Wer haftet bei Planungsmängeln: Architekt oder Bauunternehmer?
Das OLG Stuttgart hatte am 31.7.2018 einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Haftungsverteilung zwischen einem Architekten und einem Bauunternehmer ging, nachdem sich u.a. Planungsmängel im Bau manifestiert hatten. Folgender Sachverhalt lag dem Streit zugrunde:
Ein Bauträger hatte für die Errichtung von Reihenhäusern einen Architekten mit der vollständigen Planung sowie einen Bauunternehmer für die Außenputz- und Stuckateurarbeiten beauftragt. An den Außenfassaden kam es nach Abschluss des Bauvorhabens und nach Übergabe an die Erwerber zu Rissen. Der Bauträger hatte zunächst den Architekten und Bauunternehmer als Gesamtschuldner mit Erfolg in Anspruch genommen. Der Architekt tilgte die Schuld gegenüber dem Bauträger und nahm daraufhin den Bauunternehmer im Innenverhältnis auf Ausgleich in Regress. Der Bauunternehmer wandte eine überwiegende Verursachung der Risse durch Planungsfehler des Architekten ein. Dieser habe die Festlegung der Sockellinie unterlassen und pflichtwidrig nicht darauf hingewirkt, dass das Rohbaumauerwerk vor Witterungseinflüssen geschützt wurde. Darüber hinaus habe der Architekt die Ausführung der Gewerke nicht ausreichend überwacht. Der Architekt habe die umfassende Verantwortung für das gesamte Werk. Der Bauunternehmer hingegen habe nur die Verantwortung für sein Einzelgewerk. Das OLG Stuttgart entschied in zweiter Instanz, dass Architekt und Bauunternehmer je zu 50 % haften.
Zunächst legte das OLG Stuttgart schulmäßig das Wesen der Gesamtschuldnerschaft am Bau dar. Ein Gesamtschuldverhältnis liege demnach immer dann vor, wenn die Verpflichtungen der Schuldner nach dem Interesse des Gläubigers – hier des Bauträgers – grundsätzlich inhaltsgleich sind. Dies sei der Fall, wenn beide Schuldner auf ihre Art für die Beseitigung der Schäden einzustehen haben, den der Auftraggeber dadurch erlitten hat, weil die beiden Schuldner mangelhaft geleistet haben. Hierbei hat das OLG auch die Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesgerichtshofes herangezogen, wonach es nicht darauf ankomme, welchen Inhalt die Leistungspflichten haben, die zur Mangelbeseitigung zu erbringen sind (vgl. BGH Beschluss vom 01.02.1965 - GSZ 1/64)Sodann wird konkretisiert, dass nach diesen Grundsätzen der bauüberwachende Architekt und der mangelhaft leistende Bauunternehmer als Gesamtschuldner vollumfänglich haften. Im Verhältnis zwischen dem Bauunternehmer und dem planenden Architekten, wird aber die Haftungsquote stets um einen Mitverschuldensanteil des Auftraggebers gekürzt, da dieser sich die mangelhafte Planungsleistung des Architekten zurechnen lassen muss.
Beim anschließenden Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis - also zwischen dem die Gesamtschuld tilgenden Architekten und dem weiteren Gesamtschuldner - hier also dem Bauunternehmer - ist zu beachten, inwieweit ein Schaden von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Die Verursachungs- und Verantwortungsteile sind zu gewichten und zu bewerten. Bei dem Zusammentreffen von Ausführungs– und Planungsmängeln gilt grundsätzlich, dass derjenige der die eigentliche Ursache für einen Mangel gesetzt hat, stärker haftet, als derjenige, dessen Leistung weniger direkten Einfluss auf den Mangel hatte. Im Einzelfall ist diese Gewichtung der Verursachungsbeiträge noch nach ihrer Bedeutung für die Schadensentstehung anzupassen. So hat auch das OLG Stuttgart hier die Verursachungsbeiträge des Architekten und des Bauunternehmers gegenüber gestellt und gewertet. Nachdem für die Verursachung der Mängel auf Architektenseite auch noch weitere Pflichtverletzungen im Bereich der Bauüberwachung in die Bewertung einflossen, kam das Gericht zu einer Haftungsverteilung von 50:50.