Neuer Studiengang „Digitaler Baumeister“
Augsburg den neuen Bachelor-Studiengang „Digitaler
Baumeister“ an. Der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e. V. (BDB) wird im Beirat
der Hochschule für diesen Studiengang vertreten sein. BDB-Präsident Christoph Schild und Prof. Dipl.-Ing.
Christian Waibel, Dekan der Fakultät für Architektur und Bauwesen an der Hochschule Augsburg, beantworten
im Gespräch mit Thomas Bussemer (BDB) die wichtigsten Fragen rund um den neuen Studiengang und die Bedeutung digitaler Planungskompetenzen für die Zukunft des Bauens.
Thomas Bussemer: Warum ist es für angehende PlanerInnen so wichtig, digitale Planungskompetenzen zu erwerben?
Christoph Schild (CS): Digitale Planungsinstrumente sind aus unserem Berufsalltag nicht mehr wegzudenken und ihre Bedeutung nimmt stetig zu. Komplexe Anforderungen, dazu zählt z. B. auch das klimagerechte Bauen, werden ohne sie gar nicht mehr erfüllbar sein. Der selbstverständliche Umgang mit diesen digitalen Hilfen, die Nutzung wirklich aller ihrer Vorteile und die digitale Vernetzung mit allen am Bau Beteiligten ist also ein immer wichtiger werdender Baustein unseres Wirkens.
Prof. Christian Waibel (CW): Die Tiefenthemen des Bauwesens sind heute Ressourceneinsparung, Qualitätssteigerung, Fachkräftemangel, Verbesserung von Arbeitsbedingungen, Partizipation und vor allem auch ein soziales, kostengünstiges Bauen. Diese Themen können mit Hilfe digitaler Werkzeuge vorangebracht werden. Viele andere Branchen sind bereits deutlich digitaler als das Bauwesen, aber auch hier nimmt die Sache Fahrt auf. Wir müssen die Digitalisierung als große Chance begreifen und diese nutzen, unsere zukünftige Arbeits- und Lebenswelt positiv zu beeinflussen.
Aus welchen Teilaspekten setzen sich nach Ihrer Meinung die digitalen Planungskompetenzen zusammen?
CS: Egal wo wir hinschauen, für alle unsere Arbeitsprozesse nutzen wir mittlerweile digitale Instrumente: für die zeichnerischen Planung, in der Tragwerksberechnung, bei der Erstellung von energetischen Nachweisen, bei der Dimensionierung technischer Anlagen, in der Ausschreibung und Vergabe oder auch bei der Kosten- und Mengenberechnung. BIM ist die Chance, die Leistung aller am Bau Beteiligten in einem digitalen Modell zusammenzufassen und dieses auch als Basis für den Betrieb des Gebäudes zur Verfügung zu stellen. Die Planenden, die Bauenden und die BetreiberInnen greifen also alle auf dasselbe Instrument zurück.
CW: Building Information Modeling ist das Zauberwort, das viele Probleme zu lösen verspricht. Die effiziente Anwendung dieses Werkzeugs ist jedoch sehr anspruchsvoll und setzt eine gute Ausbildung voraus. Hier kommen wir mit unserem neuen Studiengang ins Spiel. Es wird aber nicht bei der Planung und dem Prozessmanagement bleiben. Wir benötigen mit Blick auf den Fachkräftemangel und die stagnierende Arbeitsproduktivität unbedingt auch eine Digitalisierung der Bauproduktion. Insofern werden wir dem industriellen Bauen in Augsburg viel Raum geben. Neue Produktionsverfahren und modulare Lösungen haben viele Vorteile und werden sukzessive Eingang in die Baurealität finden.
Was ist sonst wichtig im neuen Studiengang?
CW: Neben all diesen Fähigkeiten muss der Digitale Baumeister auch ein guter Teamplayer und verantwortungsvoller Mediator sein. Bauen muss als Teamleistung wieder Spaß machen. Das ist doch auch der Hauptgrund, warum wir diese Berufswahl getroffen haben. Deshalb erachten wir im neuen Studiengang auch kommunikative und ethische Inhalte als sehr wichtig. Nachhaltiges Bauen wird ebenfalls ein Kernthema sein.
Finden sich im „Digitalen Baumeister“ die
Fähigkeiten des klassischen Baumeisters
wieder?
CS: Der klassische Baumeister hat viel Wissen in einer Person vereinigt und konnte dadurch sein Werk optimieren. Der „Digitale Baumeister“ führt mit digitalen Instrumenten die Leistung vieler Fachleute zu einem optimalen Werk zusammen. Eine moderne Interpretation also, die angesichts der heutigen Anforderungen nur noch so möglich ist.
CW: Das sehe ich auch so: Der Baumeister im Mittelalter hat in seiner Bauhütte entworfen und diese Entwürfe dann auf der Baustelle zusammen mit den Handwerkern umgesetzt. Irgendwann hat man sich dann zur Planung in Büros zurückgezogen und die Baustelle nur noch sporadisch besucht. Viele weitere Spezialisierungen folgten. Dadurch entstanden enorme Abstimmungs- und Schnittstellenprobleme. Hier braucht es meiner Meinung nach wieder einen verantwortungsvollen Dirigenten. Heute sollte er über digitale Kompetenzen verfügen und sich der sozialen und nachhaltigen Tragweite seines Tuns bewusst sein. Hierauf bereiten wir den „Digitalen Baumeister“ vor.
Herr Professor Waibel, für wen bzw. für welche Berufsbilder ist das Studium geeignet?
CW: Der Studiengang „Digitaler Baumeister“ an der Hochschule Augsburg stellt ein neues Profil in der Hochschullandschaft dar: Wir setzen auf baufachliche und digitale Inhalte als solide Basis, kombiniert mit interdisziplinären Projekten und viel Praxisnähe. Der „Digitale Baumeister“ wird sich in und neben den klassischen Berufsfeldern wie beispielsweise Architektur und Bauingenieurwesen integrieren: Seine Kompetenzen sind BIM-Management, Software- und Materialentwicklung, industrielle Bauproduktion, Nachhaltigkeitsplanung und viele weitere mehr.