Local Hero mit floralem Charme

BoTree Hotel, London/GB

Im BoTree-Hotel im Londoner Stadtviertel Marylebone spiegeln sich Atmosphäre und Charakter des lebendigen Village wider. Der Charme des 5-Sterne-Hotels liegt dabei nicht in überdimensionierten  Zimmern und Suiten.

Die Fassaden an der Marylebone Lane und an der Welbeckstreet sowie entlang des Platzes wurden  unterschiedlich gestaltet: auf der einen Seite mit dunklen, filigranen Ziegeln, auf der anderen Seite mit hellem, robustem Beton und Naturstein
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Die Fassaden an der Marylebone Lane und an der Welbeckstreet sowie entlang des Platzes wurden  unterschiedlich gestaltet: auf der einen Seite mit dunklen, filigranen Ziegeln, auf der anderen Seite mit hellem, robustem Beton und Naturstein
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Der Bobaum, auch Buddha-Feige genannt, gilt als der heiligste Baum der Buddhisten. Ältere Bäume bilden teils riesige Luftwurzelgeflechte, die sich um den Stamm legen. In London, an der Straßenecke Marylebone Lane und Henrietta Place, über dem Eingang zum 2023 von EPR architects fertiggestellten BoTree-Hotel, zieht ein vergleichbares Geflecht die Blicke in Richtung Himmel. Das über die gesamte Gebäudehöhe reichende Bronzegitter setzt ein markantes Zeichen an der sonst eher nüchternen Fassade des Hotels. Wie ein aufgezogener Vorhang markiert es den Eingang zum Hotel und bietet in den oberen Geschossen Privatsphäre für die dahinterliegenden Balkone. Das Gitter ist mit Blumen und Grün berankt, womit die für das Marylebone-Viertel typische Begrünung aufgegriffen wird und der Hoteleingang das Potenzial erhält, auch als südliches Tor zum Village wahrgenommen zu werden. An den übrigen Fassaden fallen die stark abstrahierten Bay-Windows auf, die weniger in ihrer Optik denn in ihrer Funktion an viktorianische Erkerfenster erinnern.

Lobby und Bar im Erdgeschoss

Gelungene Transformation: In der Bar leuchtet das RGB-Licht am Tag mit Weißtönen den Raum gut aus, während am Abend Lichtszenarien in verschiedenen Farben eine Laternenwirkung nach außen haben
Foto: Simon Brown for concrete and the botree
Gelungene Transformation: In der Bar leuchtet das RGB-Licht am Tag mit Weißtönen den Raum gut aus, während am Abend Lichtszenarien in verschiedenen Farben eine Laternenwirkung nach außen haben
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Eine wesentliche Idee der Innenarchitektinnen des niederländischen Büros concrete aus Amsterdam war, die Atmosphäre des Quartiers Marylebone in das Gebäude hineinzuholen. „Mary­lebone ist chic, stylisch und sehr charmant. Hier gibt es viele kleine Läden und Boutiquen mit individuellen Angeboten wie einen Bürstenladen, einen Marmeladenladen oder ein Geschäft für Schleifen und Bänder“, erzählt Melanie Knüwer, Projektleiterin im Büro concrete. „In den Straßen des Viertels fallen einem zudem immer wieder Bepflanzungen auf, die an Straßenlaternen, an Metallzäunen oder über den Eingängen der Häuser integriert sind. Wir haben versucht, den durch Mode und Blumen geprägten Charme des Stadtteils in unserem Design widerzuspiegeln und einen Ort zu schaffen, den auch Locals aufsuchen würden.“ Letzteres gilt besonders für die Hotelbar, die auch als eigenständige Bar fungiert und daher über einen eigenen Eingang verfügt. Als Fancy Bar, die auch für die Einheimischen interessant sein soll, wählten die Entwerferinnen den Pfau und seine Federn als Vorbild – eine spielerische Anspielung auf das Sich-zur-Schau-stellen. Das typische Pfauenfedermotiv wird abstrakt reflektiert in der Decke mit ihren großen runden Leuchten und den sich verjüngenden Rippen sowie der Farbgebung in Blau-Grün-Tönen. Das Muster wird auch in dem handgefertigten Terrazzoboden mit Messingprofilen aufgegriffen.

Die Holzdecke in der Lobby verleiht dem Raum natürliche Wärme und zeigt handwerkliches Können. Elegant wurde die Lüftungstechnik in schmalen Schlitzauslässen parallel zu den Fugen der Holzdecke untergebracht
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Die Holzdecke in der Lobby verleiht dem Raum natürliche Wärme und zeigt handwerkliches Können. Elegant wurde die Lüftungstechnik in schmalen Schlitzauslässen parallel zu den Fugen der Holzdecke untergebracht
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Als Gast betritt man allerdings in der Regel zunächst das Hotel selbst über den beschriebenen, markanten Eingang Ecke Mary­lebone Lane. Hinter dem Eingang befindet sich linker Hand die Lobby mit einem kleinen, runden Bartresen, an dem die Gäste begrüßt werden, um dann gemeinsam mit einem Hotelangestellten die informelle Anmeldung auf den bequemen Sitz­ecken entlang des Fensters durchzuführen. „Unsere Herangehensweise ist eigentlich immer, die Räume aus der Perspektive des Gastes zu entwickeln“, erklärt Melanie Knüwer. „Was soll der Gast in welcher Reihenfolge erfahren, wie bewegt er sich im Hotel? So ist unser Entwurf eigentlich eine kuratierte Anordnung der verschiedenen Zonen und Räume, in denen der Gast auf natürliche Weise seinen Weg findet.“ Jedem, der das Hotel betritt, fällt als Hingucker zunächst eine geschwungene Wand­installation auf, die durch eine Schwenkfunktion ihr Äußeres verändern kann. Durch eine Reihe einzelner Dreiecke, die manuell (durch die Hotelangestellten!) verdreht werden können, ist hier mal eine Spiegelwand zu sehen, mal ein Bild und mal werden Kunstgegenstände lokaler Künstler in einzelnen Fächern ausgestellt. Eine ähnliche Wand trennt zudem weiter hinten in der Lobby den Bereich vor den Aufzügen ab. Hier allerdings handelt es sich nicht um Dreiecke, sondern um drehbare Paneele aus bernsteinfarbenem Glas.

Eine Besonderheit aller Zimmer sind die zu Bildern zusammengesetzten Paneele an den Wänden, die übergroße florale Motive zeigen
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Eine Besonderheit aller Zimmer sind die zu Bildern zusammengesetzten Paneele an den Wänden, die übergroße florale Motive zeigen
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

In der Lobby dominieren Pflanzen die Atmosphäre. Strahler in den Pflanzbehältern unter der Decke setzen sowohl die Pflanzen als auch die holzvertäfelte Decke in Szene. Die Decke und die vor den Wänden sitzenden Rippen sind aus Eiche gefertigt. Der dunkelgrüne Boden aus keramischer Fliese ist von einem natürlichen Marmorboden nicht zu unterscheiden und passt sehr gut in das Gesamterscheinungsbild eines großen Wintergartens oder einer Orangerie. Das Farbschema der Lobby umfasst warme Grüntöne, Cognacfarben und Rottöne, die die natürlichen Materialien ergänzen und dem Raum eine gemütliche Note verleihen.

Zimmer und Suiten

Auch die Suiten greifen den durch Mode und florale Motive inspirierten Stil der Nachbarschaft auf
Foto: Simon Brown for concrete and the botree
Auch die Suiten greifen den durch Mode und florale Motive inspirierten Stil der Nachbarschaft auf
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Den Gästen des Hotels stehen insgesamt 199 Zimmer zur Verfügung, davon 30 Suiten, 56 ‚interconnecting‘ Zimmer sowie 20 barrierefreie Zimmer. Für einen Neubau gab es hierbei auffällig viele unterschiedliche Zimmertypen. „Eine Herausforderung des Projekts war, dass die Zimmer mit 24 m2 relativ klein sind für ein 5-Sterne-Hotel“, erläutert Hilka Ackermann, die ebenfalls für concrete in die Umsetzung des Interior-­Designentwurfs involviert war. „Unsere Antwort auf diese Herausforderung war das Arbeiten mit Schiebeelementen, durch die Bereiche einbezogen werden können, die den Gesamtraum entsprechend vergrößern.“

Transluzente Schiebe­elemente: Bei geschlossenen Elementen wird aus diesem Raum ein Bad mit Ankleidezimmer und Kleiderschrank
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Transluzente Schiebe­elemente: Bei geschlossenen Elementen wird aus diesem Raum ein Bad mit Ankleidezimmer und Kleiderschrank
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

So betritt der Gast das Zimmer über einen kleinen Eingangsbereich, der durch eine transluzente Glastür vom nächsten Bereich, dem sogenannten ‚dressing room‘ getrennt ist. Dieser bildet die Verbindung zwischen dem Eingang und dem eigentlichen Schlaf-/Wohnraum.

Auch hier gibt es wiederum transluzente Schiebeelemente. Bei geschlossenen Elementen wird aus diesem Raum ein großzügiges Bad mit Ankleidezimmer und Kleiderschrank. Die Toilette ist separat. Bei geöffneten Elementen wirkt der Gesamtraum großzügig und dennoch wohnlich. Die Glasfüllung der Schiebe­elemente zum Schlafraum erinnert an handgeschöpftes Japanpapier und kreiert hiermit den warmen Lichteffekt einer Laterne.

Freistehende Badewannen gibt es in den Bädern der Suiten
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Freistehende Badewannen gibt es in den Bädern der Suiten
Foto: Simon Brown for concrete and the botree

Eine weitere Besonderheit aller Zimmer des Hotels sind die zu Bildern zusammengesetzten Paneele an den Wänden, die übergroße florale Motive zeigen und aussehen, als wären sie aquarelliert. Tatsächlich aber handelt es sich weder um gemalte Bilder noch um Fotodrucke, sondern um Darstellungen in unterschiedlichen Webarten. Vier verschiedene Motive wurden hier für die Standardzimmer und Suiten entwickelt. Die Motive wurden bürointern in der grafischen Abteilung von concrete gestaltet.

Positives Feedback der Gäste

Bar, M 1 : 150
Bar, M 1 : 150
Lobby, M 1 : 150
Lobby, M 1 : 150
Grundriss Zimmer M 1 : 150
Grundriss Zimmer M 1 : 150

Auch die Suiten greifen den durch Mode und florale Motive inspirierten Stil der Nachbarschaft auf. Hier stehen selbstverständlich sehr viel mehr Räume, Flächen und Zonierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Mit 80 m2 für die Präsidentensuite liegt das BoTree-Hotel allerdings auch in dieser Kategorie etwas unter dem Mittel üblicher 5-Sterne-Angebote. „Das Feedback der Gäste ist sehr positiv“, so Innenarchitektin Ackermann. „Dadurch, dass wir auch hier mit Schiebeelementen und anderen Möglichkeiten zur Zonierung gearbeitet haben, fühlt sich die Suite deutlich größer an als sie ist.“ So werden beispielsweise die Bay-Windows charmant für den Grundriss genutzt: Lesesessel, Récamieren oder auch mal ein Make-up Tisch stehen in den Erkern und schaffen so kleine Rückzugsinseln innerhalb des fließenden Grundrisses. Zudem können einige Suiten zusammengelegt werden. Ein wirklich toller Raum ist der im Grundriss wie ein Tortenstück geformte Raum über dem Eingang an der Ecke. Dieser kann in einigen Etagen sowohl der einen als auch der anderen Suite zugeordnet ­werden. Nina Greve

Baudaten (Auswahl)

Projekt: The BoTree Hotel & Bar, 30 Marylebone Lane, Westminster, London/GB, www.thebotree.com

Bauherr, Betreiber: Shiva Hotels

Betreiber Restaurant: Tao Hospitality Group

Design/Innenarchitektur: concrete, Amsterdam/NL,
www.concreteamsterdam.nl

Projekt Team: Rob Wagemans, Melanie Knüwer, Hilka Ackermann, Sylvie Meuffels, Daisy Koppendraaier, Susanne Schanz, Sofie Ruytenberg, Lisa Hassanzadeh, Max Mehl, Joan Doyer, Romy Warnars, Stevie Wesdorp, Mark Haenen, Carlijn Stadig, Marlou Spierts, Amandine Marot, Jadranka Sic, Zsofia Muzsnai, Eva Stekelenburg, Vera Tamburlin, Andrea Weglarski

Ausführender Innenarchitekt: Orbit architects,
www.orbitarchitects.com

Architektur: EPR architects, www.epr.co.uk

Fassade Aufsicht: Skonto

Lichtberatung: DPA lighting

Generalunternehmer: Ellmers

Gesamtfläche: 14 973 m2

Geschossanzahl: 14

Zimmer insgesamt: 199

Zimmerdurchschnittsgröße: 24 m2

Suiten: 30

Größe: 30–82 m2

Lobby: 176 m2

The BoTree Bar: 100 m2

Restaurant/Terrasse: 478 m2/21 m2

Bauzeit: Start 2019, Eröffnung September 2023

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