Natürlich sanieren
Energetische Sanierung mit Holzfaserdämmstoffen

Bei der Sanierung von Bestandsgebäuden sieht sich der Planer mitunter sehr engen Rahmenbedingungen ausgesetzt. Durch die steigenden Energiepreise werden Dämmstoffdicken notwendig, für die in der Regel der Platz fehlt und eine genaue Detailplanung notwendig ist. Ggfs. müssen Dachflächen angehoben, Innenräume durch das Anbringen von Dämmstoffen verkleinert oder eine aufwendige neue Fassadenver­kleidung angebracht werden. Nicht selten werden die Möglichkeiten des planenden Architekten auch durch den Denkmalschutz eingeschränkt.

In jedem Fall wird der verantwortungsvoll handelnde Planer auch ohne denkmalschutzrechtliche Vorgaben darauf achten, den Charakter und den historischen Bezug eines Gebäudes durch eine energetische Sanierung nicht zu zerstören. Auch die Auswahl des richtigen Dämmstoffes sollte sorgfältig vorgenommen werden. Um bestehende Gebäude energetisch zu ertüchtigen gilt es Materialien zu finden, die ökologisch und nachhaltig hergestellt wurden, weder Schadstoffe beinhalten noch dauerhaft Emissionen abgeben. Hier empfehlen sich Dämmmaterialien aus natürlichen Holzfasern.

Herstellung mit nachhaltigen und natürlichen Rohstoffen

Holzfaserdämmstoffe werden vor allem aus Nadelhölzern hergestellt, die hierzulande leicht verfügbar sind. Die Faserqualität von Nadelholz verleiht der fertig produzierten Platte eine hohe Festigkeit, im Verhältnis zu ihrer Rohdichte. In der Regel wird für die Herstellung von Holzfaserdämmstoffen kein Baum gefällt, da vor allem Resthölzer aus Sägewerken verwendet werden. Industrieresthölzer wie Schwarten, Holzspäne und Hackschnitzel  weicht man unter Einwirkung von Wasserdampf auf und zerfasert sie anschließend für die Weiterverarbeitung. Es unterscheiden sich zwei Verfahren bei der Herstellung von Holzfaserdämmstoffen: Das Nass- und das Trockenverfahren.

Im Nassverfahren werden die holzeigenen Bindekräfte benutzt, um die Fasern durch thermische und mechanische Verfahren vorzubereiten und anschließend unter Wärmeeinfluss abzubinden. Die Faseroberfläche wird dabei so weit aktiviert, dass beim Trocknen die holzeigenen Bindekräfte, das sogenannte Lignin, zusammen mit Wasser zur Bindung gebracht werden. Die Beimischung von Klebstoffen ist nicht notwendig. Die in Wasser aufgeschlämmten Fasern werden nach einer Zwischenlagerung zu einem Faserbrei vermengt. Nach dem mechanischen Auspressen des Wassers wird der Faserverbund auf Länge geschnitten und gelangt in den Trockenkanal. Die Dämmplatten werden bei Temperaturen zwischen 160 und 220 °C getrocknet und anschließend auf Format geschnitten. Beim Nassverfahren werden Platten in Dicken von 3 bis 32 mm produziert, deren Rohdichte sich zwischen 100 und 300 kg/m³ bewegt.

Im wasser- und energiesparenden Trocken­verfahren werden die Fasern bis zu einer ge­wis­sen Restfeuchte getrocknet und anschließend geleimt oder mit Bindefaser, wie z. B. Maisstärke gemischt. Die so vorbereiteten Fa­sern werden ausgestreut, auf die gewünschte Plattendicke kalibriert und härten dann unter Dampf (bzw. Heißluft) aus. Mit der abschließenden Trocknung und Abkühlung des Rohstoffes wird die Vernetzung der Fasern erreicht. Im Trockenverfahren werden Plattendicken von 20 bis 240 mm her­gestellt, deren Rohdichte zwischen 40 und 230 kg/m³ liegt.

Zudem sind Holzfaserdämmstoffe als druck­feste und flexible Ausführung am Markt erhältlich. Während sich die leichteren, flexi­blen Dämmmatten – die besonders formstabil und anpassungsfähig sind – in Dach, Wand und Installationsebene fugen- und damit wär­me­brückenfrei einpassen lassen, zeichnen sich druckfeste Dämmplatten durch eine hohe Sta­bilität und Kantenfestigkeit aus. Für die verschiedenen Einsatzzwecke an Dach, Wand, Decke oder Fußboden unterscheiden sie sich durch angepasste Festigkeitseigenschaften. Für den Einsatz als Unterdeckplatte und WDVS werden die Platten zusätzlich hydrophobiert.

Bauphysikalische Kennwerte von Holzfaserdämmstoffen

Kennzeichnend für den Wärmeschutz ist eine möglichst niedrige Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffes, der bei Holzfaserdämmplatten zwischen 0,039 bis 0,046W/(mK) liegt. Dämm­platten mit einer höheren Rohdichte und Festigkeit für bestimmte Anwendungszwecke,

Unterdeckplatten z. B., können im Bereich von 0,046 W/(mK) liegen. Durch das natürlich träge Temperaturleitverhalten der Holzfasern wird die zwischengespeicherte Wärme erst deutlich verzögert wieder abgegeben.

Der diffusionsoffene Charakter und die Feuchtespeicherfähigkeit der Holzfaserdämmung sorgen für angenehmes Raumklima und beugen Bauschäden vor. Holzfaserdämmplatten sind atmungsaktiv, sorptionsfähig und können ohne eine Beeinträchtigung der Dämmeigenschaft bis zu 17 % Feuchtigkeit je m³ Dämmstoff (zum Beispiel 55 kg/m³) aufnehmen. In den offenporigen Holzfasern wird die Feuchtigkeit temporär gepuffert und kann per Diffusion oder Kapillarwirkung wieder abgegeben werden.

Der Einsatz von Holzfaserdämmstoffen ist vielseitig. Sorptionsfähige Dämmstoffe machen Holzkonstruktionen robust gegen nicht planmäßige Feuchtigkeit. Eindrängende Feuchtigkeit wird durch die hervorragende Sorptionsfähigkeit des Dämmstoffes festgehalten und bei Verdunstungskonditionen und diffusionsoffenem Aufbau wieder abgegeben. Auch Außenwände, die aus diffusionsoffenem Material (z. B. Ziegel oder Porenbeton) bestehen, sorgen in Verbindung mit Holzfaserdämmstoffen für einen guten Feuchtigkeitsausgleich und ein angenehmes Raumklima.

Brandschutz

Holzfaserdämmstoffe werden wie gewachsenes Nadelholz als „normalentflammbar“ eingestuft, d. h. in die Baustoffklasse B 2 nach DIN 4102 bzw. in die Euroklasse E nach DIN EN 13501-1. Sie tragen zum Feuerwiderstand einzelner Bauteile bei, indem sie den Temperaturdurchgang durch das Bauteil aufgrund ihrer hohen Wärmespeicherkapazität stark verzögern. Ähnlich wie Massivholz bildet sich eine Verkohlungsschicht, die brandhemmend wirkt. Hersteller wie z. B. Homatherm versehen ihre Holzfaserdämmplatten mit einer zusätzlichen Imprägnierung aus Mineralsalzen, die brandhemmend wirkt. So werden Konstruktionen von 30 bis hin zu 90 Minuten Feuerwiderstand möglich.

Holzfaserdämmstoffe in der Anwendung

Dämmplatten aus Holzfaserstoffen sind aufgrund ihres geringen Gewichts sehr leicht zu transportieren. Sie lassen sich fast verschnittfrei verarbeiten und einfach zuschneiden. Im Dachbereich können je nach Konstruktion, Produkt und Dicke lichte Weiten bis 110 cm Sparrenabstand eingebaut werden. In der

Regel schneidet man die HFD-Matten mit einem Übermaß von 1 % der gemessenen lichten Weite zu. Dadurch ist sichergestellt, dass die Dämmmatte schall- und wärmebrückenfrei eingebaut werden und nicht herausfallen. Holzfaserdämmplatten lassen sich auf Massivbauteile aus Beton oder Mauerwerk wie auch auf Holzkonstruktionen kleben. Für die Verklebung auf Massivbauteilen eignen sich die meisten mineralischen Kleber, bei Holzbauteilen kommt normaler Holzleim zur Anwendung.

Dachsanierung

Wenn Dachräume bereits ausgebaut sind und genutzt werden bzw. die Dacheindeckung erneuert werden soll, empfiehlt sich eine Dachsanierung von außen. Über eine Kombination von Zwischensparrendämmung und zusätzlicher Aufsparrendämmung können die Anforderungen der EnEV leicht erfüllt werden.

Eine folienfreie Dachsanierung kann dann erfolgen, wenn die innere Bekleidung luftdicht ist. Nach DIN 4108 Teil 7 ist die Luftdichtigkeit mittels vorhandener Plattenwerkstoffe  wie Gipsfaser-, Gipskarton-, Faserzement-, Holzwerkstoffplatten gegeben, sofern man die Luftdichtigkeit an Giebel-, Traufanschluss sowie Durchdringungen und Plattenstößen gewährleisten kann und keine Risse oder

Fugen in der Fläche auftreten. In jedem Fall muss die luftdichte Schicht und deren Anschlüsse auf ihre Luftdichtheit, bspw. mit einem Blower-Door-Test, überprüft und wenn nötig nachträglich abgedichtet werden. Die Anforderungen der DIN 4108 Teil 3, Tauwasserbildung im Inneren von Bauteilen, sind dabei zu berücksichtigen.

Auch für die Dachsanierung von innen empfehlen sich Holzfaserdämmstoffe. Spezielle Untersparrendämmplatten werden als Zusatzdämmung von unten auf dem Sparren montiert und bieten einen sinnvollen Mehrwert. Direkt verputzt (Armierungsgewebe) und geglättet ergibt dies nach dem Austrocknen einen guten Untergrund für Oberflächenbeschichtungen. Die folienfreie Dachsanierung – ob von außen oder innen – hat also viele Vorteile: Das Verlegen einer Dampfbremse mit dem Risiko einer versehentlichen Durchdringung entfällt. Die Ausführung ist kostensparend, da der Arbeitsaufwand reduziert wird. Die Gesamtkonstruktion ist bauphysikalisch zuverlässig und bietet sehr guten Hitzeschutz. Im Einzelfall können bauphysikalische Berechnungen sinnvoll sein.

Sanierung der obersten Geschossdecke

Holzfaserdämmstoffe können auf eine energetisch zu sanierende Massivdecke oder eine oberseitig beplankte Holzbalkendecke bzw. Kehlbalkenlage aufgelegt werden. Alternativ wird die Dämmschicht bei geeigneten Konstruktionen als Gefachdämmung zwischen die Balken eingebracht.

Soll ein Dachraum nach der energetischen Ertüchtigung weiterhin als Lagerraum für sperrige und schwere Gegenstände genutzt werden, ist sowohl eine hohe Abriebfestigkeit der Beplankungsoberfläche als auch eine hohe Druckfestigkeit der Dämmung notwendig. Bei einer relativ ebenen Rohdecke bietet sich die vollflächige Verlegung von druckfesten Funktionsplatten an, auf der anschließend eine abriebfeste Beplankung, wie z. B. OSB-Platten, vollflächig schwimmend verlegt wird. Auch Nass- und Trockenestriche können auf Holzfaserdämmplatten aufgebracht werden. Bei Nassestrich ist auf eine  Trennlage zu achten. Ist die Oberfläche der Rohdecke uneben oder sind viele Installationen im Fußbodenaufbau einzubetten, kann eine Holzrahmenkonstruktion auf der Rohdecke montiert werden. Die Gefache werden mit flexiblen Zwischensparren-Dämmmatten aus Holzfasern ausgelegt und abschließend wird eine Beplankung auf den Rahmen montiert.

Fassadensanierung

Vorgehängte hinterlüftete Fassaden zählen zu den bauphysikalisch robustesten Konstruktio­nen und werden dann zur Fassadensanierung eingesetzt, wenn die bestehenden Außen­wände keinen dauerhaften und zuverlässigen Witterungs- und Wärmeschutz mehr leisten können. Die Dicke der Dämmung kann in der Sanierung bei geeigneten Abstandsflächen frei gewählt werden – ebenso die Art der Fassadenbekleidung. Die Fassade allein schützt zwar vor der direkten Bewitterung der Wandkonstruktion, diese ist aber nicht zwingend regendicht. Der Wetterschutz bei Außenwänden mit Vorhangfassade besteht aus der eigentlichen Fassade sowie der dahinter liegenden wasserableitenden Schicht. Deren Funktion kann von vergüteten Holzfaser-Unterdeckplat­ten bzw. Holzfaserdämmelementen mit Unterdeckplatten-Funktion übernommen werden.

Putzträgerplatten aus Holzfasern eignen sich bestens für WDV-Systeme im Mauerwerksbau und an Holzmassivwänden. Sie werden mit Dämmstoffdübeln mechanisch befestigt. Unverputzt bieten sie eine Freibewitterungszeit von bis zu 4 Wochen. Aufgrund ihrer angepassten Hydrophobierung zeigen sie eine hervorragende Verputzbarkeit und durch ihre Druckfestigkeit die für Wärmedämmverbundsysteme notwendige Stoßunempfindlichkeit. Ebenso bieten sie einen hervorragenden Schallschutz.

Innendämmung von Baudenkmälern

Bei Baudenkmälern und gestalterisch hochwertigen Fassaden verbietet sich eine äußere Fassadendämmung in der Regel. Neben der Voraussetzung, dass die Wände sowie die bodennahen Kontaktflächen dauerhaft trocken sein müssen, ist grundsätzlich ein Nachweis des Tauwasserschutzes zu führen. Als Dämmschicht kommen spezielle, für den Massiv- und Holzbau geeignete Holzfaserdämmplatten zum Einsatz. Auf eine Dampfbremse wird verzichtet, damit der kapillare Feuchtetransport der Holzfaserdämmplatten zum Raum hin erhalten bleibt. Die Platten werden direkt auf den geglätteten Untergrund vollflächig geklebt bzw. gedübelt und können aufgrund ihrer festen Oberfläche unmittelbar verputzt werden.

Bei ungeraden Außenwänden oder sehr schlechten Untergründen sind leichte Holzständerwände mit Beplankung, z. B. mit OSB- oder Gipsfaserplatte, eine Alternative. Wie bei der Zwischensparrendämmung lassen sich Holzfaserdämmplatten einfach durch  Einklemmen montieren. Bis zu 90 cm Klemmweite sind keine zusätzlichen Befestigungen erforderlich, Randfugen werden durch das Stauchen der Matten verhindert. Zur Minderung der hygrothermischen Wechselbeanspruchung erfolgt der Einbau einer luftdichten, dampfbremsenden Schicht. So entstehen dampfdiffusionsoffene Wände, die ein ausgewogenes Raumklima unterstützen.

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