Tief schwarz
Einfamilienhaus in Amsterdam-IJburg/NL

Im Amsterdamer Stadtteil IJburg hat Architekt Marc Koehler ein Einfamilienhaus mit tiefschwarzer Klinkerfassade errichtet. Die expressive Gestaltung des Mauerwerks in der Tradition der „Amsterdamer Schule“ betont den fließenden Übergang von innen nach außen.

Im Osten von Amsterdam entsteht gegenwärtig das neue Quartier IJburg. Bis 2015 sollen hier auf sieben künstlichen Inseln im IJsselmeer insgesamt 18 000 innenstadtnahe Wohnungen für rund 45 000 Bewohner fertig gestellt sein. Architektonisch interessant ist vor allem das „Steigereiland“, auf dem die Stadt privaten Bauherren die seltene Möglichkeit gegeben hat, ihre Grundstücke individuell nach eigenen Vorstellungen zu bebauen.

Eines der ungewöhnlichsten Projekte vor Ort ist das durch Architekt Marc Koehler geplante Einfamilienhaus in der Pedro Nunes-straat. Der aus zwei ineinander geschobenen Volumen zusammengesetzte Flachdachbau wurde als monolithische Skulptur mit einer tiefschwarzen Mauerwerksfassade ausgebildet. Verbunden werden beide Blöcke durch eine die gesamte Außenhülle strukturierende Glasfuge, die vom Eingangsbereich aus zunächst vertikal ins erste Obergeschoss aufsteigt, um dann als horizontales Fensterband das Obergeschoss des Hauses zu umschließen.

Im eher verschlossenen Erdgeschoss liegen Schlafzimmer, Kinderzimmer, Badezimmer und ein großer Spiel-/Hobbyraum, im deutlich offeneren Obergeschoss steht den Bewohnern eine große Wohnküche mit angrenzender Terrasse zur Verfügung. Die Innenraumgestaltung wird durch roh belassene Betondecken, helle Epoxidharzböden und eine großflächige Einbauschrankwand aus unbehandeltem Holz bestimmt.

Die Fassade aus Mauerwerk

Betont wird die plastische Architektursprache des Neubaus durch eine ebenso markante Fassadengestaltung: Statt das Mauerwerk einfach plan abzuschließen, entschied sich Marc Koehler dazu, die Köpfe einzelner Steine aus der Fassade herausragen zu lassen. Ganz bewusst verwendete er damit eine Technik der „Amsterdamer Schule“, die von 1912 bis in die 1920er Jahre hinein mit ihren expressionistisch-skulpturalen Backsteinbauten das architektonische Bild der Stadt geprägt hat. „Seit den fünfziger Jahren ist diese Mauertechnik durch die zunehmende Tendenz zum standardisierten Bauen jedoch weit gehend verschwunden“, beklagt Marc Koehler. „Stattdessen hat sich immer mehr diese eindimensionale ‚doosarchitectuur’ durchgesetzt.“ Die gewählte Technik betont mit ihrer markanten Textur und ihrer plastischen Wirkung die Bedeutung der Außenhaut als Verbindungs-element zwischen der Stadt und dem zur Straße und zum Garten hin geöffneten Obergeschoss: „Dieser fließende Übergang von öffentlich zu privat ist mir sehr wichtig“, betont Marc Koehler. „Damit will ich dem Trend zur Abgrenzung entgegenwirken und nach neuen Formen des Zusammenlebens suchen.“

Der Architekt steht damit ganz bewusst in der Tradition von Aldo van Eyck und Herman Hertzberger, die schon in den frühen 1960er Jahren die soziale Dimension der Architektur zum zentralen Bezugspunkt ihrer Arbeit gemacht hatten. Ein willkommener Nebeneffekt der eingesetzten Mauertechnik war die Möglichkeit zur Fassaden­begrünung: „Die hervorstehenden Steine bieten nämlich einen perfekten Halt für Kletterpflanzen, die sich an den Wänden hinaufwinden“, so der Architekt. „In einigen Jahren wird das Haus vollständig mit Kiwipflanzen, Kletterrosen und Wein begrünt sein. Die strenge Geometrie des Hauses erhält dann einen spielerischen Akzent und einen grünen Gegenpol.“Robert Uhde,Oldenburg

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