Sichtbeton als
GestaltungselementPlanungsgrundlagen für
die Flächengestaltung
die Flächengestaltung
Zum technischen und ästhetischen Erfolg von Sichtbetonoberflächen tragen viele Komponenten bei. Neben Betonrezeptur und Schalhaut spielen auch das Schalungssystem, die Art des Einbringens und Nachbehandelns des Betons sowie die Ausführung von Fugen, Stößen und Spannstellen eine wichtige Rolle. Einen Überblick über alle Einflussfaktoren für Planung und Ausführung gibt das Merkblatt Sichtbeton, das gemeinsam vom DBV Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e. V. und dem BDZ Bundesverband der deutschen Zementindustrie e. V. herausgegeben wurde.
Mit der Überarbeitung und Neufassung des Merkblatts im Jahr 2004 sind erstmals Sichtbetonklassen als Qualitätsmerkmal eingeführt sowie Anforderungen und Beurteilungskriterien formuliert worden. Das Merkblatt stellt eine ausgezeichnete Planungsgrundlage und vor allem eine eindeutige Verständigungsgrundlage dar für alle an Planung und Herstellung Beteiligten. Nach Auffassung des VBBF, dem Verein zur Förderung und Entwicklung der Befestigungs-, Bewehrungs- und Fassadentechnik e. V., sollte es stets für die Planung und Ausführung von Sichtbeton herangezogen werden. Die im VBBF zusammengeschlossenen Hersteller entwickeln und vermarkten moderne Alternativen zu herkömmlichen Bauweisen, speziell beim Bauen mit Beton. Mit Schalrohren für Sichtbetonstützen, Abstandhaltern und Unterstützungen sowie den Einbauteilen an Spannstellen bieten sie sichere und erprobte Komponenten für die Ausführung von Sichtbeton in allen Anforderungsklassen an.
Sichtbetonklassen und Referenzflächen
Als allererste Voraussetzung für erfolgreich ausgeführte Sichtbetonoberflächen steht die gewünschte Oberflächenansicht. Dieses „Bild vor dem inneren Auge“ ist als Leistungsbeschreibung zu formulieren und allen Beteiligten eindeutig zu kommunizieren. Grundlage hierfür sind die neu eingeführten vier Sichtbetonklassen: Sie reichen von SB 1 (geringe Anforderungen) über die normalen Anforderungen nach SB 2 bis zu den besonderen Anforderungen der SB 3 und SB 4. Für jede der vier Klassen werden ausführliche Angaben zur Textur, Porigkeit, Schalhaut, Farbtongleichmäßigkeit, Ebenheit sowie Fugenausbildung gemacht. Spezielle Anhänge zum Merkblatt gehen auf weitere Details wie Schalungsanker und Trennmittel ein.
Bei der Ausschreibung sind die Grenzen des technisch Machbaren für Sichtbeton zu beachten. Ein absolut gleichmäßiger Farbton für alle Flächen kann ebenso wenig gefordert werden wie eine vollständige Verhinderung von Poren oder punktuellen Ausblühungen im Beton. Zum Sichtbetoncharme gehören individuelle, in einem gewissen Sinn überraschende, und niemals absolut identisch reproduzierbare Ansichten. Für eine Verständigung über die angestrebte Gestaltung enthält das Merkblatt Aussagen zu Erprobungs- bzw. Referenzflächen. Sie werden ab Sichtbetonklasse SB 2 empfohlen und für SB 4 gefordert. Mit solchen Probeflächen gewinnen Architekt und die anderen Baubeteiligten eine genaue Vorstellung davon, welche optische Ansicht überhaupt erreicht werden kann oder soll. Anschließend dienen die Flächen als Vergleichsmaßstab für die ausgeführte Qualität. Schon auf den Referenzflächen sollten Art und Anordnung der Abstandhalter sowie das geometrische Muster der Schalungsanker festgelegt werden. Denn diese Einbauteile bleiben an der Betonoberfläche erkennbar. Im Abschnitt „Bewehrung und Einbauteile“ wird auf diese Details eingegangen und auf das eigenständige DBV-Merkblatt „Abstandhalter“ verwiesen. Abstandhalter können als Gestaltungsmittel eingesetzt werden und im Sinne einer hohen Material-ehrlichkeit den konstruktiven Aufbau des Sichtbetons zeigen. Häufiger jedoch wird gewünscht, dass sie aus dem normalen Betrachtungsabstand faktisch nicht zu erkennen sind. Für diese Lösung bieten sich die so genannten Sichtbeton-Abstandhalter an. Sie bestehen aus Kunststoff und zement- oder reaktionsharzgebundenem Mörtel und zeichnen sich durch sehr kleine Aufstandsflächen aus. Ihre spezielle Form verhindert den sichtbaren Abdruck der Abstandhalter auch bei Verwendung einer weichen Schalhaut.
Perfekte Oberflächen für Stützen
Als Schalhaut für ebene Sichtbetonoberflächen kommen Platten aus Holz, Holzwerkstoffen oder Kunststoff zum Einsatz. Sie werden nach Saugfähigkeit und Schalhautklasse eingeteilt. Die Schalhautklasse berücksichtigt den Erhaltungs- und Abnutzungszustand der wieder verwendbaren Schalhautplatten. Eine Besonderheit stellen Stützenschalungen aus Karton- oder Folienverbundrohren dar. Diese Schalrohre sind nur für die einmalige Anwendung vorgesehen und entsprechen der höchsten Schalhautklasse SHK 3. Das nicht saugende Material der inneren Beschichtung sorgt für besonders glatte und eher helle Betonoberflächen. Spiralförmige oder gerade vertikale Nähte können als Gestaltungsmittel dienen, möglich ist aber auch die völlig nahtfreie Ausführung in SHK 4. Zum Ausschalen wird die werkseitig vorbereitete Reißleine
gezogen, die Schalung aufgeklappt und entfernt. Neben runden Formen lassen sich auch quadratische, rechteckige oder sechseckige Stützen mit Schalrohren ausführen, ebenso Sonderformen und Kapitelle bzw. Basen für die Stützen.
Ansichtsqualität bis ins Detail
Zu den sichtbaren, konstruktiven Elementen von Sichtbeton gehören auch die Ankerlöcher an den Spannstellen der Wandschalung. Das Merkblatt Sichtbeton empfiehlt, diese in jedem Fall systematisch anzuordnen. Flächenbündiges Abspachteln der Ankerlöcher ist zwar möglich, doch überzeugt diese Lösung optisch meistens nicht. Dezenter und gestalterisch besser ist der Verschluss der Spannstellen mit Dellen und versenkten Kegeln. Die Dellen und Kegel aus hochwertigem Kunststoff zeichnen sich durch Korrosionsfreiheit, Langzeitbeständigkeit und eine hohe Passgenauigkeit aus. Damit ist eine hohe Dichtwirkung verbunden, die jedes Ausbluten und damit Verfärben des Betons sicher verhindert. Die Dellen erzeugen beim Betonieren einen glattkantigen, sauber ausgebildeten Trichter um die Spannstelle herum. Sie werden nach dem Entschalen entfernt und sind mehrfach verwendbar. In das trichterförmige Ankerloch wird der passende Kegel eingeklebt und die Öffnung verschlossen. Die Fuge lässt sich durch Versenken des Kegels sehr ästhetisch und unauffällig als Schattenfuge ausbilden.
Gerade bei Sichtbeton hängt die Perfektion der Gesamtansicht ganz wesentlich von der fachgerechten Ausbildung aller Details ab. Denn selbst sonst makellose Flächen verlieren ihre Faszination und architektonische Aussagekraft, wenn Rostfahnen, unsaubere Kanten oder Abdrücke von Einbauteilen die Oberflächenoptik stören. Diesem Umstand trägt das Merkblatt Sichtbeton in seiner neuen Fassung mit Angaben auch zu relativ kleinen und scheinbar weniger wichtigen Einbauteilen Rechnung. Es sollte deshalb für alle Bauteile aus Sichtbeton bei der Planung, Ausschreibung und Verständigung zwischen den Beteiligten stets zugrunde gelegt werden.