Rechtsprechung

Bei Planungsmängeln ist der Architekt alleine schuld, wenn der Bauherr keine eigenen Vorgaben macht!

Das Kammergericht Berlin entschied am 1.2.2019 (Az.: 21 U 70/18) in einem Rechtsstreit gegen einen Architekten, dass den Bauherrn hier kein Mitverschulden hinsichtlich der festgestellten Planungsmängel treffe. Diesem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zu Grunde.

Die Bauherrin wollte ein Wohngebäude zunächst sanieren und dann die Wohnungen einzeln verkaufen. Die Bauherrin beauftragte den Architekten u.a. mit der Erstellung des Leistungsverzeichnisses des Rohbaus. Späterer Streitpunkt wurde in diesem Zusammenhang das fehlerhafte WDVS-System. Der Architekt hatte das WDVS-System als „schwer entflammbar“ ausgeschrieben, was jedoch nicht für die Brand- und gleichzeitige Grenzwand zum Nachbargebäude ausreichend war. Diese hätte nur „nicht brennbar“ geplant und ausgeführt werden dürfen. Eine Baugenehmigung hatte die Bauherrin dem Architekten nicht übergeben, jedoch stets von einer „Brandwand“ gesprochen. Die Bauherrin hat den Architekten wegen dieses Planungsfehlers auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Bauherrin war in erster Instanz zum Großteil erfolgreich.

Nachdem beide Parteien gegen das Urteil in die Berufung gingen, musste sich die Berufungsinstanz – das Kammergericht – u.a. damit befassen, ob das Verschulden des Architekten durch ein Verhalten der Bauherrin nach § 254 BGB zu kürzen war. Dies war nicht der Fall. Die Bauherrin hatte für die Planung des WDVS gerade keine eigenen Vorgaben gemacht. Aus dem Umstand, dass die Bauherrin dem Architekten keine Baugenehmigung vorgelegt hatte, könne gerade nicht entnommen werden, dass die Bauherrin fehlerhafte Vorgaben gemacht hat. Vielmehr habe sie gar keine Vorgaben gemacht. Nachweisbar hatte sie jedoch von stets von einer „Brandwand“ gesprochen. In einem solchen Fall, wo die Bauherrin keine eigenen Vorgaben macht oder es unterlässt Vorgaben zu machen, muss der Architekt so planen, dass die auszuführenden Leistungen entsprechend den anerkannten Regeln der Technik sowie genehmigungsfähig beschrieben werden. Der Architekt haftet hier also in voller Höhe für den durch seinen Planungsfehler entstandenen Schaden. Wenn ein Bauherr aber bewusst auch trotz Risikohinweises des Architekten Vorgaben macht, muss er hierfür im Gegenzug natürlich auch einstehen (KG Berlin, Urteil vom 10. Juli 2018 – 21 U 152/17).

In unserem nächsten Beitrag werden wir uns mit einem Fall befassen, in dem es um das Haftungsverhältnis zwischen Architekt und Bauunternehmer im Falle eines Planungsfehlers geht (OLG Stuttgart vom 31.7.2018, Az.: 10 U 150/17)

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