Tragfähigkeit und
FlexibilitätSystemböden im Büro

Bürogebäude für Dienstleistungen und Verwaltung unterliegen einem enormen Wandel in der Gebäude- und Raumstruktur. In diesem stetigen Prozess haben sich Systemböden als aufgeständerte Bodenkonstruktionen im Ausbau seit mehr als 30 Jahren in  Planung, Ausführung und Nutzung bewährt. Ihre langfristig tragfähige Zukunft liegt innerhalb der Planungsstruktur für Bürowelten in den Beziehungen zwischen Ausbaukonzept, Bautechnik und Kommunikation.

Konzeption: Ausbau und Infrastruktur

Die zunehmende Unabhängigkeit von Büroarbeitsplätzen durch neue Organisationsformen und Kommunikationsstrukturen wird den Bedarf für Büroräume verändern. Die heute und zukünftig benötigten Flächen in den neuen Bürowelten haben jedoch hohe Qualitätsanforderungen hinsichtlich Tragfähigkeit, Schallschutz, Brandschutz, Raumklima, Gestaltung und Flexibilität. Das Einbeziehen von Systemböden in ein Ausbaukonzept für eine wirtschaftliche Flächennutzung, variable Raumstrukturen und Einbinden der Gebäude­infrastruktur basiert auf der aufgeständerten Konstruktionsweise. Mit höhenverstellbaren Stahlstützen wird ein horizontaler Bodenhohlraum zwischen einer belastbaren Tragschicht und der Rohdecke geschaffen. Raumzugewandt kann eine langfristig variable  Flexibilität im Sinne moderner Büro- und Arbeitswelten erreicht werden. Raumabgewandt ermöglicht der Bodenhohlraum mit seinem zu ca. 95 % freien Querschnitt die Aufnahme der horizontal angelegten Infrastruktur (Stromkabel, Datenleitungen, Luftkanäle etc.), unabhängig von vertikalen Raum-elementen.

Die Anforderungen an Büroflächen im Ge­-
bäudelebenszyklus werden heute und zukünf-
tig durch Nutzungsänderungen mit wechseln-
den Flächen- bzw. Raumaufteilun­gen bestimmt. Die Ausbau- und Installationssysteme sind in der Planungsphase des Gebäudes bereits darauf auszulegen, und zwar durch:

– vorkonditionierte Hohlräume,

– die Trennung zwischen Tragwerk, verti-

kalen Raumstrukturen und Installationen,

– die Möglichkeit der zentralen Trassenführung,

– die Integration von Anschlusseinheiten,
z. B. Elektranten in der Ausbau- wie auch nachträglich in der Nutzungsphase,

– immerwährende Zugänglichkeit, z. B. für Revisionen, Reparaturen etc. und

– ausreichend Platz für nachträgliche, er-weiternde und bzw. ergänzende Installa­tionen.

Mit dieser Funktionalität und dem geringen bautechnischen Aufwand bei späteren Eingriffen für Instandhaltung und Sanierung erweisen sich Systemböden als sehr wirtschaftliche Ausbauelemente. Die Bestätigung findet sich auch in einer Vergleichsmodellrechnung für Bürogebäude mit bzw. ohne Systemboden [1].      

Bautechnik: Entwurf und Ausführung

Systeme: Aufbau und Funktion

Für klassische Bürobauten mit einer üblichen Installationsdichte wird häufig der Hohlboden mit Estrich eingesetzt. Er wird den normalen Anforderungen an den Installationsbedarf genauso gerecht wie dem Bedarf der Flexibilität in der Flächennutzung mit seiner Aufteilung und Raumstruktur.

Die Unterkonstruktion moderner Hohlböden besteht aus stufenlos höhenverstellbaren Stahlstützen, auf denen eine verlorene Schalung verlegt wird. Die Stützen werden in der Regel in einem Raster von 600 x 600 mm aufgestellt. Die Tragschicht besteht aus einem sich selbst nivellierenden Anhydrit-Fließestrich. Damit kein Estrich in die Unterkonstruktion eindringen kann, wird auf der Schalung eine überlappende Folie ausgelegt. Charakteristisch für den klassischen Hohlboden ist die durchlaufende Tragschicht über den Bodenhohlraum. Der Zugang zum Bodenhohlraum erfolgt über Revisionsöffnungen oder Doppelbodentrassen, die an strategisch wichtigen Punkten in der Bodenfläche angeordnet werden.

Eine Variante zu den klassischen Hohlböden in Nassbauweise sind die Trockenhohlböden. Der Hauptvorteil dieser Konstruktionsweise ist, dass keine Feuchtigkeit in der Ausbauphase ins Bauwerk getragen wird und somit die Trocknungszeit entfällt. Des Weiteren sind die Flächen unmittelbar nach Montage nutzbar. Diese Vorzüge gewährleisten einen schnelleren Baufortschritt. Stufenlos höhenverstellbare Stahlstützen in einem Raster von 600 x 600 mm
(in Randbereichen 300 x 300 mm) schaffen auch bei dieser Variante den Bodenhohlraum.

Rechteckige, industriell gefertigte Gipsfaserplatten in statisch ausreichender Stärke werden mit ihren Plattenecken jeweils auf die Stützen montiert. Die durchlaufende Tragschicht entsteht durch eine spezielle Kantenformgebung der Plattenelemente, die miteinander verzahnt, verklebt und somit kraftschlüssig verbunden werden.

Doppelböden werden eingesetzt bei einer großen Installationsdichte, sehr hohen Anforderungen an die Revisionierbarkeit bzw. Flexibilität und bei besonderen Ansprüchen an die Veränderbarkeit von Grundrissen in Bürobereichen, Serverräumen oder hochgradig technisch ausgestatten Räumlichkeiten. Diese Konstruktionen sind modulare Bodenkonstruktionen, die ebenfalls über eine Unterkonstruktion aus stufenlos höhenverstellbaren Stahlstützen in einem Raster von 600 x 600 mm verfügen. Auf diesen Stützen werden einzelne, nicht miteinander verbundene Doppelbodenplatten verlegt. Somit ist es möglich, dass an jeder Stelle der Bodenfläche der Bodenhohlraum zugänglich ist. Das Plattenmaterial kann aus Gipsfaser, hochverdichtetem Holzwerkstoff oder Stahl  bestehen.

Planungsgrundlagen: Normen, Anwendungsrichtlinien, Merkblätter

Durch die Weiterentwicklung von Material, Konstruktion, Nutzungsanforderungen und Integration der beschriebenen Bodenkonstruk­tionen im Gebäudeausbau sind Systemböden zu einem unentbehrlichem Ausbauelement geworden. Die Berücksichtigung des vorhandenen Regelwerks für die Planung und Ausführung wird damit unumgänglich. Basis sind die die Normen DIN EN 13213 für Hohlböden und DIN EN 12825 für Doppelböden, die als Prüf- und Klassifizierungsnormen angelegt sind. Sie beschreiben die bautechnischen Anforderungen und entsprechende Prüfungen zur Verifizierung der Konstruktionen. Zur Umsetzung dieser Normen für eine anforderungsbezogene Gebrauchs- und Verkehrstauglichkeit dienen die jeweiligen Anwendungsrichtlinien. Ergänzend werden vom Bundesverband Systemböden e. V. Merkblätter herausgegeben, um die Planungs- und Ausführungssicherheit zu erhöhen.

Tragfähigkeit: Anforderung und Klassifizierung

Das Festlegen der Tragfähigkeitsanforderung auf Grundlage der Raumnutzung ist ein wesentlicher Planungsschritt. Lastannahmen, die zur Bemessung der primären Tragstrukturen herangezogen werden (DIN EN 1991-1-1 oder die frühere DIN 1055-3), sind für die Anwendung auf Systemböden generell nicht zu verwenden. Flächenlasten sind in der Tragfähigkeitsbetrachtung für Systemböden nicht zu berücksichtigen. Sie werden von den Normen nicht gefordert und auch die Prüfungen der Bruchlasten bzw. Verformungen finden nicht unter den Einwirkungen von Flächenlasten statt.

Entscheidend für die Lastannahmen von Hohl- und Doppelböden sind wirksame Einzellasten, so genannte Punktlasten, die mit kleinen Aufstandsflächen Nutzlasten in die Konstruktion einleiten. Die Anwendungsrichtlinien geben Hinweise zu Abständen benachbarter Lasteinleitungspunkte, zu Lastkonfigurationen aus Lastgruppen von Einzellasten wie auch zur Berücksichtigung von Schwingbeiwerten bei dynamischen Lasten (z. B. Flurförderfahrzeuge). Diese Darstellungen bilden die Basis für die Festlegung der Lastanforderungen, die grundsätzlich im Verantwortungs­bereich des Planers liegt. Die Tragfähigkeits­anforderung wird für die weiteren Schritte (Ausschreibung, Ausführung) in einer Punktlast ausgedrückt und einer Laststufe bzw. Elementklasse zugeordnet.

Die Anwendungsrichtlinie bietet eine weitere praktische Planungshilfe. Tabellarisch wird der Zusammenhang zwischen anwendungsbezogenen Beispielen und Lastanforderungen an entsprechend klassifizierten Konstruktionen dargestellt.

Bauphysik: Schallschutz und Brandschutz

Des Weiteren hat der Schallschutz Einfluss auf die Nutzungsqualität von  Büroräumen. Systemböden leisten auch in diesem Punkt ihren Beitrag.

Eine grundsätzliche Beurteilung und Einordnung der akustischen Eigenschaften in Folge von Materialwahl und konstruktiv bedingten Schallübertragungseigenschaften wird in der Regel mit vorzulegenden Prüfnachweisen abgeglichen. Es besteht zusätzlich die Möglichkeit, Doppelböden als schallaktive Fläche einzusetzen, um die Raumakustik zu verbessern. Perforierte Doppelbodenplatten mit akustisch transparenten Bodenbelägen dienen diesem Zweck. Diese Lösung findet ihren Einsatz z.B. bei thermisch aktivierten Betondecken, wenn auf abgehängte Unter­decken verzichtet werden muss. In anderen schalltechnischen Raumkonzepten können über solche Bodenkonstruktionen die hohen und mittleren Frequenzen absorbiert werden. Die anderen Ausbau- und Gestaltungselemente sind darauf vom Planer abzustimmen.

Vorbeugender baulicher Brandschutz für raumabschließende Bauteile, wie es Hohl- und Doppelböden sind, wird in den Landesbauordnungen geregelt. Dabei sind deren Technische Baubestimmungen und insbesondere die „Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Systemböden“ (SystemBödenRichtlinie = SysBöR) zu berücksichtigen.

Verknüpfung: Integration der TGA

Heizen im Winter, Kühlen im Sommer und Lüften sind drei Funktionen, die stets bei der Planung von Bürogebäuden zu bedenken sind. Im Bodenhohlraum von Systemböden geführte Leitungssysteme bedürfen durch Form und Dimension der besonderen Aufmerksamkeit. Zu berücksichtigen ist, dass nur der freie Querschnitt des Bodenhohlraums für die Geometrie von Rohrleitungen mit ihren Verbindungen etc. zur Verfügung steht. Die heutige Generation von Systemböden ermöglicht es aber, auch die Tragschicht als Funktionsebene zur Leitungsführung zu nutzen. Denn in der Tragschichtebene der Doppel- und Hohlbodenkonstruktionen können wasserführende Leitungen als Bestandteil von energieeffizienten Fußbodenheizsystemen (bzw. Kühlungen) integriert werden.

Ausführung: Übereinstimmung verbauter Systeme

In den Normen DIN EN 12825 Doppelböden und DIN EN 13213 Hohlböden sind keine Konstruktionshinweise in Form von Mindest- bzw. Maximalangaben für Estrichdicken, Gewindedurchmesser oder sonstigen konstruktiven Festlegungen zu finden. Die Planer sollten in ihren Leistungsverzeichnissen nach DIN EN 12825 bzw. DIN EN 13213 geprüfte Hohl- oder Doppelböden fordern und ausschreiben. Die Anbieter stellen dem Markt geprüfte Systeme zur Verfügung, die den Ausschreibungsanforderungen entsprechen und die gewünschten Eigenschaften besitzen. Tragfähige und gebrauchstaugliche Systemböden entstehen aber erst durch die Montage einzelner Systemkomponenten auf der Baustelle. Hier ist die erbrachte Leistung mit den geforderten zugesicherten Eigenschaften in Übereinstimmung zu bringen. Dieser Erwartung der Projektbeteiligten auf der Auftraggeberseite (Bauherr, Planer, Bauleitung etc.) hat der Auftragnehmer mit einer hinreichenden Bestätigung (Übereinstimmungs- bzw. Leistungserklärung) entsprechend den aktuellen Baubestimmungen nachzukommen.

Beziehung zwischen Bautechnik und Kommunikationsstrukturen im Gebäude

Bürowelten werden sich mit wandelnden
sozialen und medialen Kommunikationsstrukturen weiter verändern. Material- und Konstruktionsentwicklungen sowie Energie­effizienz werden genauso fortgeschrieben. Das stellt an alle Projektbeteiligten spezifische Herausforderungen, die immer enger miteinander verknüpft werden. So variabel vertikale Raum- bzw. Ausbauelemente in Funktion und Design konzipiert werden können, die Bodenfläche bleibt die physische Ebene, auf der sich der Mensch in seinem (Büro-) Alltag aufhält und bewegt. Daher bieten Systemböden langfristig eine tragfähige Grundlage für die fortschreitende Verflechtung von Kommunikationsstrukturen, Bautechnik und einer langfristig angelegten ­Gebäudekonzeption.                                 

Anmerkung
[1] Vergleichsmodellrechnung Gebäude mit bzw. ohne Systemfußboden am Beispiel einer Neu- und Umbaumaßnahme.
Eine gemeinsame Studie des Center for Building Performance and Diagnostics, Carnegie Mellon University, Pittsburgh, PA und der Technischen Universität Carlo Wilhelmina zu Braunschweig.
Bearbeiter: M. Karr, F. Krüger, K. Menzel
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