Buchrezension

Wohnen für Alle. Bautenkatalog


Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Foto: Benedikt Kraft / DBZ
Bautenkatalog ... das klingt nach was! Nach Übersicht, nach Verfügbarkeit auch, Bestellmöglichkeiten. Vielleicht will die vorliegende Publikation das auch sein: Eine Art Leistungsschau, die den aktuellen und vorallem den kostengünstigen Wohnungsbau repräsentiert. In Deutschland, in Österreich, der Schweiz und ein paar anderen Nachbarländern.

Der Katalog erscheint passend zur Dauerdiskussion, wie man preiswerten Wohnungsbau schaffen kann. Die Diskussion ist politisch aufgeladen aber selten inhaltlich tiefer geführt als über Zahlen zu reden und diese Zahlen für wahr zu halten. Und auch wenn sich der Bund mit Milliardenbeträgen in der Wohnbauförderung in den Vordergrund schiebt, sind es am Ende die Kommunen, die traditionell und schon seit den 1920er Jahren im Wohnungsbau die aktiven Treiber sind.

So auch die Stadt  Frankfurt a. M., hier das Planungsdezernat. Das hatte unter dem Titel „Wohnen für Alle: Neues Frankfurt 2018“ zusammen mit dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) und der ABG FRANKFURT HOLDING im Jahr 2017 erstmals einen Architekturpreis für bezahlbares Wohnen ausgelobt. Damals hatten sich in der ersten Phase des Wettbewerbs 107 europäische Architekturbüros mit insgesamt 131 Projekten für qualitätsvollen und bezahlbaren Wohnungsbau beteiligt. Voraussetzung war, dass diese Arbeiten in den vergangenen vier Jahren realisiert wurden. Aus diesen Bewerbungen wurden Architekturbüros ausgewählt, um Entwurfskonzepte für Baufelder auf dem Frankfurter Hilgenfeld zu liefern.

In der hier nun vorliegenden Dokumentation schauen die Herausgeber noch einmal zurück, auf das Ganze der Einreichungen. Regional sortiert stellen sie uns hier die eingereichten Wohnbauten vor, jeweils auf einer Doppelseite mit Foto, Grundriss, Lageplan und Infobox sowie einem kleinen Erläuterungstext. In der Infobox findet man Quadratmeter, Baukosten, Miet- oder Kaufpreise sowie Kennzeichungen zum Bautyp (Einzelhaus, Mehrfamilien, Geschossbau etc.). Die Projekte sind von unterschiedlicher, aber sicher insgesamt überdurchschnittlicher Qualität, sie zeigen soliden Wohnungsbau in traditioneller, massiver Bauweise, experimentelle Grundrisslösungen, Bauten mit neuen Materialien oder Kompositbauten und manchmal auch Mietpreisspannen von 4,5 Euro/m² bis hin zu 15 Euro/m². Das nennt der Rezensent dann "regionale Differenzen", hier Frankreich/Deutschland.

Ob die gezeigten Wohnbauten tatsächlich uns allen das Wohnen erlauben (auf der Ausgabenseite), oder ob wir tatsächlich auch in Zukunft noch hinter WDVS wohnen wollen, Ausblick aus Kunststofffenstern, wird hier nicht diskutiert. Die Mischung aus gestalterischem und gesellschaftspolitischem Anspruch der einzelnen Bauherrn- und Architektenteam zeigt die Bandbreite, die ein Katalog eben bieten muss. Sonst wäre er ein Spezialverzeichnis, ein Zyklometer gar, der nur für ein Eingeweihten nutzbar wäre, die Fach(sparten)leute. Damit kann die Publikation möglicherweise in die Diskussion um die Fortentwicklung des Wohnungsbaus eingebracht werden, sie steht dabei deutlich für die Unvernunft der Vernünftigen, die immer noch glauben, das wir endlos neu bauen dürfen. Auf der grünen Wiese, wie in Frankfurt schließlich beabsichtigt. Dass mit diesem großen Projekt am Ende bewiesen wurde, dass am Ende einer sozialverträglichen (Neu)Bauplanung "die Stadt allen offen steht", muss bezweifelt werden, es sei denn, man geht davon aus, der Rand einer Stadt sei Stadt genug. Innen drin hocken doch immer noch die 15 Euro/m²-plus Investitionen privater Geldgeber und die stehen mittlerweile kaum noch dem Mittelstand zur Verfügung. Der Katalog zeigt deutlich, dass das Projekt "Wohnen für alle" zuviel versprechen will. Das ist politisch gewollt, architektonisch nur in Ansätzen umgesetzt; und die findet man nicht in diesem Land. Erhellende Lektüre! Be. K.

Wohnen für Alle. Bautenkatalog. Hrsg. v. Paul Andreas, Karen Jung und Peter Cachola Schmal. DOM Publishers, Berlin 2019, 440 S., 800 Farb- u. sw-Abb., 38 €, ISBN 978-3-86922-722-1

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