Thermische Trennung von Balkonen
Balkonsanierung ohne Wärmebrücken

In der Bundesrepublik gibt es ca. 12 Mio. Gebäude, die weit vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1977 gebaut wurden − das sind 75 % der Bestandsgebäude. In der Zwischenzeit ist viel passiert, die Anforderungen an den Energieverbrauch im Wohnungsbau sind immer weiter gestiegen. Daher stellen die Bestandsgebäude ein enormes Einsparpotential dar. Viele davon sind immer noch unsaniert und energetisch in einem sehr schlechten Zustand. Sie verbrauchen ein Vielfaches des Primärenergiebedarfs vergleichbarer neu errichteter Gebäude. Das geht nicht nur zu Lasten der Umwelt, auch die Nebenkosten entwickeln sich mehr und mehr zur zweiten Miete. Dass hier gespart werden kann und muss, ist offensichtlich. Fachgerechtes Sanieren und moderne Gebäudetechnik können den Heizenergiebedarf um bis zu 80 % senken. Damit im Gebäudebestand der Energiebedarf und damit die Heizkosten nachhaltig reduziert werden muss dieses Poten­tial erschlossen werden.

Zentrale Anforderung für die Sanierung

Im Vergleich zu ungestörten Bauteilen findet durch Wärmebrücken an lokalen Bauteilbereichen in der Gebäudehülle ein erhöhter Wärmetransport statt, z. B. an einem Balkonanschluss. Hier entsteht die Gefahr von sehr niedrigen Oberflächentemperaturen auf der Innenseite der Außenwand. An solchen kalten Oberflächen kann es zum Kondenswasser-niederschlag und damit zur Schimmelpilzbildung kommen. Zur Begrenzung des Risikos von Schimmelpilzbildung muss daher im Bereich von Wärmebrücken die minimale raumseitige Oberflächentemperatur nach DIN 4108-2 folgende Mindestanforderung erfüllen: θmin ≥12,6 °C (bei einem mittleren Standard-Klima in Wohnräumen von 20 °C und 50 % Raumluft-Feuchte).

Risiken von mangelhafter Sanierung

Hat sich im Bereich einer Wärmebrücke erst einmal Schimmel gebildet, kann sich der Schimmelpilz hinter Tapeten oder unter Teppichböden über längere Zeit meist unerkannt ausbreiten. Aufgrund der in den Raum abgegebenen Schimmelpilzsporen können als Folge gesundheitliche Beeinträchtigungen der Bewohner auftreten. Typische Beschwerden sind z. B. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Erkrankungen der Atemwege sowie Asthma. Durch die im Allgemeinen lang andauernde tägliche Schimmelpilz-Exposition in Wohnungen besteht sogar das Risiko, dass Beschwerden chronisch werden.

Wärmebrücken verursachen aber vor allem einen hohen Anteil an Wärmeverlusten. Je besser ein Haus gedämmt ist, desto stärker fallen die Verluste über die Wärmebrücken ins Gewicht. Die Wärmeenergie, die über Wärmebrücken verloren geht, kann bis zu 20 % des Transmissionswärmeverlustes ausmachen. Insofern ist die Minimierung von Wärmebrücken besonders bei Sanierungen ein wichtiges Thema.

Was ist bei der Sanierung von Wärmebrücken besonders zu beachten?

Um die Anforderungen an die Mindestoberflächentemperatur der Innenseite von Außenwänden nach einer Sanierung einzuhalten, müssen die Wärmebrücken sorgfältig berechnet werden. Ein häufiges Problem bei Sanierungen ist, dass zwar die Fenster und die ­Fassade energetisch verbessert, aber die Wärmebrücken vernachlässigt werden. Dies ist besonders für Balkonanschlüsse von ­Bedeutung, da diese direkt an die sanierten Fenster und Balkontüren anschließen oder angrenzen. Auch wenn durch einen ungedämmten Balkon im Bestand bisher keine Bauschäden (z. B. in Form vom Schimmelbildung) aufgetreten sind, ist es trotzdem notwendig, diesen im Zuge einer energetischen Sanierung thermisch zu trennen. Denn da die Luftfeuchtigkeit im Innenraum und Oberflächentemperaturen der Innenwände durch eine energetische Sanierung deutlich beeinflusst wird, kommt es bei einer nur teilweisen energetischen Sanierung durch verbleibende Wärmebrücken oft zu Bauschäden.

Der Grund hierfür ist, dass die Gebäudehülle bei einer energetischen Sanierung dichter wird, während die Bestandsgebäude vor der Sanierung in der Regel eine Vielzahl von Undichtigkeiten aufwiesen. Dadurch wird die Luftwechselrate durch die Gebäudehülle reduziert und die relative Luftfeuchte im sanier-ten Gebäude erhöht. Wird also ein Balkonanschluss nicht energetisch saniert, bleibt die Oberflächentemperatur auf der Innenseite der Außenwand niedrig. An der kalten Oberfläche kann sich nun Kondenswasser bilden und das Risiko von Schimmelpilzbildung steigt. Bei einer vollständigen energetischen Sanierung, bei der auch die Balkonplatte thermisch getrennt wird, erhöht sich die innenseitige Oberflächentemperatur der Außenwand. Dadurch befindet sich das Bauteil in einem thermisch unkritischen Bereich.

Besonderheiten bei der Balkonsanierung

Auskragungen wie Balkone stellen eine der einflussreichsten Wärmebrücken am Gebäude dar und sind daher mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Bei ungedämmten, auskragenden Bauteilen, wie beispielsweise Stahlbeton-Balkonen oder Stahlträgern, ergibt das Zusammenwirken des Kühlrippeneffekts der Auskragung (geometrische Wärmebrücke) sowie der Durchstoßung der Wärmedämmebene mit Stahlbeton oder Stahl (materialbedingte Wärmebrücke) einen starken Wärmeabfluss. In Folge von ungedämmten Auskragungen können um das 5-fache erhöhte Wärmeverluste und eine signifikante Absenkung der Oberflächentemperatur der innenseitigen Außenwand von 5-10 °C auf-treten. Dies führt zu deutlich erhöhten Heizkosten und einem sehr hohen Schimmelpilzrisiko im Anschlussbereich der Auskragung.

Methoden der Balkonsanierung

Für die thermische Trennung von Balkonen gibt es verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung:

– Der Balkon kann von allen Seiten mit Dämmung „eingepackt“ werden. Diese Methode birgt zum einen das Problem, dass die Balkonplatte durch die aufseitige Dämmung nach oben in der Regel zu dick wird und durch den Aufbau das Niveau der Balkontür erreicht bzw. überschritten würde. Zum anderen gehört die so eingedämmte Balkonplatte nun zum zu beheizenden Gebäudevolumen. Damit muss Heizenergie für die Beheizung der eigentlich außenliegenden Balkonplatte aufgebracht werden, was zusätzliche Kosten verursacht.
– Schneidet man die Balkonplatte jedoch ab, ergeben sich zwei weitere Optionen: Zum einen könnte eine neue Balkonkonstruktion mit vier Stützen komplett vorgestellt oder zum anderen ein neuer Balkon mit einem tragenden Wärmedämmelement angeschlossen werden. Die erste Variante ist bei Bestandsgebäuden besonders im städtischen Raum häufig aus Platzgründen gar nicht umsetzbar. Daher empfiehlt sich vielfach Variante 2: die thermische Trennung des Balkons mit einem tragen-den Wärmedämmelement, wie z. B. dem Schöck Isokorb R. Auf diese Weise können Balkone mit zwei Stützen oder frei auskragend realisiert werden. Der Produkteinsatz in der Sanierung ist allerdings nicht, wie im Neubau, uneingeschränkt möglich, da der Gebäudebestand die Randbedingungen vorgibt.
– Eine weiter, häufig angewandte Sanierungsmaßname ist die Einarbeitung eines Stahlanschlusses in die Bestandsdecke. Hierfür muss die Decke geöffnet werden. Dann wird ein horizontales IPE-Profil in die geöffnete Decke eingelegt und mit Pagel-Vergussbeton ausgegossen, um einen Schlupf der Konstruktion zur Auskragung hin zu unterbinden. Vor der Befestigung in der Decke wird der speziell für den Stahlbau entwickelte Isokorb KST bereits an die Kopfplatte angeschraubt. Diese Ausführungsvariante hat sich bewährt und ist auch wirtschaftlich vertretbar. Allerdings ist sie nur machbar, wenn in die Deckensubstanz eingegriffen werden kann. Damit sind solche Lösungen stark objektabhängig und müssen während der Planungsphase intensiv begleitet werden.

Durch Sanierungen mit Isokorb R oder KST steigt die Oberflächentemperatur der Innenseite der Außenwand und das Risiko der Schimmelpilzbildung wird reduziert. Auf ­diese Weise wird ein Balkonanschluss gewährleistet, der wärmetechnisch dem eines Neubaus entspricht. Das bedeutet eine Minimierung des Wärmeverlustes über die Balkonauskragung von ca. 80 %. Abhängig von der Konstruktion kann die Oberflächentemperatur der innenseitigen Außenwand sogar einen Wert von über 17 °C erreichen.

Beispiel einer Balkonsanierung

Die Sanierung mit dem Isokorb R erfordert zunächst, das Bestandsgebäude in seinen Abmessungen und der Bauteilgeometrie zu erfassen. Die gesamte Bausubstanz sollte dabei in Augenschein genommen werden, um die Ausgangsituation vollständig aufzunehmen. Dafür ist auch das Tragsystem durch einen Tragwerksplaner zu analysieren und zu bewerten. Dabei muss die Tragfähigkeit auf Grund der statischen Eigenschaften, basierend auf Bewehrungsgehalt und Betonfestigkeit, hinreichend beurteilt werden. Besondere Beachtung gilt hierbei den Decken, Unterzügen und den Wänden, da diese eine tragende Funktion haben. Auch die Bauweise (Stahlbetondecke, Rippendecke, Holzbalkendecke usw.) fließt in die Beurteilung des Tragsystem mit ein. Für Stahlbetonkonstruktionen wird Lage, Querschnitt und Güte der vorhandenen Bewehrungsstäbe geprüft, um die Tragfähigkeit zu ermitteln. Hierfür werden die Bestandsdecke und die Außenwand mittels dafür geeigneter Methoden untersucht. Durch diese Maßnahmen kann der Anschluss fachgerecht bemessen sowie die geeignete Position für den Isokorb R ermittelt werden. Damit sind die Vorarbeiten abgeschlossen.

Auf der Baustelle wird dann der durchlaufende Stahlbeton von Geschossdecke und Balkon durch einen thermisch getrennten Anschluss mit dem Isokorb R ersetzt. Hierfür wird von außen in die Bestandsdecke eingebohrt (Abb. 1 und 2) und der Anschluss mittels Injektionsmörtel in die Decke eingeklebt (Abb. 3  – 6). Eine zusätzliche Vergussta­sche mit Pagel-Vergussbeton sorgt für die schlüssige Kraftübertragung (Abb. 7 und 8). Der Bauausführer muss für die Durchführung eine entsprechende Zertifizierung vorweisen.

Ausführungsmöglichkeiten

Die Abbildungen zeigen die vier beschriebenen Beispielkonstruktionen. Wird die Balkonplatte nicht saniert, aber Außendämmung und Fenster verbessert, so können, besonders in der Nähe von Fenstern und Türen, Oberflächentemperaturen unterhalb der geforderten 12,6 °C erreicht werden. Im eingepackten Fall, wenn die Balkonplatte mit Dämmung umhüllt wird, sind die innenseitigen Oberflächentemperaturen zumeist unkritisch, allerdings entsteht durch das Beheizen der Balkonplatte ein erhöhter Wärmeverlust. Wird ein Isokorb jedoch in der Dämmebene eingesetzt, um die Energieverluste zu reduzieren, können die Energieverluste minimiert und Oberflächentemperaturen von mehr als 17 °C erreicht werden. Die Energieverluste durch eine Wärmebrücke und die Oberflächentemperaturen auf der Innenseite der Außenwand können also abhängig von der Sanierungsart erheblich divergieren. Dabei ist immer im Einzelfall zu prüfen, welche Methoden sinnvoll und einsetzbar sind und welche den größten Nutzen bietet.

Planerberatung durch Experten

Die Planerberatung von Schöck Anwendungstechnik steht in allen Fragen zu den bauphysikalischen, statischen und konstruktiven Anwendungen unterstützend zur Seite. Auch bei der Ausarbeitung objektbezogener Konstruktionsvorschläge können Planer auf fachkundige Beratung mit Empfehlungen zu bauseitigen Stahlbauteilen und Unterstützung durch Planungsunterlagen bauen.

Schöck unterstützt das Planungsteam auch bei der Suche nach geeigneten ausführenden Firmen und schickt durch die „Einbaumeister“ fachliche Unterstützung auf die Baustelle.

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