Zeitgemäßer Schallschutz ist machbar
Luftschallschutz im
Innenausbau

Stille ist in unserer hektischen Zeit kostbar gewor­den. Bauherren achten daher zunehmend auf guten Schallschutz und klagen diesen im Ernstfall vor Gericht ein. Dies stellt Architekten und Ingenieure vordringlich vor die Aufgabe, bei der Planung und Erstellung von Gebäuden den Schallschutz so zu planen, dass die Nutzer des Gebäudes durch Ge­räusche oder aus Nachbarräumen geschützt werden. Der Trockenbau bietet hierfür eine Reihe von Lösungen.

Qualität ist gefragt

Im Vorfeld der Planung muss festgelegt werden, welche schallschutztechnische Qualität ein Bauteil zu erbringen hat. Zwischen fremden Nutzungseinheiten sind mindestens die baurechtlich eingeführten Anforderungen der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ einschließlich Beiblatt 1 und 2 einzuhalten, diese sind von der später geplanten Nutzung abhängig. Die Anforderungen an den Schallschutz nach DIN 4109 beziehen sich im Wesentlichen auf die Bauteile Trennwände und Decken sowie Türen zwischen Wohn- bzw. Nutzungseinheiten eines Gebäudes. Außerdem sind Anforderungen an Außenwände und Fenster gestellt und Grenzwerte für Geräusche aus haustechnischen Anlagen festgelegt.

Die Anforderungen in der DIN sind dabei folgendermaßen zu interpretieren:

Sie stellen Mindestanforderungen dar, die erfüllt werden müssen. Sie gelten nur zwischen fremden Wohn- und Arbeitsräumen, abhängig von deren Nutzung. Innerhalb des eigenen Wohn- und Arbeitsbereiches werden keine Anforderungen gestellt, sondern nur Empfehlungen (DIN 4109, Beibl. 2) gegeben. Sie beziehen sich auf den Schallschutz zwischen Räumen unter Einbeziehung aller an der Schallübertragung beteiligten Bau­teile und Nebenwege und nicht auf die Schall­dämmung der trennenden Bauteile allein. Die alleinige Berücksichtigung der trennen­den Bauteile zur Sicherstellung des geforderten Schallschutzes reicht deshalb nicht aus, alle an der Schallübertragung beteiligten Wege, insbesondere die Übertragung über flankierende Bauteile, müssen mitbetrachtet werden. Dies ist bei der Planung und Ausführung zu berücksichtigen. Der mit den DIN-Werten erreichbare Mindestschallschutz sichert, wie der Name schon sagt, eine Mindestgüte ohne „Komfortanspruch“.

Schallschutz nach DIN 4109 erfüllt oftmals nicht die Erwartungshaltung der späteren Nutzer. Des Weiteren wird bei gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Nutzern und Planern/Bauausführenden von Seiten deutscher Gerichte insbesondere bei Wohngebäuden mit höherem Komfortzusagen eingeschätzt, dass der Schallschutz nach DIN 4109 nicht dem geschuldeten Schallschutz nach dem Stand der Technik entspricht und deshalb oftmals die mittlere Schallschutzqualität nach der nach einem Dreistufen-System aufgebauten VDI 4100 (liegt über den Empfehlungen der DIN 4109, Beiblatt 2 für erhöhten Schallschutz!) als Richtwert zu Grunde gelegt wird. Um nachträgliche Überraschungen zu vermeiden, sollte deshalb der Schallschutz abhängig von der Nutzung des Gebäudes und den Wünschen des Bauherren einerseits und den technischen Möglichkeiten andererseits unbedingt mit konkreten Schallschutzkennwerten zwischen den am Bau Beteiligten vertraglich privatrechtlich vereinbart werden.

Diesbezüglich interessant ist der von der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) vorgeschlagene „Schallschutzausweis“. Er ist auch für die Aufklärung des Bauherrn (akustischer Laie) in der Gesprächsführung besonders hilfreich, da eine visuelle Bewertung der vertraglich vereinbarten Schallschutzkennwerte vorgenommen wird.

Diese Ausarbeitung ist als mehrstufiges System mit sieben Schallschutzklassen aufgebaut. Die DEGA-Empfehlung legt beispielsweise für Bauteile wie Wände/Decken zwischen fremden Wohneinheiten eindeutige Anforderungen an das bewertete Schalldämmmaß abhängig von der gewünschten Schallschutzklasse fest. So entspricht die Schallschutzklasse D mit der Forderung von R‘w ≥ 53/54 dB an die Luftschalldämmung von Wohnungstrennwände/-decken lediglich der Mindestanforderung der DIN 4109. Die Schallschutzklasse C weist eine Anforderung von ≥ 57 dB auf, für die Schallschutzklasse B sind mehr als 62 dB festgelegt, die „A-Klasse“ muss ≥ 67 dB erreichen. Hinzu kommt die „Spitzenklasse“ A*, die ein außerordentlich hohes Schallschutzniveau ausweist. Die DEGA-Empfehlung 103 „Schallschutz im Wohnungsbau – Schallschutzausweis“ kann in der Planungsphase wie für die Bewertung bestehender Gebäude eingesetzt werden. Für den Einsatz in der Praxis ist ein Informationsportal mit einem kostenlosen computergestützten Berechnungsverfahren im Internet verfügbar unter www.dega-schallschutzausweis.de.

Trockenbau macht`s möglich

Selbst hohe Schallschutzforderungen können durch eine konsequente Umsetzung des bauphysikalischen Prinzips „Kopplung zweier Schalen durch ein Feder-Masse-System“ wirtschaftlich sinnvoll mit Trockenbaukonstruktionen erfüllt werden. Als Trennwände sind z.B. besonders Metallständerwände geeignet. Mindestens erreichbare Schalldämmaße für diese Konstruktionen unter Verwendung von handelsüblichen Konstruktionsteilen wie Metallprofile, Gipsplatten niedrigster Plattenmasse (Gipskartonplatten) von 8,5 kg/m² bei 12,5 mm dicken Platten, Dämmstoffe und sonstigem Zubehör können aus DIN 4109, Beiblatt 1 entnommen werden und liegen im bewerteten Schalldämm-Maß Rw,R im Bereich bis 50 dB (Einfachständerwände) bis 59 dB (Doppelständerwände). Schallschutztechnisch hochwertiger und in den Bauteilen aufeinander spezifisch abgestimmt sind komplette Systemlösungen, die von der Industrie angeboten werden. Wände dieser Art erreichen durch den Einsatz schallschutztechnisch optimierter Ständerprofile  und speziellen Gipsplatten (Kombination von höherer Plattenmasse – bis 17,5 kg/m² bei 12,5 mm dicken Platten – und optimaler Biegeweichheit) bei vergleichbaren Wanddicken dagegen bewertete Schalldämm-Maße von Rw,R bis 67 dB bei Einfachständerwände und bis 70 dB bei Doppelständerwänden.

 

Flankierende Bauteile nicht vergessen

Für den Luftschallschutz ist unbedingt zu beachten, dass die geforderte Schalldämmung nicht allein von dem trennen­den Bauteil bestimmt wird, sondern einen resultierenden Wert darstellt, der die Schallübertragung über Nebenwege mit einbezieht. Eine dominierende Art der Nebenweg-Übertragung ist die Schall-Längsleitung über angrenzende, flankierende Bauteile. Die flankierenden Wände werden „angeregt“, die Schallwellen in den Nachbarraum übertragen und von den flankierenden Wänden als Luftschall wieder abgestrahlt. Die Längsübertragung hängt von der Art des trennenden Bauteils und dessen Anbindung an die flankierenden Bauteile ab.

Bei leichten Trennwänden in Trockenbauweise ist die Schall-Längsübertragung über massive flankierende Wände abhängig von der flächenbezogenen Masse dieser Wände (möglichst >300 kg/m², ansonsten ist eine Verbesserung mit biegeweichen Vorsatzschalen notwendig). Sind Trennwände und flankierende Bauteile in Trockenbauweise ausgeführt, ist die Längsschallübertragung vor allem abhängig von der Anschlussausbildung des Trennbauteils an die flankierenden Bauteile.

Maßnahmen zur Verringerung der Längsschallübertragung sind:

– Um eine Übertragung von Schallwellen im Hohlraum zu minimieren, wird dieser mit Faserdämmstoff bedämpft oder zumindest im Anschlussbereich des trennenden Bauteils abgeschottet (Absorberschott).

– Eine höhere Masse der Beplankung wirkt sich positiv aus, so ist z.B. die Schall-Längsleitung über eine doppelte Beplankung geringer als über eine einfache Beplankung.

– Am wirkungsvollsten ist die Trennung der flankierenden Schale im Anschlussbereich an das trennende Bauteil, d.h. es existiert keine durchgehende Beplankung zwischen zwei Nachbarräumen. Im Idealfall wird das trennende Bauteil in das flankierende Bauteil eingeschoben und trennt dieses vollständig. Bei derartigen Konstruktionen sind die Schall-Längsdämmwerte so hoch, dass eine Schall-Längsleitung über das flankierende Bauteil praktisch kaum mehr stattfindet.

Konstruktionsabhängige bewertete Schall-Längsdämm-Maße RL,w können beispielweise für Massivbauteile, leichte Trennwände, Unterdecken, Estriche etc. aus der DIN 4109, Beiblatt 1 entnommen werden.

Generell gilt:

Eine Grundvoraussetzung für einen guten Schallschutz sind dichte Bauteile. Dabei ist die Dichtheit sowohl in der Fläche wie im Anschlussbereich an Nachbarbauteile (flankierende Bauteile) gefordert. Undichtigkeiten wirken wie Luftkanäle, durch die der Luftschall – ohne Energieverlust durch eine Umsetzung in Körperschall – von einem Raum zum anderen gelangen kann. Undichtigkeiten können somit die Schalldämmung drastisch verringern. Bei Leichtbauteilen sind eine dichte Fugenverspachtelung oder -verklebung in der Fläche sowie eine Abdichtung zu Nachbarbauteilen durch Dichtungsstreifen (vorzugsweise Dichtungskitt) erforderlich.

Die Abschätzung des erreichbaren Schallschutzes als Einheit Trennbauteil und Flanken­bauteil ist nicht kompliziert. Die schallschutztechnische Berechnung und Bemessung von Baukonstruktionen in Deutschland erfolgt nach der DIN 4109, Beiblatt 1, die in allen Bun­desländern bauaufsichtlich eingeführt ist. Für leichte, biegeweiche zweischaligen Trennwänden, z.B. Ständerwände mit Metall- oder Holz­ständerwerk ist der Nachweis für Gebäude der Skelettbauart anzuwenden. Bei diesem Verfahren wird das zu erwartende resultieren­de Schalldämmaß R`w durch logarithmische Addition des Schalldämmwertes Rw,R (Direktdurchgang) des trennenden Bauteils (Trennwand) und der Längsschalldämmwerte RL,w,R der flankierenden Bauteile (i.d.R. Boden, Decke und zwei Wände) berechnet.

Die vereinfachte Berechnung ist mit einem Schema mit beispielhafter Rechnung leicht möglich. In mehreren Stufen werden jeweils zwei Schalldämm-Werte zu einem neuen Wert zusammengefügt. Weil mit jedem Schallübertragungsweg zusätzliche Schallenergieanteile in den zu schützenden Raum gelangen, nimmt das sich ergebende Schalldämm-Maß von Stufe zu Stufe ab. Der Kor­rek­turwert ∆R ist jeweils von dem kleineren der beiden erfassten Schalldämm-Werte zu subtrahieren, um den neuen Zwischenwert bzw. den Endwert zu erhalten. Die Zwischenwerte werden für ausreichende Rechenge­nauigkeit auf eine Nachkommastelle ermittelt. Der Endwert ist das resultierende bewertete Schalldämm-Maß, das immer auf ganze dB abgerundet wird.

Aus dem Berechnungsschema wird auch deutlich, dass der schlechteste Schalldämmwert aus Direktdurchgang und Flankenübertragung das Endergebnis dominiert, d.h. die resultierenden Schalldämmwerte werden immer schlechter sein als der schlechteste Einzelwert der schallübertragenden Bauteile. Die planerische Aufgabe besteht letztlich darin, die Höhe der Schalldämmung der einzelnen Bauteile so zu wählen, dass ein resultieren­des Ergebnis erzielt wird, das mindestens der erforderlichen Schalldämmung zwischen den Räumen entspricht. Schallschutztechnische Überdimensionierung einzelner Bauteile aus der Kette der schallübertragenden Bauteile macht deshalb keinen Sinn und verteuert nur die Bauausführung.

Die Normung im Schallschutz ist in Bewegung

Die aktuelle und bauaufsichtlich eingeführte Fassung der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ wird insbesondere aus Gründen der „Europäischen Harmonisierung“ auf Basis der DIN EN 12354-1 bis 3 zurzeit vollständig überarbeitet. In der überarbeiteten Fassung werden nach jetzigem Bearbeitungsstand die Schallübertragungsmechanismen gegenüber dem bisherigen Verfahren differenzierter in die Berechnung einfließen. Beim neuen Nachweis- und Berechnungsverfahren wird auch berücksichtigt, dass das erreichte Schall­schutzniveau für den zu schützenden Raum neben den akustischen Eigenschaften des Trennbauteiles und der flankierenden Bauteile auch von der Raumgeometrie (Größe des Raumes) beeinflusst wird. Nachhallbe­zogene Kenngrößen für die Luftschalldämmung DnT,w (bewertete Standard-Schallpegeldifferenz) und für die Trittschalldämmung L‘nT,w (bewerteter Standard-Trittschallpegel) lösen die alten Kenngrößen R‘w (bewertetes Bauschalldämmaß) bzw. L‘n,w (bewerteter Normtrittschallpegel) ab. Sollten diese Festlegun-

gen umgesetzt werden, wird die die Verantwortung des Planers in der Schallschutzplanung noch weiter erhöht.

Bis zur verbindlichen Einführung dieser neuen Norm wird jedoch noch einige Zeit vergehen (in diesem Jahr ist die Veröffentlichung des Gesamtpaketes zur Diskussion geplant), so dass noch mehrere Jahre das Nachweisverfahren der jetzt noch aktuellen Fassung der DIN anwendbar sein wird.

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