Nachhaltigkeit von Straßenbrücken
Korrosionsschutz durch Feuerverzinken

Der Korrosionsschutz durch Feuerverzinken ist für dynamisch belastete Straßenbrücken geeignet und verbessert deren Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Dies belegen mehrere aktuelle wissenschaftliche Studien sowie Praxiserfahrungen.

Bis zum Jahr 2030 müssen in Deutschland mehr als 10 000 Straßenbrücken der Kommunen, Länder und des Bundes komplett erneuert werden, da sie nicht mehr sanierbar sind. Zu diesem Ergebnis kommen Expertenuntersuchungen wie bspw. eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) [1]. Ur­sachen für den Ersatzbedarf sind nicht nur einer erhöhten Belastung durch ein permanent steigendes Verkehrsaufkommen geschuldet. Auch bauartbedingte Gründe sind zu nennen sowie Materialermüdungen und im Zeitverlauf entstehende Bauschäden.

Untersuchungen wie die difu-Studie zeigen, dass an Betonbrücken primär Schäden durch Risse und Durchfeuchtungen und damit verbundene Bewehrungskorrosion zum Neubau führen. An Stahl- und Stahlverbund-Brücken ist es Korrosion an den Stahlbauteilen, die Ersatz notwendig macht. Durch Feuerverzinken der Stahlbauteile sowie des Betonstahls können Korrosionsschäden an Brücken (Abb. 1) zukünftig dauerhaft verhindert werden. Stahl- und Verbundbrücken für Verkehrszwecke wurden in Deutschland bisher zumeist durch Beschichten vor Korrosion geschützt, obwohl Beschichtungen nur eine Schutzdauer von bis zu 30 Jahren bieten. Die um ein vielfaches dauerhaftere Feuerverzinkung kam bisher selten zum Einsatz, da ihr Einfluss auf die Ermüdungsfestigkeit der zyklisch belasteten Brückenbauteile nicht ausreichend erforscht war.

Zyklisch belastete Brückenbauteile

Stahl- und Verbundbrücken für den Straßenverkehr sind zyklischen Belastungen aus­gesetzt, die einen Nachweis gegen Werk-stoff­ermüdung gemäß DIN EN 1993-2 und DIN EN 1994-2 erfordern. Feuerverzinkte Bauteile sind bislang nicht in der Bemessungsnorm erfasst. Um die grundsätzliche Eignung der Feuerverzinkung für zyklisch belastete Brückenbauteile nachzuweisen, wurden im Rahmen eines umfangreichen Forschungsprojektes [2] Versuche zur Ermüdungsfestigkeit an für den Brückenbau typischen Details (Kerbfällen) im feuerverzinkten und unverzinkten Zustand durchgeführt. Die an dem Forschungsprojekt beteiligten Wissenschaftler der Technischen Universität Dortmund, der MPA Darmstadt und des Instituts für Korrosionsschutz Dresden kamen zu dem Ergebnis, dass die Feuerverzinkung für den Einsatz an zyklisch belasteten Brückenbauteilen geeignet ist, wenn bestimmte Konstruktions- und Ausführungsaspekte berücksichtigt
werden. Diese sind in einer Arbeitshilfe zur Anwendung der Feuerverzinkung im Stahl- und Verbundbrückenbau [3] dargestellt. Die umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen haben den Weg für das Feuerverzinken als Korrosionsschutz an Stahl- und Verbundbrücken frei gemacht und zudem den Nachweis für eine theoretische Korrosionsschutzdauer von 100 Jahren für stückverzinkte Brückenbauteile erbracht.

100 Jahre wartungsfrei

Für Brückenbauwerke wird in der Regel eine Lebensdauer von 100 Jahren gefordert. Werden Stahl- und Verbundbrücken durch Beschichten vor Korrosion geschützt, dann ist die Beschichtung erfahrungsgemäß nach rund 30 Jahren zu erneuern. Bezogen auf 100 Jahre sind neben einer Erstbeschichtung in der Regel zwei bis drei Erneuerungsbeschichtungen erforderlich, die nicht nur ­Kosten, sondern zumeist auch erhebliche Verkehrsstörungen verursachen. Kommt eine Feuerverzinkung zum Einsatz, so ist bei Zinküberzugsdicken von mindestens 200 µm eine Korrosionsschutzdauer von 100 Jahren in der Regel erreichbar (Abb. 2).

Als Ergebnis des Forschungsvorhabens befindet sich derzeit im Rahmen eines Pilotprojektes eine feuerverzinkte Stahl-Verbund-Brücke an der Autobahn A 44 im Bau. Wie
diese Brücke können schon jetzt auch weitere feuerverzinkte Stahl- und Verbundbrücken mit Zustimmung im Einzelfall problemlos baurechtlich zugelassen werden.

Vergleich Feuerverzinken und Beschichten

In einem weiteren, gerade veröffentlichten Forschungsvorhaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) [4] wurden feuerverzinkte mit beschichteten Stahl-Verbund-
Brücken unter Kosten- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten verglichen. Um möglichst allgemeingültige Aussagen zu treffen, ­wurde eine typische Stahl-Verbund-Brücke in Integralbauweise mit einer Spannweite von 45 m, wie sie vielfach für Autobahnüberführungen verwendet wird, betrachtet.

Für die Brücken der Studie wurde eine Nutzungsdauer von 100 Jahren zu Grunde gelegt. Da der Korrosionsschutz der beschichteten Brücken nicht die vorgegebene Nutzungsdauer von 100 Jahren ohne Instandhaltungsmaßnahmen erreichen kann, wurde für diese Brücke von Kompletterneuerungen der Korrosionsschutzbeschichtung im Jahr 33 und Jahr 66 des Lebenszyklus ausgegangen. Bei der feuerverzinkten Brücke fallen keine Instandhaltungsmaßnahmen des Korrosionsschutzes während des 100-jährigen Lebenszyklus an, da die Feuerverzinkung eine Schutzdauer von 100 Jahren erreicht und somit der Nutzungsdauer entspricht. Die mit dem BASt-Projekt beauftragten Wissenschaftler der Universität Stuttgart und des Karlsruher Institut für Technologie kamen zu dem Ergebnis, dass die feuerverzinkte Brücke in allen Kosten- und Nachhaltigkeitskategorien bessere Ergebnisse erzielt.

Bei den Erstkosten, d. h. den gesamten Erstellungskosten des Bauwerkes war die feuerverzinkte Brücke um ca. 0,5 % günstiger. Im Hinblick auf die gesamten Lebenszykluskosten, die sämtliche Kosten von der Erstellung über die Wartung und Instandhaltung bis zum Rückbau betrachtet, war die feuerverzinkte Brücke rund 10 % günstiger (Abb. 3). Zusätzlich zu den vorgenannten Kosten wurden auch die sogenannten externen Kosten er­mittelt. Durch Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an Brücken kommt es zumeist zu einer Behinderung von Verkehrsteilnehmern, die sich in verlängerten Fahrzeiten sowie erhöhten Kraftstoffverbräuchen und erhöhtem Fahrzeugverschleiß ausdrückt. Dieses lässt sich als sogenannte „externe ­Kosten“ beziffern. Die externen Kosten der feuerverzinkten Brücke liegen rund 20 % niedriger als bei der untersuchten beschichteten Brücke (Abb. 4). Zwar entstehen an der feuerverzinkten Brücke ebenfalls externe Kosten. Diese werden jedoch nicht durch Korrosionsschutzarbeiten, sondern durch andere Instandhaltungsmaßnahmen bspw. am Fahrbahnbelag verursacht.

Die Nachhaltigkeitsanalysen zeichnen ein ähnliches Bild wie die Kostenanalysen. Auch hier wurde zwischen den Umweltwirkungen des Brückenbauwerks an sich und den Umweltwirkungen der externen Effekte unterschieden.

Die Umweltwirkungen der externen Effekte liegen überwiegend in der Größenordnung der Effekte des Brückenbauwerks und überschreiten diese in vielen Fällen sogar. Beim Treibhauspotential liegen bspw. die Einsparungen durch die Feuerverzinkung der Brücke über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks bei rund 5 %. Bezogen auf die externen Effekte ergeben sich beim Treibhaus­potential sogar Einsparungen von ca. 20 % (Abb. 5).

Die BASt-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die feuerverzinkte Brücke „(…) den größten Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leistet“. Zwar sind die Ergebnisse des Forschungsprojektes der BASt nicht pauschal auf alle Brückenbauwerke übertragbar, doch zeigen insbesondere die im zweistelligen Bereich liegenden Unterschiede bei den Lebenszykluskosten, den externen Kosten und den Umweltwirkungen der externen Effekte, dass eine Umkehrung der Ergebnisse zu Gunsten der Beschichtung weder plausibel noch wahrscheinlich ist.

Bewehrungskorrosion

An vielen Betonbauteilen im Brückenbau treten früher oder später nur schwer oder gar nicht sanierbare Schäden durch Bewehrungskorrosion auf. Zur Bewehrungskorrosion im Brückenbau tragen neben Fehlstellen im Beton und fehlerhafter Betonüberdeckung, Karbonatisierung und vor allem das Einwirken von Chloriden durch Tausalzbelastung bei. Die Folge sind Betonabplatzungen (Rosttreiben) und damit verbundene Gefährdungen des Straßenverkehrs sowie langfristig der Verlust der Standsicherheit.

Die Verwendung von feuerverzinktem
Bewehrungsstahl empfiehlt sich deshalb an Brückenbauwerken, die regelmäßig Tausalzen ausgesetzt sind oder in Meerwasserbereichen stehen. Feuerverzinkte Bewehrungsstähle sind nämlich auch unter Chloridbelastung deutlich beständiger als unverzinkte. Die ­typische
Volumenvergrößerung durch Kor­­ro­sion und als Folge das Absprengen des ­Betons wird verhindert. Feuerverzinkter Bewehrungsstahl sollte an tragenden Brückenbauteilen zum Einsatz kommen. Besonders belastet sind die Brückenkappen, da hier insbesondere im
Bereich des durch Schneeräumfahrzeuge mechanisch beanspruchten „Schrammbordes“ und an der Gesimsunterkante Bewehrungskorrosion zuerst auftritt. Da Brückenkappen aus unverzinktem Stahl in der Regel nach
ca. 30 Jahren erneuert werden müssen, ist
es ratsam nicht nur beim Neubau von
Brücken, sondern auch im Sanierungsfall feuerverzink­ten Bewehrungsstahl zu verwenden. Langzeit­untersuchungen aus den USA, wo verzinkter Betonstahl seit Jahrzehnten verwendet wird, beweisen dies: Messungen an Betonbrücken zeigten, dass der verwendete feuerverzinkte Bewehrungsstahl nach rund 25 bis 30 Jahren Nutzungsdauer noch immer hohe Zinkschichtdicken aufwies, die über 155 µm betrugen [5]. Die untersuchten Brücken waren regelmäßig Tausalzen bzw. Salzeinflüssen durch unmittelbare Meeresnähe ausgesetzt. Da Bewehrungskorrosion an Brückenkappen zu den häufigsten Schadensbildern an Brücken zählt, wurde seitens der Autobahndirektion Südbayern an der Bundesautobahn A99 feuerverzinkter Bewehrungsstahl zur Sanierung von Brückenkappen verwendet (Abb. 6). Ziel ist es, die Standzeiten der Kappen zu erhöhen, so dass ein vorzeitiger Eingriff in den Straßenverkehr durch Reparaturen vermieden wird.

Praxiserfahrungen

Auch wenn erst jetzt die Eignung der Feuerverzinkung für dynamisch belastete Bauwerke wie Straßenbrücken wissenschaftlich nachgewiesen wurde, gibt es weltweit bereits sehr positive Erfahrungen mit existierenden feuerverzinkten Stahl- und Verbundbrücken. Drei Praxisbeispiele sollen hier vorgestellt werden.

Lydlinch-Brücke (Baujahr 1942)

Im Jahr 1942 wurde in Vorbereitung des D-Days im britischen Lydlinch eine feuerverzinkte Mobil-Brücke [6] (Abb. 7) errichtet, die im Gegensatz zu einer bereits vorhandenen Bogenbrücke auch Querungen durch schwere Militärfahrzeuge zuließ. Eine Inspektion der in Callender-Hamilton-Bauweise ausgeführten Brücke im Oktober 2014 kam zu dem Ergebnis, dass sich die feuerverzinkte Stahlkonstruktion der Brücke noch immer in einem sehr guten Zustand befindet. Messungen an den Stahlprofilen ergaben Zinkschichtdicken zwischen 126 und 167 µm. In den 73 Jahren Standzeit wurden an der feuerverzinkten Stahlkonstruktion keinerlei Instandhaltungsarbeiten durchgeführt. Lediglich im Jahr 1996 mussten an der Konstruktion zusätzliche verstärkende feuerverzinkte Profile angebracht werden, damit auch moderne 40 t-Trucks die Brücke überqueren können. Aufgrund der
gemessenen Zinkschichtdicken wird die Lydlinch-Brücke mühelos weitere 50 Jahre korrosionsfrei sein.

Lier-Brücke (Baujahr 1993)

Über dem Nete-Kanal im belgischen Lier wurde 1993 eine Verbundträger-Brücke aus feuerverzinktem Stahl [7] gebaut (Abb. 2). Sie hat eine Gesamtlänge von 90 m mit Spannweiten von 40 bzw. 25 m. Die Feuerverzinkung der Brücke wurde im Juni 2014 überprüft. Nach einer Nutzungszeit von 21 Jahren befand sich die Feuerverzinkung in einem hervorragenden und mängelfreien Zustand. Die stichprobenartig gemessenen Schichtdicken der Brücke lagen weit über 300 µm. Es ist mit einer weiteren Korrosionsschutzdauer von mehr als 150 Jahren für die Brücke zu rechnen.

Stoneham-Brücke (Baujahr 2011)

Im Jahr 2011 wurde die von den kanadischen Lemay Architekten entworfene Stoneham-Brücke [3] bei Quebec in Kanada (Abb. 8) erbaut. Die in Stahlverbund-Bauweise realisierte Bogenbrücke mit einer Spannweite von 68 m und einer Breite von 18,5 m zeichnet sich nicht nur durch eine herausragende Architektur aus, sondern auch durch eine wegweisende Verwendung von feuerverzinktem Stahl. Das Stahltragwerk der Brücke wurde ebenso feuerverzinkt ausgeführt wie der Bewehrungsstahl der Betonbögen und der Fahrbahn. Die Stoneham-Brücke wurde für eine lange Nutzungsdauer geplant, so dass Instandhaltungs­maßnahmen auf den Ersatz von „Verschleißteilen“ wie dem Fahrbahnbelag reduziert werden können.

Fazit

Durch den Einsatz der Feuerverzinkung können Brückenbauwerke zukünftig nachhaltiger und wirtschaftlicher als bisher ausgeführt werden. Vor dem Hintergrund eines Ersatzbedarfes von mehr als 10 000 Straßenbrücken in Deutschland in den nächsten Jahren ist das Feuerverzinken von Stahl- und Verbundbrücken der richtige Weg um Instandhaltungen und Instandhaltungskosten und dadurch verursachte Verkehrsbehinderungen drastisch zu minimieren.

Eine Broschüre zum „Feuerverzinken von Stahl- und Verbundbrücken“ mit einer Arbeitshilfe zur Planung und Ausführung von feuerverzinkten Stahl- und Verbundbrücken ist kostenlos bestellbar unter
www.feuerverzinken.com/bruecken.

Quellen:
[1] „Ersatzneubau Kommunaler Straßenbrücken“, Deutsches Institut für Urbanistik, 2013, Berlin
[2] Ungermann, Rademacher, Oechsner, Simonsen, Lebelt, Feuerverzinken im Stahl- und Verbund- brückenbau, Gemeinschaftsausschuss Verzinken (GAV), Bericht Nr. 164, 2014, Düsseldorf
[3] Broschüre „Feuerverzinkte Stahl- und Verbund-
brücken“ mit Arbeitshilfe zur Planung und Aus- führung, Institut Feuerverzinken, 2014, Düsseldorf
[4] Kuhlmann, Maier, Ummenhofer, Zinke, Fischer, Schneider, Untersuchung zur Nachhaltigkeits- berechnung von feuerverzinkten Stahlbrücken (BASt-Vorhaben FE 089.0291/2013), Bundesanstalt für Straßenwesen, 2015, Bergisch-Gladbach
[5] International Zinc Association (IZA), Examples of use of Galvanized Reinforcement in Highways and Bridges, 2013, s. www.galvanizedrebar.com
[6] Iqbal Johal, Seventy two years young - Lydlinch Bridge, Dorset. In: Hot-Dip-Galvanizing 4-2014, S. 12-13
[7] Holger Glinde, Noch selten, aber dauerhaft –
Feuerverzinkte Straßenbrücken in der Praxis.
In: Feuerverzinken Special „Dauerhaftigkeit in der Praxis“ 2014, S. 18-23
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