiche sind davon betroffen. Das Sicherheitsempfinden wird ebenso neu definiert werden, wie künftige Kriege nicht unmittelbar zum Gewinn von Land, sondern zur Beherrschung der Netzwerke stattfinden. Wir steuern und werden gesteuert, überwacht von Sensoren und Kameras, analysiert von Algorithmen, die immer bessere Prognosen über ein zukünftiges Ereignis erstellen können. Viele kleine Helferlein, vom autonomen Mähroboter bis zum selbstfahrenden Auto ersetzen zunehmend den Menschen in vielen Bereichen. Fabriken der Industrie 4.0 wechseln autonom Werkzeuge und können somit schnell auf neue Produktanforderungen reagieren – das Einzelstück zum Preis des Serienprodukts.

Im Gleichklang dazu findet durch die Gamification eine Durchdringung unseres Alltags durch eine digitale und allzeit verfügbare Spielekultur statt. Selbst das Einkaufen, ursprünglich eine Tätigkeit zur Befriedigung der Grundbedürfnisse, wird durch Punkte und Bonussysteme einem Motivationssystem aus der Spielewelt zugeordnet.

In der Gegenreaktion zeigt sich aber auch ein neues Bewusstsein gegenüber den sozialen und menschlichen Bedürfnissen. Ernährung, Umwelt und Optimierung des eigenen Körpers und Geistes nehmen in manchen Bereichen fast schon eine religiöse Bedeutung an.

All dies passiert gerade jetzt und ist hochdynamisch. Apps haben einen Innovationszyklus von ca. drei Monaten, Smartphones von zwölf Monaten. Die neueste Mode kommt gesteuert durch Algorithmen nach zwei Wochen in die digitalen Shops.

Während sich die Orte der Produktion den schneller werdenden Zyklen anpassen werden, verändern sich auch die Orte der Büroarbeit. Allgegenwärtige Verfügbarkeit der digitalen Werkzeuge und Kommunikationsmöglichkeiten ermöglichen eine Unabhängigkeit vom jeweiligen Standort. Die Zentrale als Knotenpunkt der Infrastruktur wird virtualisiert und weicht Standorten der persönlichen Kommunikation. Co-Working, Kooperation und Kommunikation ersetzen die seriellen Verwaltungsflure. Wenn Daten der Rohstoff dieser gesellschaftlichen Entwicklung sind, dann ist die Kreativität der Startpunkt. Städte wandeln sich somit auch vom Marktplatz, also vom Vertrieb von Waren, zum Ort der Möglichkeiten.

Diesem dynamischen Wandel steht die Langsamkeit des Bauens gegenüber. Während die Bausubstanz im Kern noch gut ist, ist die Nutzbarkeit der Gebäude oft schon nach 20 Jahren nicht mehr gegeben. Die Städte und Gebäude unterliegen daher auch einem immer schneller werdenden Wandel. Die Erneuerung der Infrastrukturen erfolgt beständig und immer schneller und reagiert damit besser auf die sich änderten Anforderungen einer digitalen Gesellschaft.

Die Werkzeuge

Die genannten Aufgaben werden sich nur durch einen konsequenten Einsatz von neuen Planungs- und Fertigungsinstrumenten erfüllen lassen. Dabei geht es keinesfalls um Selbstzweck, sondern um eine absolute Notwendigkeit.

Die digitalen Werkzeuge allein werden dabei allerdings nichts verändern. BIM einfach als Ersatz von CAD erzeugt zwar kongruentere Datensätze, wird aber zunächst nichts fundamental verändern. Nur durch eine konsequente Anpassung der Planungsabläufe und einer Verschränkung mit der digitalen Fertigung können die digitalen Potentiale gehoben werden.

Für den künftigen Planer steht eine Reihe von verschiedenen digitalen Werkzeugen zur Verfügung:

1. Kommunikationswerkzeuge

2. Analyse-Systeme (numerische Simulationen,

KI, etc.)

3. KI-Abgleich von Datenbanken

4. Parametrische Planungswerkzeuge

5. KI-basierte Kalkulationswerkzeuge

6. Vergabe und Verträge durch Blockchain

7. Digitale Fertigung (Robotik und Industrie 4.0)

8. Scannen von Beständen

9. Digitale Geschäftsmodelle beim Betrieb

Kommunikationswerkzeuge

Nicht erst mit der Erfindung des Smartphones vor ca. 12 Jahren hatten schon eine Reihe von Erfindungen (wie z. B. das Fax) die Kommunikation deutlich beschleunigt, nun können aber Teams global per Video und ohne zusätzlichen Kostenaufwand kommunizieren. Dies ermöglicht eine globale Zusammenarbeit in Projekten in allen Teilen der Welt. Diese permanente Zusammenarbeit in Echtzeit verändert häufig aber auch den Charakter von Projekten. Sie werden auf der einen Seite schneller; gleichzeitig ermöglicht die rasche Zusammenführung von Experten aber auch einen höheren Anspruch an die planerische Qualität.

Zu diesen nahezu klassischen Kommunikationstechnologien gesellen sich nun zunehmend Verfahren zur besseren visuellen Darstellung. Dies können auf der einen Seite die bekannten realistischen Renderings oder Filme sein oder auch die Visualisierung in der Virtuellen Realität. Waren diese Systeme vor zehn Jahren noch den Entwicklungsabteilungen in der Industrie vorbehalten, so ermöglichen heutige kostengünstige Technologien jedermann das Begehen der Virtuellen Welt. Eine Überlagerung der Informationen der Virtuellen Welt mit der realen Umgebung nennen wir Augmented Reality. Beide Technologien werden häufig auch schon sehr erfolgreich bei der Vermittlung von Bauaufgaben eingesetzt, z. B. in partizipativen Verfahren.

Analysesysteme

Vor einigen Jahren waren die grundlegenden Analysen einer Bauaufgabe meistens spezialisierten Fachplanern vorbehalten. Da die Kosten dafür sehr hoch waren, wurden im Normalfall nur wenige Varianten überprüft. Heute beginnen wir nahezu jede Planung mit einer Reihe von verschiedenen numerischen Analysen. Dies können neben einfachen Sonnenstand- und Lichtsimulationen auch Schallemissionen, Verkehrsflüsse, Logistikflüsse, Sichtbeziehungen u. ä. sein. Die Aufgabenstellung entscheidet hier über die Notwendigkeit der Analyse. Darauf aufbauend können wir verschiedene Parameter entwickeln, die im weiteren Schritt in der parametrischen Planung eingesetzt werden.

KI-Abgleich von Datenbanken

KI kann auf unterschiedlichen Ebenen die Planung unterstützen und optimieren. Aus der Sicht des Planers ist es gerade jetzt an der Zeit, die Anforderungen an eine adäquate KI zu stellen. So könnten KI-Systeme z. B. die bekannten Datenbanken der verschiedenen Normen und Gesetze durchforsten und Anmerkungen für die jeweilige spezifische Planung geben. Auch die Suche innerhalb von Produkten mit spezifischen Anforderungen können durch eine KI schnell erledigt werden. Damit bleibt dem Planer wieder mehr Zeit für den eigentlichen kreativen Prozess der Gestaltung.

Parametrische Planungswerkzeuge

Ein Entwurf besteht immer aus der idealen Verbindung von Lösungen für verschiedene Anforderungen. Da in der Architektur diese Anforderungen sehr vielfältig und auch nicht wirklich gewichtet sind, ergibt sich eine nahezu unendliche Anzahl von Entwurfsoptionen. Der aktuelle analoge Planungsprozess kann dieser Vielzahl nur bedingt entsprechen, dafür steht die Anzahl der Planer gegenüber der Planungsaufgabe in einem sehr unzureichenden Verhältnis.

Im parametrischen Planungsprozess werden die wichtigsten Anforderungen der Planung in definierte Parameter übersetzt. Dies können sehr einfache Anforderungen des Nutzers an Parameter, wie z. B. Größe und Zuschnitte der Flächen und Kubaturen, Abstandsflächen, Sichtbeziehungen, Zugänge und Logistik sein. Klimatische Bedingungen, wie z. B. Sonnenstände und -einstrahlung, Luftbewegungen oder Lärm, werden schon in einem frühen Planungsstadium untersucht. Im weiteren Schritt werden auch Fertigungsparameter aufgenommen, wie automatische Verarbeitungsprozesse, Materialparameter oder Detailparameter.

Sie werden in einem Abhängigkeitsmodell abgebildet und in logische Abhängigkeiten zueinander gepackt. Bei der Planung werden nun verschiedene Varianten ausgetestet. Das parametrische Modell sichert dabei ab, dass alle vorher beschriebenen Parameter eingehalten werden.

Eingesetzt wird die parametrische Planung schon seit fast zehn Jahren. Anfänglich waren es nur einige wenige Bereiche, wie z. B. komplexe Fassaden, die mit parametrischer Software (wie z. B. Grashopper) erstellt wurden. Mittlerweile können deutlich komplexere Zusammenhänge programmiert werden. Viele dieser Programmteile (Skripts) sind dabei im Netz als open source verfügbar und viele neue, junge und dynamische Studierende auf der ganzen Welt nutzen bereits diese Möglichkeiten. Dadurch erhöhen sich die Anwendungsoptionen deutlich. Die meisten großen internationalen Büros nutzen parametrische Planungswerkzeuge bereits in der Konzeptphase und bauen darauf zunehmend auch die Ausführungsplanung auf.  Im Ergebnis werden dadurch komplexe Geometrien optimiert und einfacher plan- und baubar.

KI-basierte Kalkulationswerkzeuge

AVA-Programme sind in der Tat gefühlt schon ewig auf dem Markt und unterstützen die Planer bei der Ausschreibung. Allerdings basieren die meisten Programme auf einer relativ statischen Datenbank. Interessant wird nun der Einsatz von KI, die zum einen die aktuelle Planung begleitend aktiv nach ausschreibungsrelevanten Themen untersucht und zum anderen eine beständige Marktanalyse von Verfügbarkeit und Preis in Frage kommender Produkte durchführt sowie dazu auch optimierte Vorschläge erstellt. Im Vergleich zu ähnlichen (auch gebauten) Projekten könnten Lücken und Probleme in der Beschreibung und damit der Ausschreibung erkannt werden.

Vergabe und Verträge durch Blockchain

Die Vergabe von Bauleistungen ist im Prinzip eine beständige Aneinanderreihung von Einzelverträgen, vor allem, wenn die gesamte Lieferkette berücksichtigt werden soll. Blockchain-Technologien können künftig dabei helfen, eine lückenlose Übersicht der Lieferkette darzustellen und auch die Herkunft bestimmter Materialien abzusichern (wichtig z. B. bei nachhaltigen Produkten).

Digitale Fertigung (Robotik und Industrie 4.0)

Die wirkliche Herausforderung der Digitalisierung der Bauwirtschaft liegt letztendlich in der Erstellung der Gebäude selbst. Bislang ist das Bauen im Wesentlichen durch handwerkliche Prozesse bestimmt. Nicht nur die Trennung der einzelnen Gewerke verhindert dabei eine Optimierung, sondern auch die anerkannten Regeln der Fügetechnik, und damit der einzelnen Produkte, sind so stark auf die handwerkliche Umsetzung zugeschnitten, dass Versuche des punktuellen Einsatzes z. B. von Robotern nicht weiterführend sind. So ist der Einsatz eines Roboters z. B. zur Verlegung von herkömmlichem Mauerwerk technisch machbar, aber nicht wirklich effizient. Das Mauerwerksmaß war ja gerade darauf abgestimmt, dass der Maurer ohne Hilfsmittel arbeiten kann. Maschinelle Fertigung bedeutet daher auch eine Neuausrichtung der Produkte und Verfahren.

Wir unterscheiden dabei grundsätzlich automatengestützte Fertigung in der Fabrik (z. B. Fertigteilwände) von robotergestützen Fertigungen auf der Baustelle. Hier geht es nicht darum, dass die Maschine das menschliche und handwerkliche Fügen kopiert und optimiert, sondern, dass gänzlich andere Verfahren entwickelt werden, die auf die maschinelle Fertigung optimiert sind.

Scannen von Beständen

Wie schon beschrieben, werden digitale und parametrische Planungsprozesse bei den verschiedensten Neubauten schon heute sinnvoll und effizient eingesetzt. Was aber, wenn die existierenden Planungsunterlagen bei Bestandsgebäuden nicht vorhanden oder nicht ausreichend sind?

In diesem Fall müssen die Bauwerke eingescannt werden. Dies funktioniert heute schon sehr einfach und schnell über sogenannte 3D-Scanner. Die daraus resultierende Punktewolke ist sehr genau, allerdings muss zu einer weiteren Verwendung der Daten in einem 3D-Tool aus der Punktewolke erst noch eine Wand, eine Stütze oder ein Boden werden. Hier wird gerade in verschiedenen Forschungsprojekten KI eingesetzt, welche die Ähnlichkeiten der Geometrien erkennt und bestimmten Bauteilen zuordnen kann. Ziel ist somit, dass in naher Zukunft das digitale Erfassen des Bestands einfach und kostengünstig erfolgen kann; was wiederum die Voraussetzung dafür darstellt, mit vorgefertigten Systemen die Bestandsgebäude effizient zu sanieren.

Digitale Geschäftsmodelle

Die Einführung der beschriebenen Methoden und Verfahren hängt derzeit nur noch zu einem kleinen Teil am Stand der Technologie, sondern wird eher verhindert durch die aktuellen Geschäftsmodelle und Planungs- und Ausschreibungsprinzipien. In keiner anderen Branche ist das Zusammenspiel der jeweiligen Akteure so von Gesetzen und Normen durchdrungen wie im Baugewerbe. Themen der Haftung, der Vertriebspolitik sowie der Genehmigungsprozesse verhindern derzeit eine rasche Integration digitaler Technologien in den Gesamtprozess Bauen.

Die Neuausrichtung auf durchgängige, digitale Prozesse wird daher auch einen Ansatz von Haftung, Vertrieb und Fertigung ergeben. Durch neue Geschäftsmodelle in der Architektur, in Planung und Bauen wird es neue Chancen für die Architekten als Ersteller der Daten geben.

Fazit

Das Bauen als eine der größten Branchen hat in den vergangenen 20 Jahren nur eine minimale Steigerung der Produktivität zu verzeichnen. Unsere Gesellschaft hat derzeit einen sehr hohen Bedarf an neuen Wohnungen und Infrastrukturgebäuden: In hoher Qualität, umweltverträglich, kosteneffizient und sehr schnell werden neue Stadtteile und Wohnungen gebraucht. Wir können dies nur mit einer Veränderung unserer Prozesse erreichen.

Beispiele dafür gibt es überall. Sei es in anderen Branchen, wie z. B. dem Schiffs- oder Maschinenbau, oder aber durch Inspirationen aus der Natur.

Mit den neuen, uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wird sich auch die Architektur selbst ändern. Die Aufgaben sind beschrieben; sie sind enorm. Doch stehen auch die Werkzeuge schon bereit, diesen Herausforderungen zu begegnen und neue Städte zu planen und zu bauen? Klar ist, die Städte der Zukunft können nicht herkömmlich geplant und gebaut werden!

Es ist ein Privileg, die Zukunft planen zu dürfen – und eine sehr große Verantwortung. Der Weg in die Zukunft ist dabei nicht mit dem Blick in den Rückspiegel zu meistern.

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