Modernes Stadthaus in alter Kulisse
Mehrfamilienhaus mit Galerie, Berlin

Zusammen mit einer Baugruppe planten BCO Architekten in Berlin-Mitte ein mehrgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus im Passivhausstandard. Mit dem Entwurf des modernen Baukörpers inmitten einer historisch gewachsenen Stadtstruktur gelang ihnen ein kleines architektonisches Kunstwerk.

Schon das Grundstück ist ein Juwel: direkt im Rücken der Berliner Volksbühne gelegen, ist es umgeben von Wohnriegeln aus den 1930er-Jahren und mit altem Baumbestand bewachsen. Zusammen mit einer Baugruppe entschieden sich BCO Architekten für eine gemischte Nutzung und entwickelten ein Konzept für eine Kunstgalerie, vier Wohneinheiten und eine Tiefgarage.

Das Gebäude selbst wurde wie eine Steinskulptur in diese geschichtsträchtige Umgebung hineinplatziert. Der kompakte Baukörper ist farblich konsequent in steingrau gehalten. Bis ins Detail wurden alle Fassadenelemente in der gleichen Farbe gestrichen. Den so entstandenen, sehr geschlossenen Eindruck verstehen die Architekten als Analogie auf die luftdichte Hülle, aus der keine Energie entweichen kann. Der Grauton ist bei unterschiedlicher Belichtung sehr lebendig und erscheint in Hell-Dunkel-Abstufungen oder sogar in Beigebraun. Damit variiert die Farbgebung dezent das Farbenspiel der umgebenden Bebauung und setzt gleichzeitig eine moderne Duftmarke mit zukunftsweisender Architektur.

Aus der strengen Kubatur heraus entwickelt sich ein dynamisches Spiel von großen und kleinen Öffnungen. Der von der Gestaltungssatzung definierte Öffnungsanteil für die Lochfassade wurde konsequent umgesetzt, allerdings auf der Straßenseite mit übergroßen Fensterformaten kontrastiert. Wie eingesetzte Bilderrahmen treten die Erkerfenster aus der Fassade hervor und in die Straßenflucht

hinein. Jede Wohnetage verfügt über eine dieser schaufensterartigen Boxen. Ihre Position leitet sich aus der Innenraum und den Nutzungserfordernissen ab. In den großen Scheiben spiegeln sich tagsüber Ansichten aus der Umgebung, abends ergeben sich beleuchtete Einblicke in das Haus, das so als Galerie des Ortes auftritt.

Da die Bauhöhen und -linien durch das denkmalgeschützte Ensemble des ehemaligen Berliner Oberbaurats Richard Ermisch vor­gegeben waren, wurde die Kunstgalerie kurzerhand in das Untergeschoss versenkt. Wegen der geringen Höhe über OKT gilt es nicht als Vollgeschoss und so konnten die Bauvorschriften für eine größtmögliche Nutzung ausgereizt werden. Das Haus wurde als Stahlbetonmassivbau erstellt, die Außenwände mit WDVS gedämmt. Zudem wurden die Wand- und Deckenanschlüsse für den Zugang zur Tief­garage thermisch entkoppelt, hier konnte ein Ψ von 0,087 W/m K erreicht werden. Die Oberflächentemperatur bei allen Anschlussdetails von mind. 17 °C (Passivhausstandard) wurden eingehalten.

Der Ausstellungsraum der Kunstgalerie ist fast 5 m hoch und dank der schmalen Fensterbänder im Sockelbereich von zwei Seiten gut belichtet. Von der Straße her können Passanten so bereits einen Blick auf die Aus­stellungen werfen. Besucher werden von der Empfangs-ebene im Erdgeschoss über eine  Treppe zur Ausstellungsebene hin­unter geleitet. Den stützenfreien Galerieraum ermöglichten die Tragwerksplaner, indem sie die Lasten der Außenwände in einen Balken in der Mitte des Raumes umleiteten. Zur Gartenseite schließt sich eine großräumige Terrasse zur Nutzung für die Galerie an.

Der Eingang zu den Wohneinheiten befindet sich in der Mitte des Hauses. Eine steingraue, unscheinbare Tür führt in das Treppengeschoss und von dort in die vier Wohnungen. Drei davon wurden als 2-geschossige Maisonettes und eine als Geschosswohnung ausgebildet. Jede verfügt über einen direkten Zugang zu einem Außenraum, in Form einer Terrasse, eines Balkons oder Dachterrasse. Die Wohnungen haben eine Deckenhöhe von 3 m und Lufträume bis zu 6,5 m Höhe. In jeder der loftartigen Wohnungen nimmt eine zentrale Box aus Leichtbauwänden die Nassräume, Küche und eine Innentreppe auf. Fest abgetrennte Wohnräume gibt es nicht, für eine bedarfsgerechte Unterteilung können aber Schiebewände aus der Box gezogen werden.

Energiekonzept

Durch die großen, südorientierten Fenster werden solare Wärmegewinne generiert. Der versteckt im Rahmen integrierte Sonnenschutz schützt im Sommer vor zu viel Wärmeeintrag. Eine kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage mit WRG (98 %) versorgt die Räume mit Frisch­luft. Der geringe Restheizwärmebedarf wird über eine Wasser/Sole-Wärmepumpe mit Erdkollektor und eine thermische Solaranlage (10 m²) bereitgestellt. Das Trinkwasser wird dezentral in Frischwasserstationen erwärmt, dabei konnte eine Energieersparnis von 15 % gegenüber zentraler Erwärmung erreicht werden. Der ökologische Anspruch der Baugruppe kommt auch durch die Verwendung von nachhaltig erzeugten Baumaterialien und eine Grauwasseranlage zum Tragen, die leicht verschmutztes Wasser zur Wiederverwendung der WC-Spülung aufbereitet. Ein PKW-Aufzug dient als Einfahrt zur Tiefgarage und half, die großräumige Versiegelung von Zufahrtsflächen zu vermeiden. Auf dem Dach sorgt eine PV-Anlage 6,6 kWp für Strom. In der Tiefgarage wurde ein Stromanschluss für E-Autos vorgerichtet.

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