Sporthalle+
Am Rande des Schwarzwalds gelegen, hat die Stadt Lahr den architekturinteressierten Reisenden mit ihren Fabrikantenvillen, Jugendstilhäusern und Sakralbauten einiges zu bieten. Mit der von a+r Architekten entworfenen Sporthalle+ ist ein Gebäudeensemble aus Mehrzweck- und Dreifeldsporthalle dazugekommen, das die ehemalige Handelsstadt am Rande des Schwarzwalds nicht nur um eine zeitgemäße Architektur aus innovativ eingesetztem Holz und Beton bereichert. Das Gebäudeensemble wurde bereits mit „Beispielhaftes Bauen Ortenaukreis 2014-2020“ und „best architects 22“ ausgezeichnet.
Geplant wurde das Ensemble aus Mehrzweck- und Dreifeldsporthalle im Zuge der Landesgartenschau im Jahr 2018; bei der Bauherrin handelt es sich um die Landesgartenschau Lahr 2018 GmbH. Während in der Mehrzweckhalle die unterschiedlichsten Veranstaltungen stattfinden – es ist sogar möglich, zwei parallele Großveranstaltungen durchzuführen – dient die Dreifeldsporthalle neben den Sportveranstaltungen temporär als Blumenhalle.
Verbindendes Element: ein Sockelband aus Beton
Um den Baukörper zu gliedern und die unterschiedlichen Nutzungen nach außen sichtbar zu machen, entschieden sich die Architekten für eine versetzte Anordnung der beiden Hallen. Diese erheben sich oberhalb eines Sockelbandes aus Beton und lassen aufgrund ihrer versetzten Anordnung zwei geschützte Freibereiche entstehen: den Eingangshof und den Vereinshof mit integrierter Sportgaststätte. „Beide Höfe verfügen über Zugänge zum gemeinsamen zentralen Foyer. Die Hallen, das Foyer und seine Nebennutzungen werden als Ensemble erlebt, das durch einen Fassadensockel verbunden ist. Auch die Höfe werden durch dieses Sockelband räumlich gefasst“, erläutert der Mitgeschäftsführer und Projektleiter, Florian Gruner.
Die Herausforderung bestand unter anderem darin, ein sehr flexibles räumliches Konzept für die unterschiedlichen Szenarien zu entwickeln. Da es sich bei beiden Hallen um große Versammlungsstätten handelt, bestanden außerdem erhöhte Anforderungen an den Personen- und Brandschutz sowie an die sicherheitstechnische Ausstattung. „Auch die Lage Lahrs im Rheintal und die damit verbundene Anforderung an Erdbebensicherheit musste vom Planungsteam bedacht werden“, führt der Projektleiter aus.
Diese Vorgaben schränkte die Materialwahl sowohl bei der Decken- als auch bei der Wandbekleidung ein. So besteht die Wettkampfhalle aus einem massiven Tragwerk aus Stahlbetonstützen und Spannbetonbindern. Im Inneren schaffen die Flächen aus Sichtbeton den dazu passenden, vergleichsweise rauen Charakter. Im Kontrast dazu steht die Mehrzweckhalle, deren Deckentragwerk aus Leimholzbindern und einer Brettstapeldecke gefertigt ist. Für den Innenraum entschieden sich a+r Architekten dafür, durchgängig Lärchenholz zu verwenden – unter anderem bei den Türen, Fenstern, Handläufen und Tribünenbänken bis hin zur Akustikwandbekleidung. Bei der Akustikwandbekleidung kommt kesseldruckimprägniertes Lärchenholz zum Einsatz. Für den Boden fiel die Wahl auf robustes Industrieparkett, das bei aller Widerstandsfähigkeit auch einen gewissen festlichen und, nach Aussage der Architekten, „heimeligen“ Charakter erzeugt.
Ein Bekenntnis zum Standort
Das Konzept, die Hallenkörper auf einem Sockelband aus vorgefertigten Betonelementen zu positionieren, hält das Gebäudeensemble visuell zusammen. Darüber hinaus lässt sich dieser Planungsansatz auch als Bekenntnis zum Standort interpretieren. Florian Gruner kommentiert: „Es war uns wichtig, dass die beiden Hallen durch die Sockelplatte zusammengehalten und als ein Ensemble erlebt werden können. Mit ihrer Struktur symbolisiert die Sockelleiste außerdem die geologischen Verwerfungen Lahrs.“ Im oberen Bereich sind die beiden Hallenkörper mit einer detailliert ausgeführten Holzlattung verkleidet. Diese Holzlattung zieht sich durchgängig über die komplette Fassadenbreite und bildet eine Art „abstrakten Wald“ aus Kanthölzern, symbolisch für die städtische Lage am Rande des Schwarzwalds. Mit dem Entwurf der Holzfassade zeigt sich auch die Liebe zum Detail und zum Material: Die einzelnen Latten variieren in ihren Querschnitten und werden nach oben hin dichter. Eine Besonderheit der vorgehängten Holzfassade besteht in der Staffelung der einzelnen Kantholzebenen nach oben und außen. Die Mehrzweckhalle staffelt sich in zwei, die Dreifeldhalle in drei Ebenen. Die Kronen erhalten ihren Abschluss durch kleine Kupferkäppchen, die das Stirnholz auf seinen variierenden Höhen schützt.
Verbindendes Element im Inneren: das zentrale Foyer
Ein die unterschiedlichsten Gebäudeelemente verbindendes Element wurde auch mit dem zentralen Foyer geschaffen, dessen Aufbau a+r Architekten bildhaft als „windmühlenartig“ charakterisieren: Sowohl vom Vereins- als auch vom Eingangshof gibt es Zugänge zum gemeinsamen Foyer, das alle wichtigen Funktionen an einem Ort bündelt: Gastronomie, Zuschauerraum, Umkleiden sowie die direkte Anbindung an die beiden Hallen. Im Zentrum des Foyers markiert ein Oberlicht den Verteilerpunkt zur Haupttür der Mehrzweckhalle und dem Tribünenaufgang in die Dreifeldhalle.
Hochwertige Raumakustik – auch für Gäste mit Hörgerät
Aus den verschiedensten Nutzungen der Mehrzweckhalle resultieren besondere Anforderungen sowohl an die Sprachverständlichkeit als auch die Schallausbreitung. Mittels einer Auralisation – einer raumakustischen Simulation – wurde untersucht, in welchen Bereichen schallharte, reflektierende und in welchen Bereichen absorbierende, schallschluckende Oberflächen benötigt werden, um die Nachhallzeit zu verkürzen. Sowohl in der Mehrzweckhalle als auch im Tribünenbereich der Dreifeldhalle ließen a+r Architekten eine induktive Höranlage einbauen, um die Sprachverständlichkeit technisch zu unterstützen. „Bei dieser Anlage handelt es sich um eine Einrichtung, die es den Hörgerätetragenden ermöglicht, störungsfrei Audiosignale, wie Musik oder Wortbeiträge in Veranstaltungsräumen drahtlos über das Hörgerät zu empfangen“, erläutert der Planer. Die Hallen werden nach Aussage von a+r Architekten gut angenommen. In der Merzweckhalle finden unter anderem auch Gemeinderatssitzungen statt. Florian Gruner: „Für die angenehme Akustik sind die Gäste dankbar.
Projektdaten
Architektur: a+r Architekten, Stuttgart, www.ackermann-raff.de
Projektleitung: Florian Gruner
Bauzeit: 2016-2018
BGF: 7035 m²
BRI: 42511 m³
Nutzfläche: 3427 m²