Moderne ­Gebäudetechnik und nachhaltige Energieversorgung im Humboldt Forum

Neben der Ausstellung wertvoller Sammlungen und Objekte wird das Humboldt Forum auch für Veranstaltungen genutzt. Eine Gebäudetechnik, die vielschichtigen Anforderungen entspricht, muss hier energieeffizient, anwenderfreundlich und smart betrieben werden.

2002 beschloss der Deutsche Bundestag den Wiederaufbau des Berliner Schlosses mit zahlreichen detailgetreuen Rekonstruktionen. Die Neuinterpreta­tion des Schlosses durch den italienischen Architekten Franco Stella kostete 640 Mio. € und kombiniert ­architektonisch große Teile des ursprünglichen Berliner Schlosses mit modernen Elementen.

Träger des im letzten Sommer eröffneten Humboldt Forums ist die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss. Mit dem neuen, öffentlichen Gebäude wartet die Spreeinsel nun als lebendige Begegnungsstätte von Menschen und Weltkulturen auf. Die Besucher erwartet das Ethno­logische Museum ebenso wie das Museum für Asiatische Kunst und neben wechselnden auch dauerhafte Ausstellungen.

Anspruchsvolle Raumautomation zur Einhaltung der konservatorischen Werte

Durch die zahlreichen unterschiedlichen Ausstellungen und Museen auf einer Nutzfläche von  mehr als 40 000 m² gibt es im Humboldt Forum auch eine entsprechend große Anzahl an Ausstellungsobjekten und Kunstwerken, deren Raumluftanforderungen sehr unterschiedlich ausfallen. Daher war ein gut geplantes Konzept für Heizung, Lüftung und Kälte (HLK) für das Universal­museum von zentraler Bedeutung. Ebenso wichtig, um das HLK-System energieeffizient, anwenderfreundlich und sicher betreiben zu können, ist die Installation einer adäquaten Mess-Steuer-Regel- und Leittechnik (MSR). Letzteres hat ebenso wie die Entrauchungssteuerung im Brandfall Kieback&Peter übernommen, ein deutsches Familienunternehmen mit führender Expertise auf dem Gebiet der Raumautomation. Das Unternehmen vernetzt seit Jahrzehnten gebäudetechnische Anlagen wie Heizung, Lüftung, Klima und Brandschutz zu einem optimalen Gesamtsystem.

Unterschiedliche Anforderungen an die konservatorischen Werte Raumtemperatur und Raumfeuchte haben beispielsweise die Township Wall von António Ole aus den Jahren 2001/2018 und die Wandgemälde der Kizil-Höhle (6.-7. Jahrhundert) aus Xinjiang China. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, ist jeder Ausstellungsbereich mit einer eigenen Vollklimaanlage (RLT) versehen – insgesamt 41 Stück. Die vorgegebenen konservatorischen Werte der ausgestellten Objekte dürfen nur geringfügigen Schwankungen unterliegen, so dass für diesen Zweck notfalls sogar der Zuschauerstrom gedrosselt werden würde. Die Automationsstationen DDC4000 (Direct Digital Control) sammeln die von den Temperatur- und Feuchtefühlern gemessenen Ist-Werte und regeln entsprechend der vorgegebenen Raumwerte. Je nach Bedarf erwärmen, kühlen oder entfeuchten die Register der RLT-Anlagen die Zuluft. Spezielle CO₂-Fühler messen außerdem den CO₂-Gehalt der Abluft, um den Außenluftanteil der Klimaanlage zu bestimmen.

Energieeffizienz, Sicherheit und Komfort durch bedienfreundliches BMS

DDCs sind die Herzstücke einer jeden Gebäude­automation. Sie sammeln die Informationen der Feldgeräte und sorgen so für hohe Synergie­effekte, mehr Komfort und eine ökonomische Betriebsführung. Über das intuitiv bedienbare Farbtouchscreen kann das Facility Management-Team des Humboldt Forums die bedarfsgerecht zugeschnittenen Regel-, Optimierungs-, Steuerungs- und Überwachungsfunktionen auch manuell vor Ort vornehmen. An insgesamt 46 Automationsschwerpunkten (ASP) haben die Experten zwischen Dezember 2016 und Mai 2021 etwa 70 DDCs, neun Etagenverteiler sowie rund 1 900 lokale Vorrangbedienebenen verbaut. Das gesamte System hat jeweils rund 15 000 physikalische und kommunikative Datenpunkte.

Die ASPs laufen im Hochleistungs-BMS (Building Management System: Gebäudemanagement­system) zusammen, das die Informationen der DDCs sammelt, visualisiert, bedienbar macht und eventuelle Stör- sowie Alarmmeldungen verarbeitet. Hierzu installierten die Experten die Software GLT-SW5000N auf zwei Servern im Keller des Neubaus. Für eine große Anwender- und Bedienfreundlichkeit sorgen neben ihrer Echtzeit-, Multiuser- und Multitaskfähigkeit auch eine vollgrafische Bedienoberfläche. Über die Daten, die das BMS bereitstellt, können die Mitarbeiter des Facility Managements nicht nur Anlagen-Störungen beheben, sondern auch Prozesse insgesamt verbessern sowie energie- und kostensparende Maßnahmen einleiten.

Multivalent und smart: Kälte- und Wärmeerzeugung im Humboldt Forum

Hinter den Mauern des Gebäudes verbirgt sich für die Besucher nahezu unsichtbar ein anspruchsvolles und vielschichtiges HLK-System, das über das BMS gesteuert und geregelt wird. Den Großteil seines Heiz- sowie Trinkwarmwasserbedarfs deckt das Humboldt Forum über Fernwärme. Die Heizregister der Vollklimaanlagen übernehmen die Temperatur- und Feuchteregelung in den Ausstellungsbereichen. Das Atrium erwärmt eine Fußbodenheizung mit einer Vorlauftemperatur von etwa 45 °C. Sie nutzt die in der Geothermie eingespeiste Abwärme der beiden Wärmepumpen, die neben Wärmeenergie auch die Niedertemperaturkälte für die Klimaanlagen erzeugen. Diese Wärmepumpen versorgen auch die RLT-Anlagen mit der notwendigen Kälte zur Sicherung der klimatischen Anforderungen im Gebäude. Sollte im Sommer diese Kälteenergie nicht ausreichen, werden zusätzlich bis zu zwei Niedertemperaturkältemaschinen in Betrieb genommen. Diese können auch für eine zusätzliche Kühlquelle sorgen: Sie gefrieren über Nacht das Wasser im Eisspeicher. Während der Hitzepeaks kann dieses Eis aufgetaut werden und dient der Entlastung des Stromverbrauchs der Klimaanlagen zu Zeiten der Spitzlastabdeckung.

Neben der erwähnten Niedertemperaturkälte setzt das Universalmuseum außerdem auch zwei Kälteverdichtermaschinen für die Hochtemperaturkälte (ca. 15 °C) ein, die für die Nachtemperierung der Räume sorgt. Auf dem Dach des Gebäudes stehen Rückkühler, die überschüssige Wärme, die im Humboldt Forum entsteht, an die Umgebungsluft abführen. Diese sind auch für die nachhaltigste Kälteenergie verantwortlich: die so ­genannte „Freie Kühlung“. Sie funktioniert bei ausreichend kalter Umgebungsluft im Nieder- wie auch im Hochtemperaturkältebereich. Außerdem besitzt auch die Fußbodenheizung eine Kühlungsfunktion, die auf die Kälte zurückgreift, die bei der Wärmeeinlagerung in die Geothermie abgeführt werden muss.

Kieback&Peter GmbH & Co.KG
Sebastian Zerwer
www.kieback-peter.de
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