Weitergebaut
Waterloohain W5+, Hamburg

Das jüngste Mitglied der kleinen Hausfamilie im Gewerbepark „Medienpool Waterloohain“ in Hamburg-Eimsbüttel ist direkt an der Hauptdurchgangsstraße Doormannsweg entstanden, auf einer Restfläche, die bei der ursprünglichen Bebauung aus den 1960er-Jahren offen geblieben war. Der Bau schließt direkt an das Hauptgebäude des Ensembles an, das Carsten Roth 2001 als Sitz der Kommunikationsagentur Fischer-Appelt umgebaut hat. Die Architektur dieser Aufstockung, ihre formale Struktur und ihre Farbe stehen als Markenzeichen für das professionelle Selbstverständnis des Bauherrn.

Die Agentur hat Carsten Roth auch mit dem Entwurf ihres neuen Gebäudes beauftragt, nutzt aber nur dessen oberstes Geschoss selbst, die anderen Ebenen werden fremd vergeben. Für den Architekten bedeutete das, seinen architektonischen Entwurf am Nachbargebäude orientieren zu müssen und gleichzeitig den Neubau eigenständig zu definieren.

Mit vorgefertigten Spannbetonträgern entstanden vier etwa 400 m² große stützenfreie Büronutzflächen. Allein ein eingestelltes Element mit Teeküche und einem kleinen Technikraum unterbricht das Raumkontinuum, das die Deckenstruktur der v-förmig angeordneten Träger markant prägt. Auf eine Deckenabhängung konnte durch die engmaschige Vernetzung der technischen Versorgungskanäle im Fußboden verzichtet werden. Die mit der Primärkonstruktion gewonnene Großzügigkeit der Innenräume ließ sich so für eine größere Gestaltungsfreiheit der aus komplett aus Stahl gebauten Fassade nutzen. Der Rohbau gliedert die vier Geschosse, die sich über dem für PKW-Stellplätze aufgeständerten Erdgeschoss erheben. Durch Rücksprünge und Auskragungen unterscheiden sich das erste und vierte Obergeschoss in ihrem parallelogrammartigen Grundriss von den mittleren beiden Geschossen.

Eine Fassade aus Edelstahlplatten

Diese Grobgliederung des Gebäudes ergänzt die Fassade. Sie wurde als klassische Pfosten-/Riegelkonstruktion gebaut. Eine feine Struktur vertikaler Edelstahllamellen, die in unterschiedlichen Abständen voneinander und in unterschiedlicher Neigung zur Fassade montiert worden sind, überzieht die Fensterflächen. Dies dient dem Sicht- und Sonnenschutz, erzeugt aber gleichzeitig einen in jedem Geschoss und an jeder Fassadenfläche unterschiedlichen Rhythmus der Lamellen und ihrer Neigung. So entsteht jeweils eine individuell geformte vertikale Welle mit höheren oder flacheren Amplituden, weiteren oder engeren Abständen zwischen den Lamellen. Jede Fläche hat ihre eigene Wellenlänge und Wellenform. Allein die Nordfassaden im zweiten und dritten Obergeschoss sind von den Fassadenlamellen komplett freigehalten und die Glasfläche großzügig und gleichzeitig sehr fein gegliedert worden. Diese Panoramascheiben erlauben nun einen grandiosen Blick in die Umgebung, der schon beim Betreten des Büros hohe Aufmerksamkeit erreicht.

Die Edelstahlplatten sind in einem besonderen Chrom-
oxidationsverfahren farbig beschichtet worden. Die Oberfläche hat durch unterschiedliche Beschichtungsdicke und unterschiedliche Hitzegrade im Beschichtungsvorgang feine Farbverläufe angenommen. Je nach Einfallswinkel des Lichtes und Standort des Betrachters changiert die Farbwirkung der Oberfläche und verstärkt dadurch die besondere Beschaffenheit der Fassade und deren
individuelle Dynamik. Die flexible und individuell gestaltete Edelstahlfassade wirkt wie ein elegant geworfener Vorhang. Seine speziell für das Bauwerk konzipierte rot(h)*-schwarze Farbe unterstreicht diese Wirkung, aber auch sein feines Gewebe. Er kleidet diesen Bau als würdiges Mitglied der Hausfamilie. Olaf Bartels, Hamburg / Berlin

*) In der Produktbezeichnung wird der Farbton in Anspielung auf den Namen des Architekten mit „h“ geschrieben.
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