„Von der Kraft des Wassers ...“
Jens Johannisson

Entwurf

Die Chlus – eine Talenge im Prättigau – ist der Standort für das dritte und letzte in Kaskade betriebene Kraftwerk, das vom Davoser See gespeist wird. Der oberirdische Teil des Speicherkraftwerks stellt sich als dimensionslose, mit lokalen Holzschindeln verkleidete Halle dar, die im Ausdruck einer Scheune gleicht. Erst aus kurzer Distanz wird erkennbar, dass die Maschinenhalle, auf vier massiven, die Turbinen beherbergenden Betonstempeln stehend, eine knapp neun Meter tiefe Ausgrabung quadratischen Grundrisses überspannt. Es ist möglich, den Weg des Wassers dank der freigelegten Druckrohre, der offenen Turbinenstempel und den dazugehörigen Wasserbecken zu verfolgen. Die Öffnung im Turbinenstempel erlaubt es, nur von einer Betonbrüstung getrennt, die Turbinenschaufel von unten zu bestaunen und die bei laufendem Betrieb niederprasselnden Wassermassen wahrzunehmen. Ebenso kann nachvollzogen werden, welche Turbine gerade in Betrieb ist. Im Gegensatz zu bereits gebauten Wasserkraftwerken, welche die Maschinenhalle inszenieren und für Besucher sichtbar machen, verhält es sich hier genau umgekehrt. Die Maschinenhalle ist von außen nicht einsehbar, da weder die Turbinen noch die Transformatoren etwas von der Kraft des Wassers vermitteln können. Um die Kraft spürbar zu machen, wird der sich sonst im Erdreich befindliche Teil des Wasserkraftwerks freigelegt. Da es in Zukunft möglich sein wird, sämtliche Wasserkraftwerke von einer Zentrale aus zu kontrollieren, wird der dann verlassene Verwaltungstrakt als Relikt unserer Zeit übrigbleiben.

Begründung der Jury

Dem Verfasser gelingt eine beispielhafte Sym­biose von Ingenieurbauwerk und landschaftlicher Inszenierung für das vom Davoser See gespeiste Kraftwerk in der Chlus im Prättigau.

Das geometrisch präzise Freilegen erinnert an Strategien der Land-Art. Behutsam in die Landschaft eingefügt und quer über dem Ausgrabungsfeld liegend beherbergt die Halle Generatoren und Transformatoren. Sie ist im Gegensatz zu üblicherweise für Besucher inszenierten Maschinenhallen nur Mitarbeitern zugänglich und kann nur über die an den Turbinenstempeln nach oben führenden Treppen betreten werden. Durch ihre abstrahierte, aber in Kubatur und Material vertraute Bauweise lässt sich aus der Entfernung nicht ahnen, welches Schauspiel unter ihr zu entdecken ist. So gelingt ein Paradox. Nicht die Umwandlung der Wasserkraft in Energie sondern die Wasserkraft selbst wird beim Annähern dramatisch sichtbar gemacht. Der Preisträger zeigt, wie die Transformation eines Landschaftsraumes zum Energieraum sensibel und gleichzeitig räumlich eindringlich erlebbar gemacht werden kann.

Die Jury überzeugt der bemerkenswert reduzierte und dennoch prägnante und bis in die Materialität und Konstruktion konsequente Beitrag zu diesem Thema.

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