„Nachhaltigkeit ohne Rückschritt und Verzicht“

Viele könne es ja schon nicht mehr hören, was alles unter dem Schirm der Nachhaltigkeit Platz findet. Zugegeben, es passt fast nie und ist leider oft belanglos dahergeredet, ohne

Gedanken über Inhalte und Qualitäten. Aber genau die sollte man von allen in den Prozessen der Baukultur, der Architektur, des Planen und Bauens Tätigen erwarten können. Was

bedeutet eigentlich nachhaltiges Bauen? Sind es die ganzheitliche Betrachtung und Bewertung von Gebäuden? Und das auch im Sinne einer Lebenszyklusbetrachtung unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen sowie soziokulturellen Qualität mit den technischen und prozessorientierten Aspekten? Dazu noch die Standortmerkmale? Klingt alles irgendwie theoretisch. Oder anders ausgedrückt: Diese Art des nachhaltigen, qualitativen Planen und Bauens, was auch die Übernahme von Verantwortung unserer gestalteten Umwelt bedeutet, ist scheinbar noch nicht wirklich in den Köpfen angekommen.

Was lag für uns da näher, als den Architekten Martin Haas zu bitten, für unser Heft mit dem Schwerpunkt „Nachhaltigkeit“ seine Gedanken zur Nachhaltigkeit aufzuschreiben. Er, der das nachhaltige Planen und Bauen als persönliches und berufliches Selbstverständnis lebt, der bei der DGNB ein Mann der ersten Stunde war und der nach wie vor an der weiteren Ausrichtung aktiv mitwirkt.
In seinem Beitrag „Mensch und Architektur: eine Baukultur im Wandel“ (S. 22f) spricht
Martin Haas vom steigenden Wohlstand und dem sprunghaften Verbrauch unserer Ressourcen. Architekten stehen dabei aus seiner Sicht in einer besonderen Verantwortung. „Wir müssen Lösungen entwickeln, bei denen die Ressourcen, die zum Bauen gebraucht werden, nicht verloren sind. Entwerfen können wir heute schon Gebäude, welche Energie liefern. Wenn diese Häuser dann auch noch schön sind, kann ein „nachhaltiges“ Leben auch ein begehrenswerter Lifestyle werden. Der Wandel wird erst dann erfolgreich sein, wenn er nicht mit Verzicht und Rückschritt gleichgesetzt wird. Wir Architekten müssen abwägen zwischen quanti-
tativen und qualitativen Aspekten und stetig nach Lösungen suchen, die nicht nur technisch besser sind, sondern das Leben der Menschen auch spürbar verbessern.“

Im Architekturteil haben wir Projekte dargestellt, die dem Anspruch an Nachhaltigkeit Rechnung tragen: Da ist u. a. das Salewa-Headquarter in Bozen, das nach den drei Kriterien der Nachhaltigkeit Natur und Umwelt, soziokulturelle Aktivitäten und ökonomische Transparenz errichtet wurde. Hier soll nicht nur die Firmenphilosophie gelebt werden, sondern auch der Anspruch an Nachhaltigkeit erlebbar sein.

Dass sich Energiewende, gute Architektur und Kunst nicht ausschließen, das wird beim

ersten Kunstmuseums im Passivhaus-Standard in Ravensburg deutlich: Dem Architektur-

büro Lederer, Ragnarsdóttir & Oei gelang es beispielhaft, energieeffizientes Bauen mit

hohem ästhetischen Anspruch herzustellen. Mehr dazu auf Seite 24ff. Dass das Museum

jetzt den Deutschen Architekturpreis 2013 erhalten hat, ist ein wunderbares Zeichen für

Architektur und Nachhaltigkeit! BF

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