Massiv bauen ist keine leichte Sache!

DBZ Heftpaten Ansgar und Benedikt Schulz, Schulz & Schulz, Leipzig

Neulich sind wir als Gastredner des Hochschultags „Moderner Aus- und Leichtbau“ aufgetreten. Unsere Nachfrage an die Veranstalter, was denn Leichtbau bedeute, löste großes Kopfzerbrechen aus. Konsens konnte dahingehend erzielt werden, dass Leichtbau alles beinhalte, was nicht massiv sei.
Ähnlich verhielt es sich mit der Anfrage der DBZ-Redaktion. Die wünschte sich uns als Heftpaten für das Thema „Massives Bauen“. Die Redaktion und wir waren uns immerhin einig, dass massives Bauen das Gegenteil von Leichtbau, Holzbau und Architektur aus Pappe oder Kunststoff sein könnte. Als Heftpaten fällt uns nun die Aufgabe zu, einen Definitionsversuch für den weder genormten noch geschützten Begriff zu liefern.

Sucht man zur Wortkombination „massives Bauen“ im Internet, wird man von Werbung für „Massivhäuser“ überflutet. Das sind nach Branchenmeinung offenbar besonders robuste, langlebige und dauerhafte Häuser – massiv eben und damit ganz anders als die Holzrahmenbau-Fertighäuser der Konkurrenz. Für den Begriff Massivbau helfen Duden und Wikipedia weiter: Man versteht darunter eine Bauweise, bei der die raumumschließenden Wände und Decken tragend sind und in der Regel aus Mauerwerk und Stahlbeton bestehen. Die Bauphysik bietet den nächsten Anhaltspunkt, denn man spricht von schwerer Bauweise, wenn die Baustoffe der unverhüllten massiven Konstruktion eine hohe Rohdichte und damit eine große thermische Speicherfähigkeit aufweisen. Die Massivhausbranche würde sagen: gemütliche Behaglichkeit statt Barackenklima.

Schaut man näher hin, vor allem in die Konstruktion hinein, ergeben sich neue Unklarheiten, was massives Bauen bedeuten könnte. Monolithische Bauweisen bestehen aus einem Stück, sind fugenlos und damit nicht zu verwechseln mit einschaligem Mauerwerk. Monolithisch konstruiert sind allenfalls aus Gestein gehöhlte oder von gegossenem Beton umhüllte Räume. Einschaliges Mauerwerk ist der Traum jedes Architekten, weil die hässlichen Dehnungsfugen in der Außenschale wegfallen, die bei mehrschaligen Konstruktionen notwendig sind. Aber auch mehrschalige Wände können zum massiven Bauen gezählt werden, wenn Außen- und Innenschale massiv, schwer, robust und dauerhaft sind. Oder etwa nicht? Und in welche Kategorie gehören mehrschichtige Wände, die in einem Stück hergestellt und montiert werden, wie wir es beim Laborbau für das Leipziger Wolkenforschungsinstitut gemacht haben?

Kommen wir zur Betrachtung der mit massivem Bauen verbundenen architektonischen Gestalt. Eine massive Bauweise füllt den Konstruktionsraum vollständig aus. Idealisiert betrachtet sind die Oberseiten der massiven raumbegrenzenden Elemente geometrisch als flächige, undurchlässige Ebene definiert. Der Konstruktionsraum besteht damit aus einem homogenen Körper, der den architektonischen Raum präzise definiert. Körper und Raum werden durch Licht und Schatten sichtbar gemacht. Die Architektur des massiven Bauens braucht das Licht also mehr als der Skelettbau, um ihren Reiz besonderer Raumerfahrung entfalten zu können.

Eines ist bei aller mangelnden Präzision der Begrifflichkeit klar: massives Bauen ist kein Leichtbau. Das Gegenteil zu behaupten, wäre massiver Blödsinn.

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