Pillows Grand Boutique Hotel Maurits at the Park, Amsterdam/NL
Entlang des Oosterparks im Südosten Amsterdams, dem ältesten Stadtpark der Stadt, entstanden ab 1907 mehrere imposante Backsteinbauten. Bis Ende des 19. Jahrhunderts befand sich anstelle des Parks ein Friedhof, der noch außerhalb der Stadt lag. Das steht vermutlich im Zusammenhang mit dem Bau des Forschungsgebäudes der Universität Amsterdam. Denn das dreiflügelige Backsteingebäude, in dem sich heute das 5-Sterne Hotel der Kette Pillows Hotels befindet, diente damals der anatomischen Präparation von tierischen und menschlichen Körpern zu Forschungszwecken. Der Ostflügel beherbergte im Obergeschoss das Vrolik Museum, eine Sammlung anatomischer Präparate, die auch aus den Kolonialgebieten geraubte Objekte umfasste. Nebenan entstand zeitgleich das Tropenmuseum, eines der größten Museen Amsterdams, das sich heute kritisch mit der niederländischen Kolonialgeschichte auseinandersetzt.
Blick auf den Ostflügel, in dem sich im Obergeschoss das Museum befand. Im Hintergrund ist der Anbau zu sehen, der am Westflügel angegliedert ist
Foto: Stefan Müller
Landschaft
Ausgangspunkt für die Umnutzung des Gebäudes war ein Masterplan der Stadt Amsterdam, der eine Vergrößerung des Oosterparks und die Transformationen der angrenzenden monumentalen Bauwerke vorsah. Die Eigentümer konnten trotz des zu diesem Zeitpunkt geltenden Hotelbaustopps in Amsterdam eine Hotelnutzung planen, da bereits eine frühere Genehmigung für ein Hotel auf diesem Gebäude vorlag. Bis der Umbau begann, den das Amsterdamer Büro Office Winhov verantwortete, hatte das Gebäude zehn Jahre leergestanden. Das Wichtigste an diesem Projekt, erzählt der Architekt Rick Bruggink vor Ort, sei die Öffnung des Hotelgrundstücks zum Oosterpark. Indem die Zäune auf dieser Seite des Parks wegfielen und das Grundstück fließend an den Park anschloss, vergrößerte und verschönerte sich der Park. Der Garten des Hotels ist so gestaltet, dass er die Grenze zwischen dem privaten und dem öffentlichen Grundstück versteckt und ihn damit für die Öffentlichkeit zugänglich macht. „Den Park haben wir quasi bis an die Fassade des Hotels herangezogen“, sagt Rick Bruggink. Die beiden äußeren Gebäudeflügel, die sich in den Garten strecken, lassen aber einen privat wirkenden und leicht abgesenkten Raum für die Hotelgäste vor dem mittigen Risalit entstehen. Anders als die zweigeschossige Straßenseite erhielt die Gartenseite eine weitere Ebene, indem der gesamte Garten um 1 m und das Souterrain um 30 cm tiefergelegt wurden. Das Souterrain wird somit auf der Gartenseite zum Erdgeschoss und bietet eine ausreichende Raumhöhe für Hotelzimmer. Ein Untergeschoss unter der gesamten Fläche birgt eine Tiefgarage und Räume für die Hotelangestellten.
Im Eingangsbereich des Hotels sind die weiß und farbig glasierten Ziegel raumprägend
Foto: Stefan Müller
Erweiterung
Für die Erweiterung wählten die Architekten und Architektinnen den Westflügel, da dieser weniger hochwertige Materialien aufweist und von einem geringeren gestalterischen Anspruch zeugt. Dennoch blieb die Fassade, an die die Erweiterung anschließt, bestehen. In Form einer inszenierten Fuge zwischen den Gebäudeteilen ist sie im Inneren sichtbar. Entlang der Fuge verlaufen die Flure zu den Hotelzimmern. Eine wichtige Rolle spielte die Materialität und Fassadengestaltung des Neubaus, der sich zwar als offensichtlich neu zu erkennen geben, aber gleichzeitig den Bestand harmonisch fortführen sollte. Die Architektinnen und Architekten beauftragten maßangefertigte Ziegel, die den Verband des Bestands unmerklich fortführen. Dabei achteten sie auch auf die millimetergenaue Weiterführung der Fugen. „Wir arbeiten mit Analogie. Der Anbau ist ein neues Gebäude, aber die Form, Materialien und Farben basieren auf dem bestehenden Gebäude“, sagt Rick Bruggink. Die neuen Klinker korrespondieren in ihrer Farbe zwar mit denen des Altbaus, auffällig sind aber die stärkeren Kontraste. Außerdem zieht sich ein plastisches Relief aus herausstehenden Ziegeln wie Lisenen über die Fassade. Auch in die Kubatur fügt sich der Anbau ein. Er führt die Traufhöhe fort, obwohl er über sechs Vollgeschosse gegenüber dem Bestand mit drei Etagen plus Dachgeschoss verfügt. Während der Altbau mit seinen Giebeln in die Höhe ragt, betont die Struktur des Neubaus eher die Horizontale und wirkt massiver. Mit bodentiefen, quadratischen Fenstern öffnet sich seine Fassade zum Park. Nur das Dachgeschoss mit seiner gewellten Fassade, wirkt filigraner. Von Osten aus gesehen, ist die Annäherung offensichtlicher. Hier übernahmen die Planerinnen und Planer die paarweise Anordnung der schmalen Altbaufenster. Auch die Betonung der Ecken kann als Analogie durchgehen.
Die elegant gestaltete Lounge öffnet sich mit einer gewölbten Fassade zum Garten
Foto: Karin Borghouts
Alt und Neu
Der Anbau öffnet sich im Erdgeschoss zur Stadtgesellschaft mit einer Brasserie, deren Terrasse in den Garten eingebettet ist. In den Obergeschossen sind Hotelzimmer untergebracht. Rund ein Viertel der 88 Hotelzimmer befinden sich hier im Neubau. Für die Innenräume des Neubaus und die neue Gestaltung der Bestandsinnenräume war das Studio Linse aus Amsterdam verantwortlich. Die Gestalter und Gestalterinnen wählten hellgraue Wandverkleidungen und eine insgesamt edle, aber zurückgenommene Einrichtung. Die Sanierung der Innenräume des Bestands, die als solche sichtbar blieben, übernahm Office Winhov selbst. Raumbestimmend sind die erhaltenen weiß und farbig glasierten Ziegel in den Fluren sowie die floralen Buntglasfenster. Bodenbeläge erhielten eine Sanierung oder sorgfältige Nachbildung. Türen und Türrahmen entstanden in Anlehnung an die originalen. Sie greifen die Grautöne der Wandverkleidungen auf.
Im Restaurant ist der hölzerne Dachstuhl sichtbar. Der Raum nimmt den gesamten Gebäudeflügel ein
Foto: Stefan Müller
Wie in allen sechs Hotels der Kette Pillows Hotels gibt es keine Rezeption. Ankommende Gäste können sich in die Lounge begeben, die vom Eingang aus direkt zentral im mittleren Gebäudearm liegt. Über der Lounge befindet sich ein Saal für Veranstaltungen, wie Empfänge oder Hochzeiten. Die Räume bieten mit ihrer gewölbten Fassade zum Garten eine einzigartige Atmosphäre. Ganz oben gibt es für die Hotelgäste eine Dachterrasse, für welche die auf Archivfotos entdeckte Balustrade aus Ziegeln wiederhergestellt wurde. Aus Sicht der Architektinnen und Architekten habe der Auftraggeber einen hohen Anspruch an die Bauaufgaben bewiesen und dabei keine Kosten gescheut. „Viele Details, wie die Türgriffe, Ziegel und Fliesen haben wir eigens für das Projekt gezeichnet und angefertigt“, sagt Rick Bruggink.
In den Hotelzimmern im Erweiterungsbau bieten bodentiefe, quadratische Fenser Ausblick in den Park
Foto: Pillows Maurits at the Park
Im Erdgeschoss des Erweiterungsbaus befindet sich eine öffentliche Brasserie
Foto: Stefan Müller
Ein Restaurant befindet sich im ersten Obergeschoss des Ostflügels, dem ehemaligen Museumsbereich. Der Raum nimmt den gesamten Flügel ein und verfügt über die volle Raumhöhe bis unter das Dach. Oberhalb der Küche konnten alle Installationen untergebracht werden. Die Küche ist an einer Seite geschlossen und zu drei Seiten geöffnet. Daraus ergibt sich ein kleinerer Barbereich zur Straßenseite und ein größerer Raum für das Restaurant zum Garten. Da es ebenso wie das Café und die Lounge öffentlich zugänglich ist, sind die Laufwege im gesamten Hotel so organisiert, dass einige Flure, wie auch die Dachterrasse, nur mit Chipkarte begehbar sind. In den übrigen Bereichen können sich interessierte Besucher und Besucherinnen sowie die Restaurantgäste frei bewegen.
Projektdaten
Objekt: Pillows Grand Boutique Hotel Maurits at the Park
Standort: Mauritskade 61, Amsterdam
Bauherr: Amerborgh International
Nutzer: Pillows hotel-IHGM (International Hotel Management Group)
Architektur: Office Winhov, Amsterdam, www.winhov.nl
Innenarchitektur: Studio Linse,
www.studiolinse.com
Landschaftsarchitektur: Sant & Co,
www.santenco.nl
Fertigstellung: August 2022
Anzahl der Zimmer: 88
Preis pro Übernachtung: ca. 360 – 1 200 Euro
www.pillowshotels.com/amsterdam-mauritskade