Parkdecks
Entwässerung und Dauerhaftigkeit
Zusammenfassung
Die Ausführung einer Tiefgarage sollte unter anderem im Hinblick auf die Entwässerung und die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit untersucht und bewertet werden. Die entsprechenden technischen Regelungen wurden in der jüngeren Vergangenheit intensiv diskutiert und fortlaufend weiter entwickelt.
Die aktuellen Regelungen lassen den Planern viel Freiheit bei der Festlegung der konstruktiven und betontechnologischen Details. Eine Ausführung von Parkdecks ist mit oder ohne Gefälle sowie mit oder ohne Oberflächenschutz technisch grundsätzlich zulässig. Dadurch kommt insbesondere dem Objektplaner eine besondere Verantwortung zu, da er den Bauherrn hierzu ausführlich beraten muss. Die Beratung und deren Ergebnis müssen durch den Planer dokumentiert werden, um entsprechende Haftungsrisiken auszuschließen!
Sachverhalt
Im Auftrag eines Investors bzw. Betreibers wurde ein Hotelneubau mit Tiefgarage in Stahlbetonbauweise geplant und errichtet. Nach der Fertigstellung des Gebäudes bestand Uneinigkeit zwischen den Beteiligten, inwieweit die Ausführung der Tiefgarage den technischen Regeln entsprach bzw. inwieweit der Architekt den Bauherrn ausreichend über technische Lösungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteile informiert hatte.
Im Rahmen dieses Beitrags wird das vorstehende Fallbeispiel genutzt, um einen generellen Überblick über die technischen Anforderungen hinsichtlich Entwässerung und Sicherstellung der Dauerhaftigkeit zu geben. Dabei wird – soweit die technischen Regeln einen Ermessensspielraum zulassen – ein klarer eigener Standpunkt formuliert und begründet.
Die zutreffenden technischen Regeln gelten für Parkdecks in Tiefgaragen und Hochbauten weitestgehend gleichermaßen. Daher können die nachfolgenden Ausführungen weitestgehend sowohl auf Tiefgaragen wie auch auf Parkhäuser übertragen werden.
Feststellungen
Die eingeschossige Tiefgarage des Hotels war in Stahlbetonbauweise als weiße Wanne errichtet. Die letztendliche Ausführung stellte das Ergebnis eines längeren Planungsprozesses dar, im Rahmen dessen grundsätzliche Entscheidungen mehrfach geändert wurden. So hatte die Oberfläche der Bodenplatte in einem frühen Planungsstadium ein Gefälle zur Entwässerung aufgewiesen. Dieses Gefälle war dann bei einer späteren Überarbeitung entfallen. Eine Dokumentation, welche Entscheidungen zu welchem Zeitpunkt und durch wen zu den Planungsänderungen geführt hatten, lag nicht vor. Ebenso wenig war die Kommunikation zwischen den Beteiligten dokumentiert.
Die ausgeführte Bodenplatte wies kein Gefälle, keine Abläufe bzw. Pumpensümpfe und keine Beschichtung auf. Die Oberfläche war geglättet. Wände und Stützen waren über die gesamte Höhe mit einem Dispersionsanstrich versehen. Bei der Fuge zwischen Bodenplatte und Wänden bzw. Stützen war keine Kehle ausgebildet.
Aus den Bewehrungsplänen wurde entnommen, dass die Bodenplatte unter Verwendung eines Betons C 35/45 hergestellt werden sollte. Für die obere Bewehrung war eine Expositionsklasse XD 3 mit einer nominellen Betondeckung nom c = 60 mm und einer minimalen Betondeckung min c = 40 mm angegeben.
Die Tiefgarage des Hotels war zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung erst wenige Wochen in Betrieb. Es wurden dort keine Schadensbilder festgestellt. Jedoch weisen vergleichbar ausgeführte Tiefgaragen vielfach wiederkehrende Schadensbilder auf:
Bewertung
Zur Entwässerung und zur Dauerhaftigkeit von Parkdecks in Tiefgaragen bzw. Parkhäusern gibt es keine spezielle Normung. Für Parkbauten aus Stahlbeton enthält die entsprechende Normung jedoch Hinweise, die in den zugehörigen Erläuterungen ausführlich kommentiert sind. Darüber hinaus sind technische Regeln für Tiefgaragen und Parkhäuser insbesondere in Merkblättern des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins DBV zusammengefasst.
Nachfolgend werden die öffentlich-rechtlichen Anforderungen und die wesentlichen technischen Regeln zusammengestellt. Aufgrund der zu diesem Thema intensiven Diskussion in der Fachwelt werden in diesem Zusammenhang auch die Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit berücksichtigt.
Die Musterbauordnung [1] enthält keine unmittelbar auf die Entwässerung oder die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit von Parkdecks abzielenden Vorgaben. Eine Relevanz hat ggfs. die sehr allgemein gefasste Forderung des § 13: „Bauliche Anlagen müssen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass durch Wasser […] sowie andere chemische […] Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen.“ Ergänzend zur Musterbauordnung enthalten z.B. die Bauordnungen von Bayern [2] und Baden-Württemberg [3] im § 3 die Forderung, dass bauliche Anlagen „ohne Missstände benutzbar“ sein müssen.
Die Muster-Garagenverordnung [4] enthält keine technischen Anforderungen hinsichtlich der Entwässerung oder der dauerhaften Sicherstellung von Parkdecks. Jedoch fordert z.B. die Verordnung über Bau und Betrieb von Sonderbauten in Nordrhein-Westfalen [5] für Mittel- und Großgaragen: „Fußböden müssen undurchlässig gegen Flüssigkeiten sein. Sie müssen über Bodeneinläufe verfügen.“
In der – zwischenzeitlich zurückgezogenen – DIN 1045-1:2001-07 [6] wird eine Zuordnung von „direkt befahrenen Parkdecks“ zur Expositionsklasse XD 3 vorgenommen, wobei in einer Fußnote angemerkt wird: „Ausführung direkt befahrener Parkdecks nur mit zusätzlichem Oberflächenschutzsystem für den Beton.“ In der ersten Berichtigung zur DIN 1045-1 [7] ist die Fußnote wie folgt geändert: „Ausführung nur mit zusätzlichen Maßnahmen (z.B. riss-überbrückende Beschichtung).“ In der zweiten Berichtigung [8] lautet die Fußnote dann wie folgt: „Ausführung nur mit zusätzlichen Maßnahmen (z.B. rissüberbrückende Beschichtung, s.a. DAfStb Heft 525).“
In den – zwischenzeitlich durch die zweite Auflage ersetzten – Erläuterungen zur DIN 1045-1 [9] wird die in der Norm enthaltene Fußnote zu direkt befahrenen Parkdecks ausführlich kommentiert. Dort heißt es unter anderem: „Die in der Fußnote […] genannte rissüberbrückende Beschichtung bei direkt befahrenen Parkdecks, mindestens OS 11 (OS F) […], ist im Sinne einer Anwendungsregel als eine ausreichende zusätzliche Maßnahme zu verstehen, wenn die sich für die Expositionsklasse XD 3 ergebenden Mindestbetondeckungen und -festigkeiten eingehalten werden und konstruktive Anforderungen an eine wirksame Entwässerung einschließlich der Stützen- und Wandanschlüsse erfüllt werden.“
Das – zwischenzeitlich durch die zweite Auflage ersetzte – DBV Merkblatt [10] enthält Angaben sowohl hinsichtlich der Planung eines Gefälles wie auch zur Frage der Dauerhaftigkeit. Das Gefälle steht dort im Kontext der Nutzungsfreundlichkeit: „Die Pfützenfreiheit ist wesentliches Merkmal für die Nutzungsfreundlichkeit eines Parkhauses. Sie ist aufgrund der Toleranzen bei der Herstellung einer Stahlbeton- bzw. Stahlverbunddecke nur durch die Planung ausreichender Gefälle von mindestens 2,5 % der befahrenen und begangenen Fläche sicherzustellen.“ Zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit werden mehrere Varianten dargestellt. Unter anderem ist demnach z.B. eine Ausführung nach DIN 1045-1 mit rissüberbrückender Beschichtung als besondere Maßnahme oder eine Ausführung nach DIN 1045-1 mit einer Vermeidung von Rissen durch eine geeignete Bauweise als besondere Maßnahme zulässig.
In der – zwischenzeitlich zurückgezogenen – DIN 1045-1:2008-08 [11] wird die Regelung aus der DIN 1045-1 Berichtigung 2 [8] gleichlautend beibehalten.
Im November 2009 fand ein gemeinsames Fachkolloquium von DBV und DAfStb [12] statt, im Rahmen dessen Fragen zum Thema „Dauerhaftigkeit von Parkdecks“ diskutiert wurden. Die Ergebnisse dieses Kolloquiums sind in das überarbeitete DAfStb Heft 525 [13] und das überarbeitete DBV Merkblatt [14] eingeflossen.
In den überarbeiteten Erläuterungen zur DIN 1045-1 [13] ist ausgeführt, dass im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit kein Gefälle erforderlich ist: „Zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit von direkt befahrenen Parkdecks ist […] stets zu beachten, dass Risse und Arbeitsfugen dauerhaft geschlossen bzw. geschützt werden müssen […]. Zum Schutz von aufgehenden Bauteilen ist eine Beschichtung oder Abdichtung von Stützen und Wandanschlüssen erforderlich […]. Wenn Risse und Arbeitsfugen (möglichst vor dem ersten Chlorideintrag) dauerhaft geschlossen und geschützt sind, ist somit aus Dauerhaftigkeitsgründen kein Gefälle notwendig.“
In der überarbeiteten Fassung des DBV Merkblatts [14] wird zwischen Nutzungsfreundlichkeit und Dauerhaftigkeit differenziert: „In Bezug auf ein erforderliches Gefälle auf Parkflächen ist hinsichtlich Dauerhaftigkeit und Nutzungsfreundlichkeit zu unterscheiden. Die Dauerhaftigkeit der Konstruktion kann mit und ohne Gefälleausbildung sichergestellt werden.“ Zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit werden verschiedene Entwurfsgrundsätze dargestellt. Unter anderem ist demnach z.B. eine Ausführung nach DIN 1045-1 mit rechnerischer Rissbreitenbegrenzung und rissüberbrückender Beschichtung oder eine Ausführung nach DIN 1045-1 mit einer Vermeidung von Rissen durch Festlegung geeigneter konstruktiver, betontechnischer und ausführungstechnischer Maßnahmen zulässig.
Im Eurocode 2 [15] werden Parkdecks – analog zur DIN 1045-1 – der Expositionsklasse XD 3 zugeordnet. Der nationale Anhang [16], [17] enthält die bereits grund-sätzlich aus der DIN 1045-1 bekannte Fußnote: „Ausführung von Parkdecks nur mit zusätzlichen Maßnahmen (z.B. riss-überbrückende Beschichtung, siehe DAfStb Heft 600).“ Das referenzierte DAfStb Heft 600 [18] mit Erläuterungen zum Eurocode 2 soll ganz aktuell erscheinen.
Ergänzend zu den technischen Anforderungen enthält die aktuelle Fassung des DBV Merkblatts [14] einen wichtigen und sehr deutlichen Hinweis insbesondere für den Objektplaner: „Zur Vermeidung von Haftungsrisiken muss der Planer seinem Auftraggeber die Vor- und Nachteile der zur Diskussion stehenden Ausführungsvarianten erläutern. Der Planer muss diese Erläuterung dokumentieren. Nur so kann er vermeiden, isoliert für einzelne Nachteile seiner Planung selbst dann zu haften, wenn diesen Nachteilen vom Bauherrn gewünschte Vorteile gegenüberstehen.“
Das eingangs beschriebene Hotelgebäude war vor dem Erscheinen des überarbeiteten DBV Merkblatts [14] projektiert worden. Dennoch hätte der Planer bereits auf der Grundlage des damaligen Regelwerks aus technischer Sicht den Bauherrn zumindest darauf hinweisen müssen, dass eine gefällelose Ausbildung der Bodenplatte insbesondere hinsichtlich der Nutzungsfreundlichkeit nachteilig ist. Die Betondeckung und Betongüte der Bodenplatte erfüllen die Anforderungen an die zutreffend gewählte Expositionsklasse XD 3. Aufgrund fehlender „besonderer Maßnahmen“ zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit inklusive eines Schutzes der Stützen- und Wandanschlüsse ist die vorgefundene Ausführung jedoch technisch mangelhaft.
Die aktuellen Regelungen lassen den Planern viel Freiheit bei der Festlegung der konstruktiven und betontechnologischen Details. Insbesondere ist eine Ausführung von Parkdecks ohne Gefälle technisch grundsätzlich zulässig. Zur Sinnhaftigkeit einer solchen Ausführung wird nachfolgend der persönliche Standpunkt erläutert und begründet.
Standpunkt
Die technischen Regelungen zielen vorrangig auf die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit der Tiefgarage bzw. des Parkhauses ab. Die Nutzungsfreundlichkeit im Sinne einer Pfützenfreiheit steht dort eher im Hintergrund. Jedoch stellt die Nutzungsfreundlichkeit bei Parkbauten ein wesentliches Kriterium dar.
In den Empfehlungen für Anlagen des ruhen-den Verkehrs [19] heißt es beispielsweise dazu: „Bei Planung und Realisierung von Parkbauten, die überwiegend von Gelegenheitsparkern benutzt werden, ist im besonderen Maße dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sie im Allgemeinen weniger gern angenommen werden als Parkstände am Straßenrand und auf Parkplätzen. Diese Parkbauten müssen deshalb besonders nutzerfreundlich ausgeführt werden.“
Diese Aussage kann ohne Weiteres auch auf Parkbauten übertragen werden, die nicht überwiegend von Gelegenheitsparkern genutzt werden. Denn es ist den meisten Nutzern von Parkbauten gemeinsam, dass sie für die Nutzung bezahlen. Weniger diplomatisch als in den EAR 05 [19] ist daher die Behauptung gerechtfertigt: Wenn der Nutzer die Parkbauten annehmen und dafür bezahlen soll, hat er auch Anspruch auf Vorteile gegenüber einem Stellplatz am Straßenrand. Dazu gehört, speziell bei überdachten Parkdecks, dass man das Auto mit üblichem Schuhwerk verlassen kann, ohne nasse Füße zu bekommen.
Dieser Standpunkt ist nicht etwa polemisch, sondern ganz rational begründet: Bereits bei Regenwetter kann durch einfahrende Fahrzeuge eine Wassermenge von jeweils etwa 5 l in die Tiefgarage bzw. das Parkhaus eingebracht werden [20]. Bei Schneefall kann mit einer Wassermenge von bis zu 25 l chloridhaltigem Wasser je Fahrzeug gerechnet werden, da sich auch Schneematsch in den Radkästen befindet [20]. Die eingebrachte Wassermenge ist also beträchtlich.
Bei einer planmäßig gefällelosen Herstellung des Parkdecks lassen sich ausführungsbedingte Unebenheiten nicht vermeiden. Entsprechend DIN 18202 [21] sind bei Messpunktabständen bis zu 15 m Stichmaße von bis zu 15 mm nicht zu beanstanden. Dies gilt auch bei Vereinbarung erhöhter Anforderungen an die Ebenheit. Demnach sind bei einer planmäßig gefällelosen Ausführung auch Wasserpfützen bis zu einer Tiefe von 15 mm technisch nicht zu beanstanden! Bild 4 dokumentiert anschaulich eine solche Situation.
Es gibt sicherlich Argumente, in Einzelfällen bewusst auf ein Gefälle zu verzichten und eine dann zu erwartende Pfützenbildung hinzunehmen. Bei einem Einkaufszentrum kann z.B. die Gefahr des Wegrollens von Einkaufswagen höher gewichtet werden als die Nutzungseinschränkung durch Pfützen; auch wirtschaftliche Überlegungen können eine Rolle spielen. Unabhängig von solchen Abwägungen im Einzelfall wird jedoch der folgende Standpunkt vertreten: Auf ein Gefälle und eine planmäßige Entwässerung sollte nicht verzichtet werden. Dadurch wird die Pfützenfreiheit als wesentliches Merkmal eines nutzungsfreundlichen Parkdecks erreicht. Darüber hinaus wird das Risiko eines Chlorideintrags in die Konstruktion gegenüber einer planmäßig gefällelosen Ausführung reduziert.