Schallschutz bei leichten Trennwänden
Vorteile mit elastischem Anschluss
 

Die Bauweise mit leichten, aber massiven nichttragenden Trennwänden aus Gips-Wand­bauplatten verbessert auch im Wohnungsbau die Nachhaltigkeit, weil die Substanz bei geänderten Nutzungsanforderungen relativ einfach umgebaut oder umge­nutzt
werden kann. Für den Schallschutz mit Trennwänden hat die Ausführung eines elastischen Wandanschlusses besondere Bedeutung, die die kommende DIN 4109 mit dem Stoßstellen-Verbesserungsmaß auch rechnerisch berücksichtigen wird.

Der demografische Wandel, soziokulturelle Veränderungen bei den Haushalts- und Wohnungsgrößen, eine Gesellschaft, die ihr privates Umfeld an die jeweilige Lebenssituation anpassen will bzw. muss, verlangen heute von Wohn­häusern ein Maß an Flexibilität, wie es frühere Generationen nicht benötigt und deshalb auch kaum verwirklicht haben. Nicht von ungefähr ringen heute viele Wohnungsbaugesellschaften mit ihren Beständen aus der Wiederaufbauphase nach dem Krieg, mit deren Grundrissen und Raumgrößen, die sich mit aktuellen Wohnvorstellungen nur schwer in Übereinstimmung bringen lassen.

Zwar muss man den damaligen Planern fairerweise zugutehalten, dass ihr Hauptanliegen in einem zerstörten Land der schnelle Wiederaufbau von möglichst viel preiswertem Wohnraum sein musste und sie nicht primär die langfristige Zukunftsfähigkeit der Bausubstanz im Auge haben konnten. Doch ändert dies nichts an der Botschaft, die von den überlebten Baukonstruktionen ausgeht: Die Anforderungen an Wohnungsbauten ändern sich im Laufe der Zeit. Da aber niemand für ein bestimmtes Gebäude in einer bestimmten Region im Detail diese Änderungen vorhersagen kann, müssen nachhaltige Konstruktionen flexibel und mit wenig Aufwand umzubauen sein, weil nur so die einmal aufgewendeten Ressourcen auch nach vielen Jahrzenten erneut genutzt werden können.

Leichte, massive Trennwände

Ein vielversprechender Ansatz für diese Umnutzbarkeit sind tragende Konstruktionen in Kombination mit leichten nichttragenden inneren Trennwänden für die Raumaufteilung. Er bietet neben den jederzeit einfach wieder zu verändernden Grundrissen auch Vorteile im Bauablauf und in der Bauorganisation; etwa, indem die eigentliche Raumbildung erst dann erfolgt, wenn Käufer oder Mieter gefunden und deren individuellen Anforderungen an die Räume bekannt sind. Das Konzept leichter innerer Trennwände kollidiert folglich nicht mit der Solidität und der Werthaltigkeit des Massivbaus, es korrespondiert geradezu mit ihm – vor allem dann, wenn vergleichsweise leichte, aber dennoch massive Gips-Wandbauplatten als nichttragende innere Trennwände fungieren, die in wirtschaftlicher, weil trockener Bauweise ausgeführt werden.

Trennwände aus Gips-Wandbauplatten bestehen durch und durch aus massivem Stuckgips. Sie werden ohne Unterkonstruktion errichtet. Weil die Oberflächen nicht verputzt, sondern lediglich in den Fugen oder vollflächig verspachtelt werden, entspricht die Dicke der Wandbildner zugleich der Wanddicke. Typisch für den Wohnungsbau sind 80 oder 100 mm dicke, einschalige Wände. Mit vergleichsweise geringen flächenbezogenen Massen von nur ca. 87 kg/m² (bei 100 mm Dicke und mittlerer Rohdichte der Gips-Wand­bauplatten nach DIN EN 12859) gehören sie zur Fraktion der leichten Trennwände und das sowohl im Sinne der Statik (Trennwandzuschlag nach nationalem Anhang zu Eurocode 1 Teil 1-1) als auch im Sinne des Schallschutzes.

Im Schallschutznachweis muss der Planer mit Korrekturfaktoren arbeiten, sofern die flächenbezogene Masse der flankierenden Bauteile weniger als 300 kg/m² beträgt, was bei leichten Trennwänden per Definition stets zutrifft. Wichtiger als die flächenbezogene Masse ist für innere Trennwände jedoch – ganz unabhängig von ihrer Bauart – die Ausbildung der Anschlüsse zu den angrenzenden Bauteilen. Trennwände aus Gips-Wandbauplatten werden nach DIN 4103 Teil 2 in der Regelbauweise allseitig an Boden, Decke und angrenzenden Wänden mit normenkonformen Randanschlussstreifen angeschlossen. Der elastische Anschluss vermindert die akus-

tische Anregung der Bauteile untereinander und damit deutlich die Weiterleitung des Schalls als Körperschall in den Bauteilen.

Warum dies so wichtig ist, wird mit einem Blick auf die Einbausituation der leichten Trennwände im mehrgeschossigen Wohnungsbau verständlich.

Übertragungswege des Schalls

Die Grundrisse im mehrgeschossigen Wohnungsbau sind in der Regel so organisiert, dass die tragenden und aussteifenden Wände der Konstruktion zugleich die Wohnungstrennwände bilden. Die äußere Begrenzung der Wohnung, die für den nach DIN 4109 geforderten Schallschutz zwischen fremden Wohneinheiten maßgeblich ist, kann neben diesen Wohnungstrennwänden außerdem von Haustrennwänden, Wänden zum Treppen­haus und – was oft vergessen wird – den massiven Geschossdecken gebildet werden. Weil es sich um tragende bzw. aussteifende Bauteile, z. B. aus Beton, handelt, erreichen sie über ihre hohe flächenbezogene Masse für sich allein genommen meist einen aus­reichenden Schutz gegen die direkte (Luft-)Schallübertragung auf dem Weg Dd. Zu berücksichtigen ist aber eben auch der Körperschall, der über flankierende Wände in die Wohnungstrennwände oder Geschossdecken eingetragen wird, also die physikalischen Prozesse, die in DIN 4109 die Schallübertragung auf den Nebenwegen Df, Fd und Ff

genannt werden.

Bei einem starren Anschluss leiten die flankierenden Bauteile die Schallenergie prak­tisch unvermindert als Körperschall weiter. Ein elastischer Anschluss hingegen dämpft die Weiterleitung des Schalls, sodass die leichte flankierende Trennwand innerhalb einer Nutzungseinheit die massive Wohnungstrennwand oder die Geschossdecke kaum noch bauakustisch anregt. Im Ergebnis verschlechtern elastisch angeschlossene leichte Bauteile als Flanken nicht den Schallschutz der (Wohnungs-)Trennbauteile – um nicht zu sagen: Sie verbessern ihn. Die Schallschutzanforderungen zwischen den „fremden Nutzungseinheiten“, auf die es vor allem ankommt, können somit erfüllt werden.

Rechnerische Berücksichtigung des elastischen Anschlusses

Die derzeit gültige Fassung der DIN 4109 aus dem Jahr 1989 berücksichtigt diese dramatischen Effekte der Anschlussart nicht. Der Korrekturfaktor KL,1, der nach Tabelle 13 der Norm bei leichten flankierenden Bauteilen unter 300 kg/m² flächenbezogene Masse angesetzt werden muss, gilt unterschiedslos für starre und elastische Anschlüsse. Zu einer bei Weitem realistischeren Bewer­tung der Übertragungssituation wird die in Vorbereitung befindliche Überarbeitung der Schallschutznorm DIN 4109 kommen. Der Ent­wurf, der für dieses Frühjahr erwartet wird, lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Jedoch wird der Schallschutznachweis künftig voraussichtlich in enger Anlehnung an die Rechenverfahren nach DIN EN 12354 „Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften“ zu führen sein.

Darin werden die einzelnen Beiträge aller Schallübertragungswege der Direkt- und Flankenübertragung aufsummiert: neben der Direktschallübertragung durch das trennende Bauteil hindurch (Dd), also auch für jeden einzelnen Anschluss des Bauteils, die Übertragung auf den Nebenwegen Df, Fd und Ff. Da in normalen winkligen Räumen jede Wand vier angrenzende Bauteile hat (Boden, Decke und zwei Wände) bedeutet dies insgesamt: 4 flankierende Bauteile x 3 Nebenwege + Direktschall = 13 Wege der Schallübertragung. Zum anderen unterscheidet das künftige Verfahren mit dem Stoßstellendämm-Maß K, das auch als Stoßstellen-Verbesse-

rungsmaß ΔKij angegeben werden kann, zwischen starren und akustisch entkoppelten Bauteilanschlüssen. Das Stoßstellen-Verbesserungsmaß beschreibt die Verbesserung der Schalldämmung durch elastische Bauteilanschlüsse gegenüber einem starren Stoß. Für die Stoßstellendämmung am elastischen Anschluss von Trennwänden aus Gips-Wandbauplatten sind diese Werte bereits ermittelt: Die Tabelle auf S. 56 zeigt, dass für jeden Weg über flankierende Bauteile und jede Übertragungsrichtung des Schalls eine signifikante Verbesserung des Schallschutzes erreicht werden kann. Besonders hoch ist der schalldämmende Beitrag der entkoppelten Bauweise auf dem Weg Ff, weil die Schallenergie hier gleich 2-fach am akustisch wirkenden Randanschlussstreifen gedämpft wird. Deutlich wird auch, dass die Schalldämmung speziell bei der vertikalen Übertragung noch einmal höher ist als bei der horizontalen.

In einem bereits 2009 abgeschlossenen AiF-Forschungsprojekt (Umsetzung der europäischen Normen des baulichen Schallschutzes für das Bauen mit Gips-Wandbauplatten, umgesetzt von der Hochschule für Technik HfT Stuttgart, Institut für angewandte Forschung IAF, unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Heinz-Martin Fischer) wurden durch zahlreiche Gebäudemessungen Stoßstellen-

dämm-Maße für entkoppelte Trennwände aus Gips-Wandbauplatten ermittelt.

Im Abschlussbericht wurden die durch die Entkopplung der Gips-Massiv-Wände höhe-ren Stoßstellendämm-Maße als Verbesserung gegenüber dem Rechenwert für einen starren Anschluss angegeben. Je nach Übertragungssituation beträgt die Verbesserung der Stoßstellendämmung dabei 2 bis 15 dB. Bei der Anwendung der Neufassung der

DIN 4109 lässt sich diese Verbesserung des elastischen Bauteilanschlusses damit künftig auch rechnerisch berücksichtigen.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde u. a. in 14 Gebäuden mit elastisch angeschlossenen Trennwänden aus Gips-Wandbauplatten die Luftschalldämmung von vertikalen und horizontalen Übertragungs­situationen bestimmt. Bei den Messungen wurden bei vertikaler Übertragung für die in der Regel 200 mm dicken Geschossdecken mit flankierenden Gips-Massiv-Wänden bewertete Schalldämm-Maße von R′w ≥ 58 dB ermittelt. Der Mittelwert des bewerteten Schalldämm-Maßes aller durchgeführten Messungen betrug 61,7 dB. Damit sind nicht nur die Anforderungen der DIN 4109 weit übertroffen (R′w = 54 dB), sondern es werden auch die Vorschlagswerte für den erhöhten Schallschutz nach Beiblatt 2 zur DIN 4109

(R′w ≥ 55  B) und die Schallschutzstufe II

(R′w = 57 dB) gemäß VDI 4100 sicher erreicht. Sogar die Schallschutzstufe III nach VDI 4100

(R′w = 60 dB) kann erreicht werden.

Die Flankendämm-Maße der entkoppelten Gips-Massiv-Wände waren dabei in der

Regel so hoch, dass sie keinen wesentlichen Anteil mehr zur Gesamtübertragung lieferten. Bemerkenswert ist dabei, dass die

Flankendämm-Maße der entkoppelten Gips-Massiv-Wände in derselben Größenordnung liegen wie das Flankendämm-Maß einer etwa 3-mal so schweren, nicht entkoppelten Massivwand.

Bei der horizontalen Übertragung über Wohnungstrennwände mit einer flankieren­den Trennwand aus Gips-Wandbauplatten – die untersuchten horizontalen Bausituationen wiesen jeweils nur eine flankierende Wand auf – ergab sich aus sieben durchgeführten Messungen für das bewertete Schalldämm-Maß ein Mittelwert von 57,1 dB. Auch hier werden die Anforderungen der DIN 4109
(R′w = 53 dB) deutlich überschritten und auch die Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz nach DIN 4109 Beiblatt 2 (R′w ≥ 55 dB) oder die Schallschutzstufe II nach VDI 4100 (R′w = 56 dB) können eingehalten werden.

Schallschutz im eigenen und zum fremden Wohnbereich

Die Anforderungen an den Schallschutz nach DIN 4109 gelten stets zwischen fremden Wohn- und Arbeitsbereichen, weil mit den Regelwerken vor allem die Privatsphäre wirksam geschützt werden soll und weil von außerhalb eindringende Geräusche im Allge-

meinen als besonders störend empfunden werden. Trennwände aus massiven Gips-Wandbauplatten werden hingegen bevorzugt als raumbildende Konstruktionen innerhalb von Wohnungen und Arbeits­bereichen eingesetzt, für die die DIN 4109 keine Schallschutzanforderungen festlegt. Baupraktisch ist außerdem zu beachten, dass Wände innerhalb von Wohnungen zumeist Türen aufweisen, die den resultierenden Schallschutz in der Regel erheblich negativ beeinflussen. Verbesserungen beim Direktschallschutz der geschlossenen Wandflächen können dann den schalltechnischen Komfort kaum erhöhen.

In den weitaus meisten Einbausituationen kommt es also nicht primär auf die Direktschalldämmung an, sondern auf den Beitrag, den leichte Trennwände als flankierende Bauteile von Wohnungstrennwänden oder Geschossdecken auf die Schallweiterleitung durch diese Bauteile leisten. Diese bauakustische Anregung und die damit verbundene Verschlechterung des Schallschutzes der Wohnungstrennwände und -decken sind bei Gips-Massiv-Wänden durch den elastischen Anschluss außerordentlich gering.

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