Planung von Akustikdecken in Gesundheitseinrichtungen
Wo viele Menschen auf vergleichsweise engem Raum zusammenkommen, wo rund um die Uhr mehr oder weniger intensive Kommunikation und Betreuung stattfinden, wo zur Unterstützung Geräte, Maschinen und eine aufwendige technische Infrastruktur eingesetzt werden – da kann es kaum geräuschlos zugehen. In Gesundheitseinrichtungen ist deshalb eine wirksame und den geltenden Regeln angepasste Raumakustik unverzichtbar.
Herausforderung Lärm
Die Bauhaus Universität Weimar beschreibt auf ihrer Website (1) ein Forschungsprojekt zum Thema „Lärm im Krankenhaus“, insbesondere auf Intensivstationen. Die Forscher stellen fest, dass sowohl Patienten wie Personal von lärmbedingtem Stress betroffen sein können. Für die Beschäftigten bedeute das eine starke Beeinträchtigung bei geistigen Tätigkeiten, während bei Patienten der Gesundungsprozess negativ beeinflusst werden könne, was wiederum zu verlängerten Klinikaufenthalten führe. Bei der Einrichtung von Krankenhäusern müssen in unterschiedlicher Abstufung vom Eingangsbereich bis zur Intensivstation gleichzeitig Anforderungen an Hygiene und an Raumakustik erfüllt werden. Diese in Einklang zu bringen ist eine große Herausforderung. Infektionskontrolle, Hygiene und Abwaschbarkeit sind in Kliniken selbstverständliche Standards, die sich vor allem durch die Verwendung glatter Materialien und schallharter Oberflächen erreichen lassen. Diese erzeugen jedoch Nachhalleffekte, die den Raum laut wirken lassen und damit für Patienten und Personal störend sind. Durch sorgfältige und vorausschauende Planung der Räume können akustisch sensible Bereiche von akustisch unproblematischen Bereichen, z. B. durch Zonierung, getrennt werden. Spezielle Decken- und Wandelemente erfüllen sowohl hygienische wie auch raumakustische Anforderungen.
Verweildauer und Komfortanspruch entscheiden
Eine gute Orientierung für die Raumakustik bietet die deutsche Norm DIN 18041 „Hörsamkeit in Räumen – Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung“. Räume in Gesundheitseinrichtungen sind in Raumgruppe B (Hörsamkeit über geringe Entfernung) gemäß DIN 18041 eingeordnet, je nach Raumtyp verteilen sich die Einstufungen auf die Raumgruppen B2 bis B5. Für nahezu alle Arten von Räumen in Gesundheitseinrichtungen sind nach DIN 18041 raumakustische Maßnahmen vorgesehen. Die notwendigen Maßnahmen sollen eine nutzungsabhängige Senkung des mittleren Geräuschpegels im Raum und eine Begrenzung der Halligkeit erreichen. Generell richten sich die notwendigen Maßnahmen (nachstehend für eine Raumhöhe von 2,5 m) aber nach der Verweildauer und dem Anspruch an Raumkomfort. Zur Beschreibung der raumakustischen Gegebenheiten wird als Orientierungswert das sogenannte A/V- Verhältnis verwendet: also im Verhältnis zum Raumvolumen V ein Mindestmaß an notwendigen absorbierenden Flächen, technisch gesprochen die äquivalente Schallabsorptionsfläche A. Im Vergleich zu Räumen mit kurzer Verweildauer (RG B2, A/V ≥ 0,15) sind für besondere Anforderungen an den Raumkomfort (RG B5, A/V ≥ 0,30) die doppelte Menge an akustisch wirksamer Fläche zu belegen. Personen im Raum bleiben unberücksichtigt.
Reinräume mit speziellen Anforderungen
Ein Reinraum ist ein Raum, in dem die Konzentration luftgetragener Teilchen so gering wie nötig gehalten wird. In der medizinischen Forschung, in der Behandlung und in der keimfreien Produktion von Arzneimitteln sind Reinräume unabdingbar. Die Notwendigkeit, über solche Räume verfügen zu können, verdeutlicht die Corona-Pandemie in ihrem ganzen Ausmaß. Reinräume ermöglichen, verschiedene Parameter wie Partikelanzahl, Keimanzahl, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Druck genauestens zu überwachen und einzustellen. So wird sichergestellt, dass die vorhandene und die einströmende Luft hochrein ist und alle geforderten Sauberkeitskriterien erfüllt. Dies hilft, Patienten und Personal zu schützen und die Qualität medizinischer Produkte zu gewährleisten.
Materialien für Akustikdecken bzw. deren Oberflächen müssen in diesen Räumen bis ins Detail und abgestuft nach den genauen Einsatzbereichen mit den Normen und Regulierungen für die Hygiene kompatibel sein.
Die Luftreinheitsklassifizierung nach DIN EN ISO 14644-1 ist die bekannteste Norm im Bereich der Reinraumtechnik. Sie gibt die maximale Anzahl der Partikel in der Umgebungsluft vor und teilt die Reinräume in Klassen von ISO 1 bis ISO 9 ein, wobei die Klasse 1 die höchste Anforderung an die Reinheit stellt.
Charakteristisch für die Einstufung in die Luftreinheitsklassen 1 bis 5 ist eine laminare Luftströmung. Hier bilden sich keine Verwirbelungen und das Strömungsmuster ist gleichmäßig. Bei einer turbulenten Strömung (Luftreinheitsklassen 6 bis 9) entstehen Wirbel und das Strömungsmuster verhält sich ungleichmäßig.
Es ist zu beachten, dass Reinräume der Klassen 1 bis 5 nach DIN EN ISO 14644-1 über eine hohe Filterbelegung verfügen und der Einsatz von geschlossenen Deckenelementen teilweise nicht möglich ist. Eine Ausnahme bilden Reinräume mit horizontaler Verdrängungsströmung.
International gültig: NFS Norm
Akustikdecken und Wandabsorber sollten die Kriterien der französischen (international geltenden) Norm NF S 90-351:2013 erfüllen. Diese Norm bestimmt die Sicherheitsanforderungen an Entwurf, Bau, Betrieb, Instandhaltung und Nutzungsmethoden von Systemen zur Luftreinigung und Luftkontrolle in Gesundheitseinrichtungen. Den vier Zonen sind jeweils Reinraumklassen, Dekontaminationsklassen und bakteriologische Reinheitsklassen zugeordnet.
Mikrobiologische Klassifizierung
Auch für diesen Bereich sind die Details in der französischen Norm NF S 90-351:2013 festgelegt. Bewertet wird die Wirkung des Decken- und Wandmaterials auf die Reduktion von Erregern (Bakterien, Pilze, Hefen). Im Rahmen der Prüfung wird die Oberfläche mit bestimmten Mikroorganismen über einen Zeitraum von 3 bis 7 Tagen (je nach eingesetztem Bakterienstamm) kontaminiert und die Reduktion der Keime auf der Oberfläche und in der Raumluft bewertet. Daraus resultiert die Einstufung in bakteriologische Reinheitsklassen. M1 stellt dabei die bestmögliche Klasse dar, weitere Klassen sind M10 und M100.
Die Deckenplatten sollen mindestens verhindern, dass dort Erreger weiter wachsen können, noch besser ist eine aktive Bekämpfung und schnelle Reduktion der Mikroorganismen. Dazu dienen spezielle Platten-Beschichtungen, die vorbeugend gegen solche Krankheitserreger wirken.
Reinigungsverfahren für alle Fälle
Die Oberflächen der Deckenelemente in Gesundheitseinrichtungen sind unter Hygieneaspekten je nach Einsatzbereich regelmäßig zu reinigen oder zu desinfizieren. Diesen Prozessen müssen die Materialien auf der Sichtseite der Platten gewachsen sein, ohne dass es dabei zu Einschränkungen ihrer spezifischen Eigenschaften kommt. Grundsätzlich ist es sinnvoll, für die Materialauswahl der Decken in Gesundheitseinrichtungen einen Hygieniker hinzu zu ziehen. Wichtig ist, für jede Unterseitenbeschichtung der Deckenplatten nur das passende Reinigungsverfahren mit den entsprechenden Reinigungsmitteln einzusetzen. Folgende Reinigungsarten kommen in Frage:
1. Trockenreinigung
Als Standardreinigung für Staub, losen Schmutz oder/und Ablagerungen ist ein normaler Staubsauger zu verwenden, sofern dieser mit einer weichen Bürste versehen ist.
2. Feuchtreinigung
Für eine intensivere Reinigung können die Oberflächen feucht gereinigt werden. Dies hat grundsätzlich mit einem ausgedrückten, weichen Tuch oder Schwamm zu erfolgen. Nach erfolgter Reinigung ist die Oberfläche mit einem weichen Tuch zu trocknen.
3. Nassreinigung
Eine Nassreinigung hat mit lauwarmem Wasser (bis 40 ° C) unter Verwendung eines Schwamms und in Kombination mit einem milden Reinigungsmittel (pH-Wert zwischen 7 und 9) zu erfolgen. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Kanten und die Plattenrückseite nicht mit Feuchtigkeit in Berührung kommen. Nach erfolgter Reinigung ist ein Abtrocknen der Oberflächen zu gewährleisten.
4. Druckreinigung
Eine Druckreinigung hat ausschließlich für Decken mit sichtbarer, druckfester und korrosionsbeständiger Konstruktion unter folgenden technischen Voraussetzungen zu erfolgen:
• Wassertemperatur: max. 40 ° C
• Sprühwinkel (Düse): mind. 30 ° C
• Arbeitsdruck: max. 80 bar, dabei darf die Fördermenge max. 500 l/h betragen
• Mindestabstand: 1,0 m (Düse - Oberfläche)
Bei den Reinigungsverfahren 2 bis 4 muss unbedingt vermieden werden, dass Feuchtigkeit in die Unterkonstruktion eindringt. Sinnvoll ist vor der Reinigung der Deckenfläche ein Test an einer nicht sichtbaren Platte oder an einem Probestück, um die Wirkung zu beurteilen und Wechselwirkungen mit der Beschichtung auszuschließen. Scheuermittel sind generell nicht geeignet.
Desinfektionsmittelbeständigkeit
Hygienevorschriften erfordern in bestimmten Einsatzbereichen eine Desinfektion der Deckenplattenunterseiten. Deshalb ist bei der Materialauswahl darauf zu achten, dass die Oberflächen desinfektionsmittelbeständig sind. Die Bestimmung der Materialverträglichkeit beim Einsatz von Desinfektionsmitteln wird in Anlehnung an die EN ISO 2812-3:2012 und EN 12720:2013 durchgeführt. Die Tests simulieren dabei eine Belastung über 3, 9 und 15 Jahre. Die Bewertung erfolgt in Abstufungen von 5 (keine Veränderung der Prüfflächen) bis 1 (starke Veränderung).
Luftfeuchte- und Korrosionsbeständigkeit
Die Luftfeuchtigkeit hat einen wesentlichen Einfluss auf die Stabilität und Struktur von Deckenlösungen und ihre Langlebigkeit. Hoher Wasserdampfgehalt führt in vielen Fällen zum Verlust der Formstabilität und zu Verformungen. Luft verhält sich ähnlich wie ein Schwamm und kann, abhängig von der Temperatur, Wasser in Form von Dampf aufnehmen. Zusätzlich zur Beständigkeit der Platten bei hoher Luftfeuchtigkeit sollte die Unterkonstruktion in solchen Bereichen korrosionsbeständig ausgeführt werden.
Kommunikation mit Hygienikern sinnvoll
Qualifizierte Hygieneexperten sollten bei der Planung und Ausführung von Raumakustik-Maßnahmen in Gesundheitseinrichtungen hinzugezogen werden. Als Fachleute kennen sie die jeweiligen Anforderungen und geltenden Regularien bei der Hygiene- und Infektionsprävention und kontrollieren später auch deren Umsetzung im laufenden Betrieb.
Durch eine frühzeitige Zusammenarbeit und den fortlaufenden intensiven Austausch zwischen den Planungsverantwortlichen, den Fachleuten für Hygiene und den Raumakustik-Experten kann eine professionelle Deckenlösung für alle relevanten Bereiche erzielt werden, die den Anforderungen höchster Hygienestandards und angemessener Raumakustik gerecht wird.
Quelle:
(1) http://www.uni-weimar.de/de/bauingenieurwesen/professuren/bauphysik/forschung/abgeschlossene-projekte/laerm-im-krankenhaus/